Mit kleinen Schritten aus der Talsohle

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Der Aufwärtstrend am Zeitchartermarkt für Containerschiffe hat im April an Breite

gewonnen, wenn auch nur mit geringfügigen Verbesserungen in vielen Größenklassen. Die erneute Frachtenbaisse in den Linienverkehren könnte den Tonnageappetit der

Befrachter aber wieder drosseln, wird befürchtet.
Den zweiten Monat in Folge liegen die Durchschnittsraten für Charter-Containerschiffe am[ds_preview] Spotmarkt allesamt im Plus, wie ein Blick auf den ConTex zeigt. Waren es erst die Postpanamax-Typen, die wegen der limitierten Anzahl und Befrachtungsaktivität gar nicht vom ConTex erfasst werden, sowie die kleineren und mittleren Größen mit Ladegeschirr, die in den Genuss steigender Raten kamen, ziehen nun auch die kranlosen Subpanamax- und Panamax-Typen langsam nach. So lagen die Durchschnittsraten der 2.700-TEU-, 3.500-TEU- und 4.250-TEU-Schiffe auf 24-Monatsbasis Mitte April laut ConTex (Stand: 23.4.2013) um 1,1 bis 1,8 % höher als bei vergleichbaren Charterabschlüssen vor Monatsfrist. In diesen geschirrlosen Segmenten hatte sich durch Verdrängungs­effekte im Zuge der Indienststellung ultragroßer Schiffe mit mehr als 13.000 TEU Kapazität ein erheb­liches Überangebot an Tonnage aufgestaut.

Die Beschäftigungsmöglichkeiten dieser Schiffe auf kleineren Feeder- oder Regional-Routen sind durch operative und kommerzielle Anforderungen beschränkt, sodass sich oft keine Anschluss­charter finden lässt. Inzwischen ist der Ratenrückstand gegenüber den anderen Schiffsklassen aber offenbar so groß, dass sich ihr Einsatz für viele Befrachter wieder lohnt. Das gilt zumindest für 2.800-TEU-Schiffe sowie für Panamax-Typen über 4.000 TEU. In beiden Segmen­ten hat die Nachfrage nach Schiffen vergangenen Mo­nat deutlich zugenommen, was sich in teils rückläufigen Verfügbarkeitszahlen und bescheidenen Ratenverbesserungen am Spotmarkt niederschlug. Die gestiegene Befrachtungsaktivität im Panamax-Sektor ist nach Meinung des Londoner Maklers Howe Robinson der entscheidende Grund dafür, dass sich die Zahl der in den nächsten 60 Tagen neu zu vercharternden Schiffe über 4.000 TEU seit Februar um fast ein Drittel auf 55 Einheiten verringert hat.

Allerdings bietet der Markt im Panamax-Segment ein extrem gespaltenes Bild: Im asiatisch-pazifischen Raum, wo das größte Angebot an Exportladung für die Schiffe besteht, ziehen die Raten ganz leicht an. Den Eigentümern der »JPO Libra« (4.132 TEU) gelang es, 9.250 $ pro Tag in einer Sechs­monatsperiode bei NYK mit Anlieferung in Nordostasien herauszuschlagen. Die »E.R. Dallas« (5.043 TEU) soll von der in Hongkong ansässigen TS Lines 9.000 $ pro Tag bei fünf Monaten Laufzeit bekommen haben, die »Santa Pamina« (5.047 TEU) von der Shipping Corporation of India gar 10.400 $ pro Tag – der Aufschlag erklärt sich wohl durch die längere Ballast-Anreise von Singapur nach Colombo.

Im Atlantik und Mittelmeer hingegen sind die Bedingungen deutlich schwie­riger. Hier konnten sich die Befrachter Panamax-Typen zu Tiefstraten bis runter auf 6.000 $ am Tag sichern. Da Europa ein import­­las­tiger Markt ist mit einem Überangebot an Stellplätzen, wollen die meisten Linien sich nicht zusätzlich große Charterschiffe in der Region anliefern lassen.

