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Werftchef Rüdiger Pallentin spricht über den Handlungsdruck der Reeder,

die Marktreife von Scrubber-Technologien und die Nachrüstung von Schiffen
Herr Pallentin, lange Zeit waren Reedereien beim Einbau von Abgasreinigungssystemen sehr zögerlich. Nun häufen sich die Projekte, sowohl bei[ds_preview] Neubauten als auch im Refit-Bereich. Wächst die Akzeptanz dieser Technologien oder steht dahinter schlicht das nahende Inkrafttreten der schärferen Emissionsregulierung?

Rüdiger Pallentin: Ob eine zunehmende Akzeptanz dieser Technologien dahinter steht, können wir nicht beantworten. Tatsache ist jedoch, dass das nahestehende Inkrafttreten der neuen Emissionsregulie­rungen die Reedereien zu einem Handeln auffordert. Mit der deutlichen Absenkung der Grenzwerte für Emissionen von Stickoxiden sowie Schwefeloxiden wird es in den kommenden Jahren zu einem nachhaltigen Wandel der Schiffsmotorentechnologie und Abgasreinigung in der Schifffahrt kommen.

Bei Neubauten können die Richtlinien schon in der Planung berücksichtigt werden. Eine Nachrüstung der Schiffe, die schon im Service sind, ist wesentlich komplexer. Der notwendige Platz ist zu schaffen unter Beibehaltung der existierenden technischen Ausrüstung. Weiterhin bedarf es einer Stabilitätsüberprüfung, da große zusätzliche Gewichte in das Schiff installiert werden müssen. Die Lloyd Werft Bremerhaven bietet hierfür ihre Erfahrung und ihr Know-how an. Außerdem kooperieren wir mit den MWB Motorenwerken, die sich intensiv mit dem Thema der nachträglichen Installation von Abgasreinigungsanlagen beschäftigt haben.

Gibt es aus Ihrer Sicht ausreichende marktreife Lösungen zur Abgasreinigung oder hat die Zuliefererindustrie noch Nachholbedarf?

Pallentin: Es werden heute marktreife Lösungen zur Abgasreinigung angeboten, da diese Thematik nicht neu ist und schon in vielen Landanlagen umgesetzt wurde. Die Zulieferindustrie bietet Lösungen an und diese sind auch schon auf Schiffen eingebaut worden. Die gesammelten Erfahrungen der bisher in Betrieb befindlichen Anlagen werden dazu beitragen, dass sich die Anlagen ständig weiter entwickeln.

Welche Technologie halten Sie für die Entschwefelung am aussichtsreichsten: Trocken-, Nass- oder Hybrid-Scrubber?

Pallentin: Auf eine Aussage, welcher der Scrubber das Rennen machen wird, möchten wir uns nicht festlegen. Aus Gesprächen mit Reedereivertretern wissen wir, dass alle Varianten, sowohl Trocken-, Nass- als auch Hybrid-Scrubber, diskutiert werden. Die Entscheidungen großer Kreuzfahrtunternehmen in den letzten Monaten, ihre Neubauten und Schiffe in Service mit Hybrid-Scrubbern auszurüsten, zeigt aber eine Richtung an, wohin die Entwicklung gehen wird. Der Reeder will die Abgasreinigungsanlage sowohl im Hafen als auch auf offener See betreiben.

SCR-Systeme (Selective Catalytic Reduction), die eine Reduzierung der NOx-Emissionen unter die in IMO Tier III vorgege­benen Grenzwerte erreichen, sind bisher schon auf ca. 500 Schiffen eingebaut worden und werden eine der Lösungen sein, Emission Control Areas wie den Ostsee-Nordsee-Küstenbereich nach Inkrafttreten der IMO-Vorschriften zu befahren.

Die Lloyd Werft hat unlängst einen Scrubber auf dem Cunard-Liner »Queen Victoria« eingebaut. Wie komplex ist der Refit eines bestehenden Schiffes mit einem Abgasreinigungssystem?

Pallentin: Der Einbau eines Scrubbers auf der »Queen Victoria« während einer zwölftägigen Werftliegezeit bestand aus den folgenden Schritten: Ein vorhandener Schalldämpfer und die dazugehörenden Abgas­leitungen mussten durch eine seitlich zu installierende Montageöffnung im Schornstein des Schiffes ausgebaut und ersetzt werden durch ein vorgefertigtes ScrubberGehäuse. Aus Transportgründen wurde der Schalldämpfer in drei Teile geschnitten. Gleiches wurde mit dem Scrubber-Gehäuse gemacht und dieses im eingebauten Zustand wieder verschweißt.

Dann wurden die Abgasleitungen dem Scrubber angepasst. Für die zu installierenden Filtereinheiten und Tanks musste im Maschinenraum der notwendige Platz geschaffen werden durch das Versetzen von vorhandenen technischen Gerätschaften und die Umlegung von diversen Rohrleitungen und Kabelbahnen. Die Komplettierung des gesamten Systems wurde anschließend während der Reisen ausgeführt.

Erwarten Sie weitere Aufträge zu Nachrüstungen – auch jenseits des Passagierschiffbereiches?

Pallentin: Ja, wir erwarten in der nächsten Zeit weitere Aufträge und arbeiten auch schon an Ausarbeitungen für verschiedene Reedereien. Die Lloyd Werft hat sich bereits seit 1997 mit der Nachrüstung von Abgasreinigungsanlagen beschäftigt. So wurden auf den RoRo-Fähren »Visby« und »Thelvar« während der Werftliegezeiten kata­­­lytische Abgasreinigungsanlagen installiert und die »Birka Princess« erhielt einen Nass-Scrubber.

Eine weitere Möglichkeit, die Emissionswerte der IMO zu erreichen, ist eine Umrüstung der eingebauten Motoren oder der Einbau von Dual-Fuel-Motoren, die umstellbar mit Flüssigerdgas oder Schweröl betrieben werden können. Die Lloyd Werft hat zusammen mit Motorenfabrikanten, Anlagenherstellern und Reedereien an der Ausarbeitung solcher Lösungen gearbeitet und wartet nun auf die Umsetzung dieser Projekte.
Nikos Späth