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HDW verbessert die Herstellung und Entwicklung mit einer Software von Siemesn
Bereits im Jahr 1897 begann die Howaldts­werke-Deutsche Werft (HDW) mit Tests für den U-Bootbau. Damit nimmt das[ds_preview] Unternehmen von ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) schon seit mehr als 100 Jahren eine Vorreiterrolle auf diesem Gebiet ein. Zur Unterstützung der seinerzeit neu entstehenden U-Bootflotte der Kaiserlichen Marine lieferte HDW 1908 das U-Boot-Bergungsschiff »Vulkan« ab. Für damalige Verhältnisse war dieses Doppelrumpfschiff ein Musterstück für moderne Fertigung und Ausdruck des hohen Entwicklungsstandes.

Die Innovationskraft der HDW setzte sich auch später fort. Zu Beginn der 1960er-Jahre etablierte sich das Unternehmen als führender Hersteller von U-Booten mit konventionellem Antrieb, indem es die neue U-Bootflotte der deutschen Bundesmarine aufbaute. Außerdem ist die Werft bei der Konstruktion von nicht-nuklearen U-Booten führend. So baute der Konstrukteur insgesamt 61 U-Boote der Klasse 209. Dies macht die Kieler Werft zum Hersteller des aus kommerzieller Sicht erfolgreichsten diesel-elektrisch betriebenen U-Boots der Nachkriegszeit.

HDW stellt als einziger Anbieter den neuen Brennstoffzellenantrieb in Serienproduktion her. Durch ihren sauerstoffunabhängigen Antrieb ist es U-Booten möglich, für mehrere Wochen abzutauchen. Zum Einsatz kommt diese Technologie in den U-Bootklassen 212A und 214. Der Erfolg der HDW zeigt sich auch darin, dass die U-Boote dieser Werft in den Flottenverbänden von 17 Staaten im Einsatz sind.

Effiziente Software für moderne Werkstoffe

Moderne Verbundwerkstoffe gewinnen im heutigen U-Bootbau zunehmend an Bedeutung. Auch wenn diese schon seit den 1950er-Jah­ren in U-Booten verwendet werden, wurden sie noch bis vor kurzem nur für wenige spezielle Bauteile genutzt.

Software-Tools wie die Fibersim-Produkt­familie von Siemens PLM Software spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, den Einsatz von Verbundstoffen in U-Booten auszubauen. Seit HDW diese Software-Lösung nutzt, hat die Werft die Verwendung von Verbundstoffen in ihren neuen U-Booten jedes Jahr um etwa 10 % gesteigert. Das Verwenden der neuen Software zahlt sich aus, denn dadurch reduzierte sich die Entwicklungsbauzeit von Verbundstoff-Bauteilen spürbar. Außerdem verbesserte sich so die Qualität der hergestellten Bauteile und die Produktionszeit sank um 20 bis 30 %.

Alle neuen von HDW eingesetzten Verbundstoffbauteile werden mit der Fibersim- Software designt. Rund 800 m² der neuen, bis zu 65 m langen U-Boote werden derzeit aus Verbundstoffen gefertigt. Das größte Bauteil dieser Art ist ein doppelt gekrümmtes Panel von etwa 100 m². »Alle sichtbaren Bestandteile eines aufgetauchten U-Boots der Klassen 212A und 214 bestehen aus Verbundstoffen«, sagt Marc Tillmanns, Lead Composites Engineer bei HDW.

Verbundstoffe bringen viele Vorteile

Das seetaugliche Material widersteht der salzigen, rauen Meeresumwelt besser und korrodiert nicht – es altert deshalb sehr viel langsamer. Dadurch reduzieren sich sowohl die Wartungskosten als auch die finanziellen Aufwendungen über die gesamte Lebensdauer des U-Bootes. Die Verhältnisse von Gewicht zu Stärke und Gewicht zu Steifigkeit wird durch die individuelle Kombination aus Fasern und Harzen entlang von Pfaden mit hoher Gewichts- und Stress­belastung verringert. Somit erhöht sich die Stabilität der U-Boote.

