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Seit Juli dieses Jahres ist das Kapitalanlagegesetzbuch in Kraft. Es wird die Struktur der geschlossenen Fonds nachhaltig verändern und erstmalig auf eine einheitliche gesetzliche Grundlage stellen. Ein Überblick über die Folgen für die Schifffahrt geben die Wirtschaftsprüfer Martina Hertwig und Aykut Bußian
Verbunden mit dem am 22. Juli in Kraft getretenen Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) ist ein Paradigmenwechsel: Erstmals werden sämtliche Realwertinvesti­tionen der[ds_preview] Finanzaufsicht unterstellt, was weitreichende Folgen für die damit zusammenhängende Wertschöpfungsstruktur hat. Was bedeutet nun die Regulierung von geschlossenen Schiffsfonds für den deutschen Reeder? Welche Handlungsoptionen ergeben sich? Direkt nach Inkrafttreten des KAGB hat sich eine lebhafte Diskussion über dessen Reichweite und über alternative Investi­tionsformen entwickelt, die vor allem für die zukünftige Rolle des Reeders relevant ist. Im Einzelnen geht es um die Fragen, wie man eine bloße Beteiligung an einem Handelsgewerbe von einem KAGB-regulierten alternativen Investmentvermögen (AIF) unterscheidet, inwiefern Altfonds von dem neuen Gesetz erfasst werden und welche Aufgabe der Reeder in einem regulierten Fondsvehikel wahrnehmen kann.

Anwendungsbereich des KAGB

Das KAGB verfolgt als nationale Umsetzung der AIFM-Richtlinie (Alternative Investment Fonds Manager) das Ziel, sämtliche bis dato unregulierten kollektiven Investmentformen unter die einheitliche Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu stellen. Während bisher lediglich offene Fonds unter das Investmentgesetz (InvG) und bestimmte geschlossene Fonds – sofern diese in Finanzinstrumente investieren – vom Kreditwesengesetz (KWG) erfasst wurden, gilt nun für sämtliche Rechtsvehikel das KAGB, sofern sie Gelder von einer Vielzahl von Anlegern bündeln und gemäß einer festgelegten Anlagestrategie investieren. Ein »operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors« soll hingegen nicht erfasst werden. (Genauer: Ein Investmentvermögen i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 KAGB ist jeder Organismus für gemeinsame Anlagen, der von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren und der kein operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors ist.) Entscheidend ist hierbei, dass der Tatbestand eines AIF ausreicht, um die Regulierungspflicht zu folgern; hierbei ist es irrelevant, ob sich dieser Fonds dann zukünftig selbst verwaltet (interne KVG (KVG = Kapitalverwaltungsgesellschaft.)) oder durch einen externen Manager verwaltet wird (externe KVG).

Bereits in dieser kurzen Skizzierung sind jedoch beträchtliche Unschärfen zu erkennen: Was ist, wenn eine mittelständische Reederei Schuldverschreibungen emittiert? Schließlich wird der Anleger eine »Investment Story« im Hinblick auf seine Rendite­ansprüche erwarten, welche regelmäßig

im Wertpapierprospekt beschrieben wird. Doch wäre das dann eine »festgelegte Anlagestrategie«? Ersichtlich soll die Ausnahme der »operativ tätigen Unternehmen außerhalb des Finanzsektors« diese Fälle erfassen. Dementsprechend hat sich das Erfordernis ergeben, für dieses Tatbestandsmerkmal eindeutige Kriterien herauszuarbeiten.

Operativ tätiges Unternehmen vs. Anlagestrategie

Mit einem Auslegungsschreiben vom 14. Juni hat die BaFin Stellung zu ihrem Verständnis der operativ tätigen Unternehmen genommen. Hierzu nimmt sie eine feingranulare Perspektive ein, indem zunächst jede einzelne Tätigkeit des Unternehmens betrachtet und ihrem Charakter nach als operativ oder nicht-operativ eingestuft wird, ohne dass die »Operativität« als solche definiert wird (siehe Tabelle rechts).

