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Über 30 Jahre lang war das Panamax-Schiff das Rückgrat des weltweiten Container-Seetransports. Um die bestehenden Einheiten nun fit für die Zukunft zu machen, bietet die Reederei NSB aus Buxtehude ein innovatives Konzept der Schiffsverbreiterung an.
Panamax-Schiffe galten lange Zeit als das Maß der Dinge für Kapazitäten bis 5.000TEU. Der Anstieg der Brennstoffpreise für Schweröl[ds_preview] (HFO) von 250$/t auf über 600$/t sorgt allerdings seit dem Jahr 2008 dafür, dass Charterer zwei Ziele anstreben: Zum einen soll durch eine Reduktion der Geschwindigkeit Brennstoff eingespart werden. Zum anderen wird mit der Vergrößerung der einzelnen Schiffseinheit eine verbesserte »Economy of Scale« erreicht. Diese Entwicklung spricht gegen den Fortbestand klassischer Panamax-Schiffe, da diese für höhere Geschwindigkeiten optimiert wurden und durch die Beschränkung auf 32,2m Breite – jener des aktuellen Panamakanals – Grenzen in ihrer Kapazität unterliegen.

Durch Modifikationen am Rumpf und Schiffstechnik können Geschwindigkeitsreduktion und Kapazitätsvergrößerung bei bestehenden Panamax-Einheiten aber trotzdem erreicht werden.

Modifikationen nach den Bedürfnissen des Kunden

Zwar ist die Verlängerung von Schiffen auch ein bewährtes Verfahren und kann erwogen werden, wenn die Effizienz vorhandener Einheiten gesteigert werden soll. Allerdings ist sie nicht immer sinnvoll: Bezüglich der Stabilitätsballastwasser-Problematik ergibt sich keine Verbesserung. Hinzu kommt, dass das Schiff an der Stelle des größten Biegemoments und damit der größten Beanspruchung geschnitten und neu verschweißt werden muss. Auch macht es in einigen Fällen keinen Sinn, Schiffe weiter zu verlängern, obwohl dies technisch machbar wäre – einige Häfen, zum Beispiel in Afrika, können nur Schiffe bis zu einer gewissen Länge abfertigen.

Um den Bedürfnissen des Kunden gerecht zu werden, erachtet die Reederei NSB die Verbreiterung des Schiffes als die beste Option. Schiffe wurden schon früher verbreitert, um die Stabilität zu erhöhen. Hier steigerte man allerdings nur die Verdrängung und die metazentrische Höhe als Maß für die Stabilität, nicht jedoch die Anzahl der Containerstellplätze. Der aufwendige Umbau führte zwar in Teilen zu einer besseren Effizienz, allerdings wurden andere Chancen, um die Schiffe für bestehende und potenzielle Kunden interessant zu machen, nicht umgesetzt.

Das innovative Konzept der Reederei NSB

NSB hat ein grundsätzlich anderes Verbreiterungskonzept erarbeitet. Dabei wird das Schiff im Laderaumbereich auf Mitte Schiff aufgeschnitten. Dort ist die Beanspruchung quer zum Schnitt gering und der Stahl deshalb vergleichsweise dünn. Die notwendigen Schnitte quer zum Schiff erfolgen am Maschinenraum-Frontschott und am Kollisionsschott. Hier sind die Biegemomente deutlich geringer als am Hauptspant. Im Bugbereich wird das Schiff um einen Laderaum verlängert, damit bleibt die Form erhalten. Am Heck kann dies nicht ebenso gewährleistet werden.

Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass bei Geschwindigkeiten unter 20kn der Einfluss einer idealen Form abnimmt. So beträgt bei einem Containerschiff der mittleren Größe bei 18kn der Reibungswiderstand 67%, der Wellenwiderstand 9% und der Formwiderstand 24%. Zur Reduktion des Wellenwiderstands wird der Wulstbug – der aufgrund der Verbreiterung ohnehin notwendigerweise erneuert wird – mithilfe von CFD-Methoden für Geschwindigkeiten unter 20kn optimiert.

