»Columbus« – Ein Herz für Hunde

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Eine Weltreise ist immer eine schöne Sache. Ganz besonders schön und faszinierend ist sie, wenn sie auf einem Schiff unternommen[ds_preview] wird, etwa auf einem Schiff wie dem legendären Schnelldampfer »Columbus« des Norddeutschen Lloyds. Der startete seine erste Weltreise am 21. Januar 1930 in New York. Dafür hatte ein führendes US-Touristikunternehmen das 32.354 BRZ große Schiff für dreieinhalb Monate in Vollcharter genommen und das Platzangebot an Bord dem hochzahlenden Publikum angepasst. Statt wie im Liniendienst auf dem Nord­atlantik bis zu 1.600 Fahrgäste zu befördern, waren es diesmal lediglich 604, mit denen ausschließlich die besten Kabinen belegt wurden. Es wurde eine Traumreise. 105 Tage dauerte sie. Nie zuvor hatte ein Schiff von der Größe der »Columbus« eine derartige Reise unternommen.

Wenn einer eine solche Reise tut, dann kann er vieles erzählen, und hier war es so, dass nach der Heimkehr viele vieles erzählen konnten. Eine dieser Erinnerungen bzw. Erlebnisse war die Geschichte mit den Hunden, die später sogar noch weitreichendere Folgen hatte. Und das kam so: Während die »Columbus« auf der Reede vor dem chinesischen Hafen Chingwangtao in der Bohai-Bucht des Gelben Meeres vor Anker lag, hatten viele Passagiere einen Ausflug in das 300 km entfernte Beijing (damals noch Peking) gebucht – und etliche von ihnen ließen sich dort von bekanntermaßen sehr geschäftstüchtigen Händlern niedliche kleine Pekinesen-Hunde als Souvenir aufschwatzen, die sie nun fürsorglich an Bord trugen.

Das führte auf dem Schiff natürlich zunächst zu einer Katastrophe mittleren Ausmaßes, denn wohin mit den Tierchen, die von den erfahrenen Seeleuten zum Teil gleich als normale Promenadenmischungen identifiziert wurden. Da es unmöglich war, die Hunde durch die Gesellschaftsräume toben zu lassen oder gar in den Kabinen unterzubringen, ließ die Schiffsführung nach eingehender Beratung ein spezielles Hundedeck mit eilends gezimmerten Hundehütten einrichten und dieses für den übrigen Verkehr sperren. Sogar ein für die Erle­digung der dringendsten Bedürfnisse notwendiges »Bäumchen« wurde installiert. Herrchen und Frauchen wurden Besuchszeiten zugeteilt und ein besonders abgestellter Steward übernahm die allgemeine Versorgung.

Bei der Rückkehr in New York gestaltete es sich nicht einfach, die Tiere wieder von Bord zu geben, denn manche Besitzer hatten unterwegs bereits das Interesse an ihrem Mitbringsel verloren. Aber es klappte dann doch und die amerikanische Presse hatte eine schicke Story, die entsprechende Wellen schlug.

Dadurch wurde auch die Reedereileitung im heimatlichen Bremen aufmerksam. Sie erkannte rasch die Markt­lücke, die sich hier aufgetan hatte, und ließ auf allen ihren Schnelldampfern Hundedecks einrichten, damit Passagiere, die nicht so lange von ihren Lieblingen getrennt sein wollten oder konnten, diese auch während der Seereise stets in ihrer Nähe wussten.

Diese schönen »Hundstage« sind längst vorbei. Alle Kreuzfahrtschiffe, das hat

eine Schnellumfrage ergeben, sind heutzutage hundefrei. Lediglich Cunard bietet auf der »QM 2« während Transatlantik­reisen den Vierbeinern etwas Platz und hat dafür nachträglich bei Blohm + Voss zwölf Hundezwinger einbauen lassen.


Hans Jürgen Witthöft