Sommerflaute stellt Markt auf die Probe

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Wie jedes Jahr lässt die Befrachtungsaktivität bei Containerschiffen in der Urlaubszeit deutlich nach. Bislang ist das Ratengefüge trotzdem recht stabil, da sich das Tonnage-angebot im Vormonat spürbar ausgedünnt hat.
Zeitbefrachter, die die ruhigere Sommerzeit für das eine oder andere Schnäppchen am[ds_preview] Chartermarkt nutzen wollen, kommen bis jetzt nicht zum Zuge. Zwar sind die erzielbaren Tagesraten der Charter-Contai­nerschiffe generell niedrig. Die darüber hinaus übliche saisonale Delle lässt aber auf sich warten. Per Ende der 29. Kalenderwoche lag der ConTex, der die Ratenentwicklung bei den gängigen Schiffsgrößen zwischen 1.100 und 4.250 TEU verfolgt, mit 377 Punkten auf demselben Niveau wie einen Monat zuvor. »Die Aktivität ist deutlich reduziert, trotzdem sind die Raten stabil, und der Trend zu längeren, weniger flexiblen Charterperioden hält an«, schrieb ein großer internationaler Makler an seine Prinzipalen.

Offensichtlich haben die Trampreeder gelernt, die Nerven zu behalten und dem Unterbietungswettbewerb um Beschäftigung ein Stück weit Einhalt zu gebieten – obwohl seit geraumer Zeit ein generelles Überangebot an verfügbaren Schiffen besteht. Im Frühsommer hat sich die Zahl der kurzfristig verfügbaren Einheiten in vielen Größenklassen jedenfalls deutlich verringert. Denn im zweiten Quartal herrscht stets Hochkonjunktur im Chartergeschäft, weil die Linienreeder ihre Flotten für die Hochsaison im Containerverkehr im Spätsommer und Herbst aufstocken. Ein Hamburger Befrachtungsmakler schätzt, dass sich die Zahl der binnen zwei Wochen verfügbaren Schiffe in den Größenklassen 4.250 TEU und 1.100 TEU (mit Krangeschirr) zwischen Mitte Juni und Mitte Juli um rund ein Drittel auf je circa ein Dutzend Einheiten verringert hat. Deutliche Rückgänge bei den beschäftigungssuchenden Schiffen wurden auch in den Klassen um 2.500 TEU (mit Kranen) und 1.700 TEU (ohne Krane) beobachtet.

Schwächetendenzen bei Postpanamax-Frachtern

Eine gewisse Schwäche schleicht sich zunächst nur bei den Postpanamax- und Superpostpanamax-Typen ein, die im bisherigen Jahresverlauf extrem knapp waren. Ein Indiz dafür liefert der vergleichbar niedrige Abschluss des 8.400-TEU-Schiffs »Northern Justice« zu angeblich 33.000 $ pro Tag für eine Fernost–Europa-Rundreise bei China Shipping. Ein weiteres, gleich großes Schiff liege noch »spot« in Ostasien, wird gemunkelt, wohingegen bis vor kurzem solche Typen noch Monate im Voraus reißenden Absatz fanden.

Zuvor soll bereits das 6.900-TEU-Schiff »Ilse Wulff« eine sechsmonatige Beschäftigung zu 22.100 $ pro Tag bei MSC angetreten haben, was mehrere tausend Dollar unter »last done« liegt. »Derzeit gibt es kaum Abnehmer für solche Einheiten«, erklärte ein Hamburger Makler, was angesichts der Situation am Frachtenmarkt auf den Ost–West-Routen, für die solche Schiffe in Frage kommen, nicht verwundert. Derzeit sind die Linien bemüht, die aktive Stellplatzkapazität im Zaum zu halten, statt das Raumangebot für Verlader und Spediteure durch Einsatz weiterer Charterschiffe auszudehnen.

Mit einer generellen Ratenerhöhung (GRI) am 1. Juli gelang es den Carriern, die Spotfrachten pro Container ex Fernost Richtung Europa wieder auf 1.200 bis 1.300 $ pro TEU anzuheben. Zuvor war der durchschnittliche Spotsatz auf der Route Schanghai–Nordeuropa auf etwas über 500 $ pro TEU abgesackt – ein Niveau, bei dem auch der effizienteste Carrier mit jeder Reise Verluste auffährt. Inwieweit die Linien ihre Disziplin fortsetzen können, bleibt abzuwarten.

