Chartermarkt legt Verschnaufpause ein

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Die Ratenerholung am Containerschiffsmarkt hat im Mai etwas an Dampf verloren. Bis zur traditionellen Sommerflaute haben die Reeder noch ein paar Wochen Zeit, um das Marktniveau anzuheben.
Eigentlich herrscht im Befrachtungs­geschäft derzeit Hochkonjunktur. Mit Blick auf die alljährlichen[ds_preview] Verkehrsspitzen in den globalen Warenströmen von Sommer bis Herbst decken sich die Linienreedereien gerade im Frühjahr mit Chartertonnage ein, was die Raten in der Regel deutlich ankurbelt. Zumindest vorübergehend ist die Markterholung aber ins Stocken­ geraten. Infolge der diversen Feiertage rund um den Globus hatte die Charter­aktivität in der ers­ten Maihälfte deutlich nachgelassen, sodass auch die Zeitcharterraten am Spotmarkt keine großen Sprünge machen konnten. Der ConTex notierte am 16. Mai nur 1,9 % höher als vier Wochen zuvor, der britische Makler Howe Robinson setzte den eigenen Markt­index sogar zwei Wochen in Folge herab.

Die Kluft zwischen Angebot und Nachfrage für Chartercontainerschiffe blieb nach Einschätzung von Schiffsmaklern weitgehend unverändert. In vier von sechs Größenklassen, die durch den ConTex abgedeckt werden, stieg die Zahl der beschäftigungssuchenden Schiffe nach Schätzungen Mitte Mai noch einmal an – eine Folge des feiertagsbedingten Nachfragerückgangs zu Anfang des Monats. Andererseits verringerte sich der Gesamtumfang der inaktiven Containerschiffsflotte laut Alphaliner auf 230 Einheiten von zusammen 634.000 TEU bzw. 3,8 % der Weltcontainerschiffsflotte.

Grund dafür seien vor allem Reaktivierungen von linieneigenen Schiffen, aber auch zunehmende Verschrottungen von Tramptonnage gewesen, heißt es. In den ersten fünf Monaten sollen Containerschiffe mit einer Stellplatzkapazität von insgesamt 191.000 TEU zur Abwrackung verkauft worden sein. Bis Jahresende wird mit einem deutlich erhöhten Abwrackungsvolumen von 450.000 TEU gerechnet.

Scrapping stützt den Markt

Da aufgrund der Alterstruktur der Flotte tendenziell mehr kleine als große Carrier verschrottet werden, bringt die Abwrackung vor allem für die Feeder- und Handy-Größenklassen eine gewisse Entlastung auf der Angebotsseite. Jedenfalls ist auffällig, dass der Aufwärtstrend für die 1.100- und 1.700-TEU-Typen immer noch deutlich dynamischer verläuft als für die Subpanamax- und Panamax-Frachter. Laut ConTex lagen die erzielbaren Raten für 1.100-TEU-Typen Mitte Mai 3,6 % und für 1.700-TEU-Typen 3,0 % höher als vor Monatsfrist. »Seit einiger Zeit gibt es die Diskussion, ob aufgrund des eingeschränkten Orderbuchs und des relativ hohen Durchschnittsalters der Flotte mit entsprechend hohen Verschrottungen bald ein Mangel an Schiffen droht. Vielleicht tritt diese Situation gerade ein«, warnt der Londoner Makler Braemar in Bezug auf die Feedersegmente. Allerdings präsentiert sich der Markt für die kleinen Schiffe sehr heterogen. Während die Reeder ihre Schiffe im Atlantik und im Mittelmeer zu steigenden Raten verchartern können, hinkt die Nachfrage für Feeder in Asien hinterher. So erklärt sich die erhebliche Ratendifferenz an den Spotmärkten westlich und östlich des Suezkanals. Während die »Ceyla K.« (1.155 TEU, mit Ladegeschirr) bei United Feeder Services im Mittelmeer zu 6.750 $ /Tag verlängert wurde, bekam die »Frisia Iller« (1.118 TEU) bei CMA CGM in Asien nur 5.500 $.

Schiffe mit besonderen Spezifikationen, wie einer hohen Eisklasse, finden in Europa noch günstigere Bedingungen vor und werden zu Tagessätzen deutlich über Vorjahresniveau verchartert. So nahm Hapag-Lloyd die »Amerdijk« zu 11.500 $/Tag für sechs bis zwölf Monate unter Vertrag, während die »Bernhard Schepers« (1.036 TEU) mit einer überraschend hohen Rate von über 12.400 $/Tag bei einem kurzfris­tigen Einsatz für den isländischen Operateur Eim­skip aufwarten kann.