Sofern ein Unternehmen nun als »Haupttätigkeit« operative Tätigkeiten erbringt, fällt dieses nicht unter das KAGB. Für Reedereien fällt die Prüfung relativ leicht aus: So wird eine Tätigkeit als Vertragsreeder regelmäßig vorliegen, sodass neue Beteiligungen an der Reederei aufsichtsfrei erfolgen können. Interessant sind die Fälle, in denen die Reederei nicht nur die Bewirtschaftung, sondern auch den Erwerb und den Verkauf des Schiffes oder auch die Kapitalsammlung – gegebenenfalls über eine Tochtergesellschaft als Emissionshaus – steuert und sowohl Schiff als auch Kapital in einer Fonds-KG bündelt. Bei einer solchen rechtlichen Trennung der Aktivitäten im Reedereikonzern wäre der Vertragsreeder (regelmäßig: Linienreeder) weiter nicht vom KAGB erfasst, doch kann dies für das Emissionshaus und die Fonds-KG nicht angenommen werden. So wäre die Fonds-KG als regulierungspflichtiges AIF zu qualifizieren, dessen externe Verwaltung durch das Emissionshaus wahrgenommen werden kann.

Doch auch hierfür hofft die Branche auf ein Schlupfloch durch die Tätigkeit als »Vercharterer«. Demnach reicht es aus Sicht der BaFin aus, dass die Fonds-KG einen Time-Charter-Vertrag abschließt und die »technisch-nautische Betriebsführung« beibehält, um diesen Fonds der Regulierung zu entziehen. Hierunter versteht die BaFin vor allem die allgemeine Weisungsbefugnis der Fondsgeschäftsführung gegenüber dem Kapitän, die Überwachung der Pflege und Instandhaltung des Schiffes und die Gewährleistung der Seetüchtigkeit. Fraglich ist dabei, ob diese zumindest nicht vollständig auslagerbaren Befugnisse tatsächlich durch die Fondsgeschäftsführung im laufenden Betrieb wahrgenommen werden.

Kollektive Schiffsinvestitionen

Insgesamt ergeben sich mehrere strategische Optionen für die Rolle des Reeders bei kollektiven Schiffsinvestitionen, die von einer absteigenden Regulierungsintensität begleitet sind, wenn man zwischen den wesentlichen Wertschöpfungen »Finanzierung«, »Investition« und »Bewirtschaftung« sowie der Investition in ein Schiff oder den Reedereibetrieb unterscheidet (siehe Tabelle unten). Ihre größte Reichweite entfaltet die Regulierung demnach, sofern im Reedereikonzern statt der klassischen Linienreederei die Einwerbung von Eigenkapital und die Investition in Schiffe eine Haupttätigkeit darstellt. Wird jedoch die Eigenkapitaleinwerbung von konzernfremden Unternehmen wahrgenommen, greift das KAGB nur in Gestalt der Auslagerungsvorgaben nach § 36 KAGB, welche dem Vertragsreeder bestimmte Obliegenheiten auferlegen und insbesondere eine Prüfungsmöglichkeit durch die BaFin eröffnen. Eine weitgehende Befreiung vom KAGB ist allgemein möglich, wenn Eigenkapital nicht für den Erwerb von Schiffen, sondern für den eigenen Reedereibetrieb eingesammelt wird. In diesem Fall greift jedoch unter Umständen das Vermögensanlagengesetz (VermAnlG), sofern nicht dessen Ausnahmen in § 2 VermAnlG zum Tragen kommen (insbes. »Private Placement« nach § 2 Nr. 3 VermAnlG).

Fazit

Unter dem neuen Gesetz wird eine vollständige Regulierungsfreiheit des Reeders in einem klassischen geschlossenen Fonds die Ausnahme bleiben. Während sich der Reeder einer Lizenzpflicht nach KAGB leicht entledigen kann, indem er sich auf die Bewirtschaftung von konzernfremd erworbenen und finanzierten Schiffen konzentriert, muss er zumindest dem Fondsmanager und der BaFin Prüfungs- und Einsichtsrechte gewähren. Weiterhin möglich ist jedoch die regulierungsfreie Einwerbung von Eigenkapital zur Finanzierung des Reedereibetriebs im Rahmen der Private Placement-Ausnahme des Vermögensanlagengesetzes.

Autoren: Martina Hertwig, Aykut Bußian beide TPW GmbH, Hamburg

Tel. +49 (0)40/600 880-231


Martina Hertwig, Aykut Bußian