Charterprogramme zu stutzen ist eine Sache. Eine andere Sache ist es, nagelneue Großcontainerschiffe, die von den Werften abgeliefert werden, einzumotten. Gerade der Zustrom eigener oder langfristig eingecharterter Neubautonnage stellt die Linien vor große Probleme. 33 Neubauten mit Kapazitäten über 10.000 TEU, darunter das weltgrößte Containerschiff »Mærsk McKinney Møller« (18.270 TEU), sind laut der Research-Einheit des Pariser Maklers Barry Rogliano Salles (»Alphaliner«) in den vergangenen zwölf Monaten neu in Dienst gestellt worden. Sie wurden überwiegend in Fernost–Europa-Verkehre eingefädelt und verdrängten dort Schiffe zwischen 6.000 und 8.000 TEU, die auf Transpazifikrouten und Nord–Süd-Routen ausweichen mussten und dort wiederum andere Charterschiffe verdrängten. Und die Ablieferungswelle bei den ultragroßen Schiffen über 13.000 TEU rollt ungebremst weiter …

Verdrängungswettbewerb für geschirrlose Typen

Konkurrenzdruck durch neue Mega-Containerschiffe ist wohl auch die Haupterklärung dafür, dass die Charterraten der Panamax- und geschirrlosen Subpanamax-Schiffe um 2.800 TEU dieses Jahr nicht an ihr Vorjahresniveau herankommen. Mitte Juli hinkten die Durchschnittsraten der 2.800-, 3.500- und der 4.250-TEU-Typen laut ConTex um 12,4 % bis 21,9 % hinter den Vorjahresständen her. Bis dato liegen ihre Marktraten aber ebenso recht stabil, die saisonalen Verbesserungen der vergangenen Monate sind nur ganz leicht abgeschmolzen. So profitieren die Eigentümer von Panamax-Schiffen immer noch von einem Ansturm der Befrachter Mitte Juni bis Anfang Juli. In diesem Zeitraum gingen etliche Einheiten für mittlere Charterlaufzeiten von sechs Monaten und mehr in Asien aus dem Markt. Derzeit liegen die Spot-Tagesraten unverändert zwischen etwa 8.700 und 9.500 $ pro Tag. Die Aussichten für die kommenden Wochen sind sehr unscharf. Einerseits stellt die Absenkung der Ratenschätzung für 4.250-TEU-Typen um 4,1 % durch die ConTex-Panel-Makler in der 29. Kalenderwoche ein eindeutiges Warnsignal für die Reeder dar. Andererseits werden aber heute schon im Voraus Charterabschlüsse besiegelt, die offenbar eine andere Sprache sprechen. So soll die Döhle-Gruppe für die »JPO Volans« (4.252 TEU) eine erhöhte Charterrate von 9.500 $ pro Tag bei Anlieferung Anfang September ausgehandelt haben. Das Schiff trete dann eine sechsmonatige Beschäftigung beim Hapag-Lloyd-Partner NYK an, berichten Makler.

Noch keine Ermüdungserscheinungen zeigt der Markt im Segment der Handy-Containerfrachter von 1.700 TEU mit eigenem Ladegeschirr. Zahlreiche Neuabschlüsse für Charter-Einsätze in den Fahrtgebieten Intra-Asien, Mittelost und Ostafrika ließen die Spotraten für diese Einheiten in den vergangenen Monaten in einer Tour ansteigen. Auch profitierte dieses Segment von einer beschleunigten Verschrottung von Altschiffen, sodass die Ertragslage bei Abschluss eines neuen Chartervertrags laut ConTex dieses Jahr um 12 % höher als im Vorjahr liegt.

Die in Singapur ansässige Pacific International Lines (PIL) soll den Wenchong-Typ »Cerinthus« (1.700 TEU, Ladegeschirr) für 7.500 $ pro Tag für 40 bis 60 Tage eingechartert haben – deulich höher als das ConTex-Niveau von zuletzt 7.323 $. Laut Gerüchten soll ein anderer Charterfrachter inzwischen 7.600 $ erzielt haben. Die nächsten Wochen könnten aber schwieriger werden, da in Asien viele Charterschiffe zur Rücklieferung anstehen, während nur noch wenige Linien neue Bedarfe anmelden. Bleibt zu hoffen, dass die Marktteilnehmer Recht behalten, die für September/Oktober neuen Schwung in der Befrachtung voraussagen.