Im Vergleich zu Metallen können Verbundstoffe auch deutlich besser in runde Formen gebracht werden, was die Herstellung von nahtlosen komplexen Formen erleichtert. Daraus ergeben sich verbesserte hydrodynamische Leistungen und sogenannte Stealth-Eigenschaften der U-Boote. Außerdem werden mit den Verbundstoffen Harzinjektionsverfahren und Nass-in-Nass-Verklebungen von großen Bauteilgruppen möglich. Auf diese Weise werden weniger Nieten und Fugen benötigt. Zudem werden Herstellungszyklen verkürzt und Kosten gesenkt.

Wissen wurde übertragen

Ein Faktor, weshalb sich HDW für die Software von Siemens PLM entschied, war deren häufiger Einsatz im Umgang mit Verbundstoffen beim Flugzeug-, Automobil- und Windkraftanlagenbau. Das Expertenwissen aus diesen Branchen ließ sich auf den Schiffbau übertragen und in die Software integrieren. Den HDW-Ingenieuren steht nun eine automatisierte Lösung zur Verfügung, mit der sich Designkonzepte schneller als je zuvor entwickeln lassen. Und auch die Folgen von Design-Änderungen werden mit der Software schon viel früher deutlich.

HDW nutzt Fibersim, um eine Vielzahl von Karbonfaser- und Glasfaser-Bauteilen zu entwerfen und herzustellen, die u.a. auf dem kompletten Oberdeck, den Kielabdeckungen, der Verkleidung des Turms sowie als Schiffsschraubenblätter und als Ruder zum Einsatz kommen. Die Werft möchte die Nutzung der Software in naher Zukunft ausweiten und wird damit auch strukturgebende Elemente entwerfen, wie etwa ein leichteres Lagergestell für Torpedos. »Fibersim ermöglicht uns eine schnellere Umstellung von der Verarbeitung von Metallen zu Verbundstoffen und minimiert die Risiken durch das softwarebasierte Verifizieren von Informationen lange bevor die Bauteile in die Produktion gehen«, sagt Tillmanns.

Simulationen halten Kosten geringer

Mit Fibersims »Best in Class«-Machbarkeitssimulationen kann HDW Schnittmuster herstellen, die passgenau sind. Über die Produktionssimulation kann die Platzierung von Ankerstiften und Spleißen durchgeführt werden. So muss nicht mehr nach dem kostenintensiven Prinzip Trial-and-Error vorgegangen werden – dies spart Zeit und Material.

Wichtig ist auch, dass die Fibersim-Datenbank erweiterbar ist, denn HDW muss mit verschiedenen Verbundstoffen, unter anderem mit sogenannten Non-Crimp-Fabrics (NCF), arbeiten können. NCF sind Verstärkungstextilien mit hoher Belastbarkeit, die mechanische Kräfte wie Druck und Zug optimal aufnehmen.

Die Fibersim-Software ermöglicht es, sehr dicke Laminate um eine dichte Schicht Kernmaterial zu formen. Die HDW-Ingenieure nehmen damit genaue Kalkulationen des Materialgewichts, des Gewichtsschwerpunkts sowie anderer Trägheitseigenschaften für das fehlerfreie strukturelle Design des U-Boots vor. Die Konstrukteure haben mit der Software zudem immer den Überblick über die genauen Mengen der ein­zelnen Materialien eines Verbundstoffbauteils. Weil die Siemens-PLM-Software den gesamten Prozess von der Designentwicklung bis zur Produktion begleitet, sinkt die Fehlerwahrscheinlichkeit.

Dass der Anteil an Verbundstoffen in der Produktion weiter anwachsen wird, scheint sicher. Das bestätigt auch Composites-Experte Marc Tillmanns. Auf HDW bezogen sagt er: »Unsere Strategie, die beste Methodologie unserer Branche rund um die Software Fibersim zu entwickeln, hilft uns dabei, unseren gesamten Prozessablauf vom Entwurf bis zur Herstellung kontinuierlich zu verbessern und stellt einen entscheidenden Faktor für unseren nachhaltigen Erfolg dar.«

Damit hat die Kieler Werft ihren Führungsanspruch und die Zukunft weiter fest im Blick.

Autor:

Olivier Guillermin

Strategy and Technology

Siemens PLM Software

Olivier Guillermin