»Erfrischend hoch« sei die Nachfrage auch für 2.800-TEU-Typen ohne Ladegeschirr in Asien, wie ein Hamburger Makler bestätigt. Den vorläufigen Höhepunkt bildete der Abschluss einer Kurzzeitcharter ­für die »Cape Mondego« (2.742 TEU) zu 7.000 $ pro Tag durch Maersk. Der dänische Branchenprimus zahlt 7.000 $ pro Tag für eine Rundreise von Fernost über Westafrika, wie der eigene Hausmakler bestätigte. Vergleichbare Einheiten mussten sich mit Raten von 6.500–6.600 $ pro Tag für längerfris­tige Einsätze in Asien oder im Atlantik begnügen. Das Tonnageangebot in der Klasse ist inzwischen so weit abgeschmolzen, dass Makler zumindest mit stabilen Raten in den kommenden Wochen rechnen. Ein Marktteilnehmer schätzte die Anzahl der kurzfris­tig verfügbaren Charterschiffe im Bereich 2.700 bis 2.800 TEU ohne Krane per Mitte April auf 20 Einheiten weltweit – im Februar seien es noch über 40 Schiffe gewesen.

Unterhalb von 4.000 TEU wirkt sich nach Experteneinschätzung die dras­tisch gestiegene Verschrottungsaktivität zunehmend stabilisierend auf den Markt aus. Nach Zählung des britischen Maklers Braemar Seascope wurden im ersten Quartal 55 Frachter mit einer Kapazität von 123.000 TEU zur Abwrackung verkauft – ein Anstieg um 60 % gegenüber dem ers­ten Quartal 2012.

Für die Trampreeder bleiben nun noch gut zwei Monate, um am Chartermarkt so viel Boden wie möglich gutzumachen, bevor sich das Geschäft wohl zur Urlaubszeit hin beruhigen wird. Üblicherweise bringt das zweite Quartal den größten Schub am Chartermarkt, weil sich die Linien mit Kapazitäten für die Hochsaison von Spätsommer bis Herbst eindecken.

Angesichts des massiv verschlechterten Frachtenniveaus auf den großen Ost-West-Strecken stellt sich jedoch die Frage, ob die Hochsaison tatsächlich hält, was sie verspricht. Im westgehenden Verkehr ab Fernost Richtung Mittelmeer und Nordeuropa sind die Spotfrachtraten im Zuge eines erneuten Ratenkrieges deutlich unter 1.000 $ pro TEU zurückgefallen. Die Ertragsmargen der Linien sind damit längst nicht mehr auskömmlich. Das sorgt für große Verun­sicherung auch im Trampsektor, weil die Frachten letzten Endes der »Tropf sind, an dem wir alle hängen«, wie es ein Makler ausdrückt. Aus den Frachtenumsätzen müssen Charterraten und Reisekosten (Bunker, Hafengebühren etc.) bezahlt werden. Wenn der Linienverkehr aber keinen Gewinn mehr abwirft, wäre es doch Harakiri für die Li­nien, zusätzliche Tonnage einzuchartern.

Generell müssten sich die Carrier darauf einstellen, dass die Tage des zweistelligen Verkehrswachstums im Containersektor gezählt sind, wie Heino Schmidt, Mitglied der Geschäftsführung bei Hamburg Süd, auf der Jahresversammlung des Vereins Bremer Spediteure erklärte. Drei Faktoren bremsen seiner Ansicht nach das Wachstum: Die internationale Arbeitsteilung nimmt nicht mehr so schnell zu wie in der Hochphase der Globalisierung; steigende Energiekosten machen den Transport über lange Distanzen für viele Waren unwirtschaftlich; und es gibt nur noch relativ wenig konventionelles Stückgut, das containerisiert werden kann. In Kombination führten diese Entwicklungen dazu, dass die »Transportelastizität abnimmt«, so Schmidt. »Wuchsen die Verkehre Anfang des Jahrtausends noch mit dem Dreifachen des Welt-BIP, hat sich dieser Multiplikator in­zwischen auf 1,5 reduziert«, so Schmidt. Da gleichzeitig immer mehr ultragroße Neubauten abgeliefert werden, gehe die Schere zwischen Stellplatzangebot und -nachfrage dieses Jahr weiter auseinander. Erst ab 2014 oder 2015 rechne Hamburg Süd mit einer Annäherung zwischen Angebot und Nachfrage in den Linienverkehren.


Michael Hollmann