Umbau mit willkommenem Nebeneffekt

Nach dem Trennen von Vor- und Achterschiff vom Laderaum in einem ausreichend großen Trockendock wird der Laderaum längs geschnitten und auf einem Schwerlastsystem auseinandergezogen. Aufgefüllt wird dann der entstandene Leerraum durch quaderförmige Sektionen. Hier ergibt sich ein erfreulicher Nebeneffekt: Ein homogen beladener, quaderförmiger Schwimmkörper besitzt keine Glattwasser-Biegemomente. Dies bedeutet für die Verbreiterung, dass die Biegemomente des verbreiterten Schiffes nicht proportional zur Vergrößerung der Stellplatzkapazität ansteigen.

Eine Verbreiterung der vorgestellten Art ist im Sinne der Schiffsklassifikation eine »Major Conversion«. Dies bedeutet, dass alle Regeln klassifikatorisch und flaggenstaatlich einzuhalten sind, die zum Zeitpunkt des Umbaus gelten. Hierzu müssen Gespräche mit der Flagge und der Klasse des umzubauenden Schiffes geführt werden. Es muss festgelegt werden, welche Regeln unabdingbar einzuhalten sind und welche Bereiche des Schiffes, falls neue Anforderungen bestehen, im Rahmen einer Bestandsschutz-Betrachtung belassen werden können.

Drei Vorteile sprechen für das Konzept

Die Verbreiterung von Panamax-Containerschiffen hat drei wesentliche Vorzüge:

Kapazitätserhöhung;

Höhere Stabilität, d.h. weniger Stabilitätsballast und größere Stellplatzkapazität bei 14 t homogen;

Geringere Geschwindigkeit infolge größerer Verdrängung bei gleichbleibender Maschinenanlage.

Hieraus resultiert ein wesentlich besserer IMO Energy Efficiency Design Index (EEDI). So verringert sich der CO2-Ausstoß pro Tonnenmeile für das verbreiterte Schiff deutlich. Bezieht man den CO2-Ausstoß auf das reine Ladungsgewicht, sieht die Bilanz noch besser aus.

Im Falle eines 4.900-TEU-Panamax-Containerschiffes, das von 32,2 m auf etwa 40,0m verbreitert werden kann, verändern sich die charakteristischen Dimensionen wie in Tab. 1 dargestellt. In diesem Fall wurde eine Verbreiterung um drei Container gewählt. Es muss im Einzelfall entschieden werden, ob eine Verbreiterung von zwei, drei oder gar vier Reihen durchführt wird.

Panamax-Widening made by NSB

Die Schiffsverbreiterung startete zunächst als ein internes Projekt der Reederei NSB, um die Marktfähigkeit der eigenen Schiffe zu steigern und sie so langfristig im aktiven Dienst zu halten. Das Widening wird aber auch externen Kunden angeboten. Die Dienstleistung umfasst dabei:

Projektmanagement

Engineering

Bauaufsicht während des Umbaus

Abstimmung mit den Behörden inklusive des Genehmigungsverfahrens

Somit bietet die Reederei ein Komplettpaket für die Schiffsverbreiterung von Panamax-Containerschiffen an. Eine weitere Möglichkeit für Investoren besteht darin, Schiffe anzukaufen, sie von NSB verbreitern zu lassen und im Anschluss in das Ship Management der Reederei zu überführen.

Zusätzlich bieten sich für ältere Schiffseinheiten verschiedene Retrofitting-Maßnahmen an, wie etwa die Installation eines neuen Propellers und Wulstbugs. Insgesamt sind die modifizierten Schiffe energieeffizienter als heutige Postpanamax-Schiffe der gleichen Größe. Zudem kommen sie aufgrund der vergleichsweise niedrigen Gesamtkosten mit einer geringeren Charterrate aus als moderne Eco-Neubauten.

Autor: Lutz Müller

Geschäftsführer und Chief Technical Officer

NSB Niederelbe Schiffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG

21614 Buxtehude, Tel.: +49 (0)4161/645-0, t@reederei-nsb.com


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