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Das Marktumfeld der Containerschifffahrt hat sich in kurzer Zeit fundamental verändert. Die HANSA sprach mit Torsten Temp, dem für den Bereich Shipping verantwortlichen Vorstand der HSH Nordbank, über Frachtratenabsicherung mit Container Forward Freight Agreements

Nach dem Wegfall des Konferenzsystems haben sich Frachtraten-Indizes wie der Shanghai Containerised Freight Index (SCFI) etabliert. Bieten solche[ds_preview] Indizes auch eine Chance für Tramp Owner?

Torsten Temp:

Die Haupthandelsrouten aus Asien werden seit 2009 durch Indizes abgebildet, die mittlerweile ihren festen Platz in der Logistikindustrie haben. Auch ein Tramp Owner kann diese neue Markttransparenz nutzen, möchte er etwa den Erlös eines Schiffes an die Entwicklung dieses Basismarktes koppeln.

Aber eine flexible Charterrate ist ja genau das Gegenteil von einem stabilen Cashflow. Gibt es Möglichkeiten, diesen Effekt abzufedern?

Temp:

Ja. Durch den Einsatz von Finanz­instrumenten, wie sie schon seit Jahren in der Tank- oder Schüttgutfahrt etabliert sind. Der Tramp Owner bzw. die Zweck­gesellschaft tritt als Verkäufer eines sogenannten Container Forward Freight Agreements (FFAs) im Markt auf und schützt sich somit vor fallenden Marktpreisen. Da diese Sicherungsinstrumente von einer immer breiter werdenden Basis nachgefragt werden, wird das Risiko auf immer mehr Schultern verteilt.

Wesentliche Bestandteile einer indexierten Beschäftigung sind also die verbundenen Geschäfte zur Sicherung des Zahlungsstromes. Wie lange im Voraus können solche Forward-Geschäfte abgeschlossen werden?

Temp:

Forward Freight Agreements können bis zu 24 Monate in die Zukunft ab­gebildet werden, in Ausnahmefällen auch länger.

Und für welche Handelsrouten sind diese Sicherungsinstrumente im Moment überhaupt verfügbar?

Temp:

Derzeit werden Container-FFAs für die Hauptschifffahrtsrouten von Asien nach Europa und an die Ost- sowie Westküste der USA angeboten. Weitere Einsatzmöglichkeiten werden nach meiner Einschätzung folgen.

Gerade im Umfeld der Spediteure und Importeure haben sich Container-FFAs in den vergangenen Jahren allerdings nur bedingt durchgesetzt. Einige Broker aus London haben unlängst sogar ihre Aktivitäten eingestellt. Sehen Sie trotzdem eine Zukunft?

Temp:

Auch wenn einige Broker nicht den schnellen Return aus ihren Aktivitäten ziehen konnten, haben sich indexierte Frachtverträge im Markt etabliert. Mittelfristig sehen wir die gehandelten Volumen im FFA-Markt im sechsstelligen Bereich. Als Bank, die eng mit dem importierenden Mittelstand in der norddeutschen Region verbunden ist, sehen wir heute eine starke Nachfrage nach Planungssicherheit im Logistikbereich. Der Grund dafür ist sicherlich die anhaltende Volatilität im Markt von bis zu 300 % in wenigen Wochen.

»Da diese Sicherungs­instrumente von einer immer breiter werdenden Basis nachgefragt werden, wird das Risiko auf immer mehr Schultern verteilt«

Bislang nutzen Sie den Shanghai Containerised Freight Index (SCFI) als Marktbarometer. Gibt es auch Alternativen?

Temp:

Neben dem SCFI gibt es weitere Indizes wie etwa den World Container Index (WCI) oder die Container Trade Statis­tics (CTS) – für die Zukunft kann ich mir auch gut einen Index aus Hamburg vorstellen. Momentan nutzt die Mehrzahl der Marktteilnehmer den SCFI, da er den aktuellen Marktpreis für Frachtraten auf Basis real von durchgeführten Geschäfte abbildet. Auch weist der Container-FFA-Markt mit Kontrakten, die gegen den SCFI abgerechnet werden, derzeit die höchste Liquidität auf. Entscheidend für uns als Bank ist allerdings nur, dass der gewählte Index sowohl neutral und transparent ist als auch eine breite Akzeptanz am Markt hat.

Wie lässt sich in diesem Finanzierungs­modell die Qualität des Schiffes, zum Beispiel das Alter, der Verbrauch oder die Eisklasse, abbilden?

Temp:

Bewährte Vorgehensweisen aus Poolkonzepten lassen sich hier übertragen: So kann beispielsweise für ein neues oder qualitativ herausragendes Schiff mit einem hohen Faktor multipliziert werden, ein älteres Schiff erreicht entsprechend nur einen geringen Multiplikator.

Sehen Sie in diesem Konzept auch Nachteile für eine Seite, beispielsweise für die Linienreedereien?

Temp:

Nein. Ein Ocean Carrier erhält dauerhaften Zugang zu qualitativ hochwertiger Tonnage, ohne sich langfristig auf einen Marktpreis festlegen zu müssen. Besonders bei den langfristigen Zeithorizonten für die Postpanamax-Tonnage ist das ein klarer Vorteil. In einem schlechten Markt­umfeld, wie zum Beispiel in der Eurokrise, ist diese Tonnage wettbewerbsfähig, da sich der Kos­tenfaktor für die Linie automatisch nach unten justiert. Für Eigner und Kreditgeber mildern Kompensationszahlungen aus dem Sicherungsgeschäft eine schlechte Marktphase ab.
Nikos Späth