»Navigare necesse est«, sagte einst der römische Politiker und Feldherr Pompeius
Magnus zur Mannschaft seines Schiffes, als diese wegen eines[ds_preview] Sturmes nicht ausfahren will. Mit dem von Plutarch zugeschriebenen Ausspruch (übersetzt: »Seefahrt tut Not«) wird Pompeius auch heute noch oft zitiert, wobei sein Nachsatz »vivere non est necesse« (»Leben nicht«) häufig übersehen wird. Auch wenn die Seefahrt dieser Tage deutlich sicherer ist als zu Zeiten römischer Galeeren, werden noch heute regelmäßig Opfer erbracht, zum Glück selten in Form von Leib und Leben. Etliche Reedereien, Emissionshäuser und Kommanditisten von Einschiffsgesellschaften haben in der nun schon vier Jahre währenden Schifffahrtskrise enorme finanzielle Einbußen erlitten, bis hin zum wirtschaftlichen Aus. Mindestens bis 2014 wird dieser Überlebenskampf wohl weitergehen, bis dann hoffentlich der nächste Aufschwung kommt.
Wie viel vom maritimen Standort Deutschland dann noch bleibt, ist schwer abzusehen, hängt dies doch entscheidend von der Problemlösungskompetenz von hiesigen Banken, Politikern und der Schifffahrtsbranche selbst ab. Fest steht nur: Die Seefahrt geht weiter, im Zweifel auf anderen Schiffen, mit anderen Kapitänen, Seeleuten und Eignern.
Gern wird betont, wie groß das Know-how und die Innovationskraft in den maritimen Clustern wie Hamburg, Bremen oder der Ems-Achse ist. Doch inzwischen muss man konstatieren, dass trotz vieler Ideen und langer Debatten recht wenig passiert ist: Wir haben erste Zusammenschlüsse in der Bereederung und Einnahme- bzw. Befrachtungspools gesehen, aber keine gesellschaftsrechtliche Verschmelzung von Einschiff-KGs. Zwar gehen erste große Reedereien mit Private Equity oder Anleihen neue Finanzierungswege, aber zu viele, so scheint es, hoffen noch immer auf die Rückkehr des KG-Modells. Während in anderen Industriebranchen beispielsweise Finanzderivate zur Absicherung seit langem etabliert sind, stoßen die Anbieter dieser zumindest prüfenswerten Werkzeuge in der deutschen Schifffahrtsbranche auf Skepsis.
Ohne alles schlecht reden zu wollen: Es wird Zeit, dass mehr neue Lösungen erprobt werden – und dies vor allem schneller. Dabei darf man ruhig auch mal über den Tellerrand blicken und sich bewährte Ansätze aus anderen Industrien und anderen maritimen Standorten abschauen. Denn die Globalisierung und mit ihr die Beförderung von Gütern über die Seewege wird fortschreiten. Die Frage ist allein, wem die Schiffe gehören, wer sie steuert, und welche Dienstleister davon profitieren. Inwieweit Deutschland hier eine Rolle spielt, liegt in unserer Hand. Dazu gehört auch, dass die Banken sich nicht aus der Pflicht stehlen, und dass die Politik im Sinne des maritimen Bündnisses rasch entscheidet, ob und wie sie helfen kann. Dabei geht es nicht darum, der Schifffahrt auf Kosten der Steuerzahler Geld hinterherzuwerfen, sondern um flankierende Maßnahmen wie etwa einen staatlichen Betriebsmittelfonds, ein stärkeres Engagement der KfW bei Überbrückungskrediten oder eine »weichere« Interpretation der Basel-Kriterien durch die Bafin. Denn da wir nun inzwischen halb Europa retten, sollten die Probleme vor der Haustür nicht übersehen werden, auch wenn sie in Teilen hausgemacht sind. Aber Seefahrt tut halt Not, gerade in einer Exportnation wie Deutschland.