Mittelgroße Einheiten um 1.700 TEU und mit Ladegeschirr erzielten bei Redaktionsschluss rund 7.000 $/Tag bei Abschlüssen im Mittelmeer und rund 500 $ weniger im asiatisch-pazifischen Raum.

Subpanamax-Frachter für Afrika-Dienste

Positive Tendenzen waren auch im Bereich zwischen 2.000 und 3.500 TEU zu verzeichnen, wobei Schiffe ohne eigenes Ladegeschirr nach einer langen Durst­strecke allmählich aufholen. Das Segment mit Kapazitäten von 2.700/2.800 TEU ohne Krane profitiert nach Angaben von Maklern nun auch mit Verzögerung von steigenden Tonnagebedarfen in den Afrika-Verkehren, für die bisher bevorzugt Schiffe mit eigenen Bordkranen eingesetzt werden.

In Ostafrika seien die Häfen inzwischen so weit modernisiert, dass auch geschirrlose Schiffe relativ gut abgefertigt werden könn­ten. Folglich würden mehr und mehr Befrachter umschwenken und die günstigeren »Gearless«-Typen wählen, berichtet ein britischer Makler. So soll die »Santa Belina« (2.824 TEU) eine flexible Periode von fünf bis sieben Monaten bei Evergreen zu 6.950 $ pro Tag im Fernost-Ostafrika-Verkehr angetreten sein. Damit liegen die Tagessätze für solche Schiffe allerdings immer noch rund 1.500 $ niedriger als für 2.500-TEU-Typen mit eigenem Geschirr. Ganz neue, sparsamere Schiffsdesigns in diesem Segment erzielen bereits fünfstellige Raten – wie die »Ballenita« (2.546 TEU), die bei APL 10.000 $ pro Tag für 11 bis 13 Monate und damit 750 $ mehr als ein Schwesterschiff im März bekommen haben soll.

Panamaxe treten auf der Stelle

Hingegen fällt es den Panamaxen derzeit schwer, ihr Ratenniveau weiter zu erhöhen. Im April hatte sich der Markt für die Schiffe mit Charterabschlüssen zu über 9.000 $ pro Tag in Fernost gefestigt. Nach der temporären Abschwächung der Befrachtungsaktivität stieg die Verfügbarkeit an Charterschiffen im Mai jedoch noch einmal an. Ein Hamburger Makler zählte Mitte des Monats weltweit zwei Dutzend Einheiten mit Stellplatzkapazitäten von je 4.200/4.300 TEU, die bereits »spot« lagen oder kurz vor ihrer Rücklieferung standen. Bei dem scharfen Wettbewerb kamen solche Schiffe bei den jüngsten Charterabschlüssen nicht mehr über die etablierten Marktraten hinaus. United Arab Shipping hat Berichten zufolge die »JPO Vela« (4.258 TEU) zu 9.250 $/Tag für drei bis fünf Monate mit Anlieferung

in Nordostasien unter Vertrag genommen, während Evergreen die »Nagoya Tower« (4.253 TEU) für 9.000 $/Tag für zwölf Monate bekommen haben soll.

Derzeit deute alles darauf hin, dass sich der Abstand zu den Postpanamax-Typen, die wegen ihrer Slotkostenvorteile stärker gefragt sind, vergrößern werde, erklärte ein Schiffsmakler, der zum ConTex-Panel gehört. Eigentümer von Postpanamaxen könn­ten aufgrund des limitierten Angebots an solchen Schiffen noch auf deutlichere Verbesserungen in den kommenden Wochen hoffen. Ein leichter Aufwärtstrend ließ sich an den jüngsten Charterabschlüssen erkennen. So konnten die Eigner der »Folegan­dros« (5.576 TEU) der Maersk Line 22.000 $ pro Tag für eine Rundreise im Fernost-Europa-Verkehr abtrotzen. Das neue Widebeam-Schiff »Hammonia Istria« (4.771 TEU) kam bei der Emirates Shipping Line für zehn bis elf Monate unter und ließ sich sein günstigeres Betriebskostenprofil mit einer Tagesrate von 19.500 $ vergüten – rund doppelt so viel, wie Panamax-Typen mit der gleichen Behälterkapazität heute erzielen.
Michael Hollmann