»Es hat mir geholfen, dass ich ein Junge aus dem Norden bin«

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Herr Meyer, wie wird man als Diplom-Physiker Chef des führenden Netzwerks für die Offshore-Windbranche?

Ronny Meyer: Der rote Faden war bei mir schon immer die Windenergie. Ich habe in Oldenburg studiert, und da war Windenergie das zentrale Thema, wenn auch eher von der technischen Seite. Als ich später in der Unternehmensberatung gearbeitet habe, ging es um die betriebswirtschaftliche Seite, und ehrenamtlich habe ich das Ganze auch immer schon politisch begleitet. Insofern ist es eine Kombination aus Technik, Wirtschaft und Politik, die mich zu dem Job gebracht hat.

Wem galt Ihr ehrenamtliches Engagement?

Meyer: Greenpeace. Ich habe mich da maßgeblich für die Windenergie eingesetzt, auch schon für die Offshore-Windenergie.

Wie verträgt sich der Einsatz für eine Umweltschutzorganisation mit Ihrem heutigen Job, in dem Sie unter anderem mit Größen der Energiewirtschaft an einem Tisch sitzen?

Meyer: Ich bin davon überzeugt, dass sich die Welt ändert und dass bei der Energiewende alle eine Rolle spielen müssen. Ein Großteil wird Bürgerenergiewende sein, aber auch die großen und mittelgroßen Unternehmen haben ihren Teil beizutragen. Insofern glaube ich da nicht an Schwarz und Weiß – aus meiner Sicht verträgt es sich gut, verschiedene Seiten kennengelernt zu haben und zu verstehen.

Mussten Sie sich als WAB-Geschäftsführer bestimmte Kenntnisse im maritimen Bereich aneignen oder weiß man da als gebürtiger Bremerhavener, was man wissen muss?

Meyer: Ich verstehe zwar persönlich nichts von Stahlbau, aber mein Vater hat auf einer Werft gearbeitet und in Bremerhaven ist das einfach ein großes Thema. Am Ende kommt es in meinem Job auch nicht so sehr auf die technische Kompetenz an, sondern man muss die Leute kennen – und wenn man hier aufgewachsen ist, kennt man die Politiker und weiß, wer wichtig ist. Es hat mir schon geholfen, dass ich ein Junge aus dem Norden bin.

Wie sieht bei Ihnen ein normaler Arbeitstag aus?

Meyer: Den gibt es gar nicht. Ich mache das jetzt fast vier Jahre, und in dieser Zeit sah kein Tag aus wie der andere. Das ist auch der Reiz des Jobs: In der einen Stunde redet man mit einem Politiker über das Erneuerbare-Energien-Gesetz, in der nächsten gibt man vielleicht ein Interview über Wertschöpfung im maritimen Bereich, und kurz darauf spricht man mit WAB-Mitgliedern über den französischen Windenergiemarkt. Langeweile kommt da definitiv nicht auf.

In den vergangenen Monaten ging es im politischen Raum stellenweise hoch her bei den Diskussionen um die künftigen Rahmenbedingungen für die Offshore-Windenergie. Gab es Momente, in denen Sie gedacht haben: »Wäre ich doch lieber Physiker geblieben …«?

Meyer: Das Schöne an der Physik und den Naturgesetzen ist, dass sie sich nicht wie das EEG ständig ändern – und bei den politischen Aussagen hätte ich mir schon mehr Beständigkeit gewünscht. Auf der anderen Seite bedeutet das aber ja auch, dass man die Sache in die eine oder andere Richtung beeinflussen kann. Insofern: Ich habe schon den richtigen Job und er macht mir Spaß.

Im November hatten Sie zusammen mit anderen Branchenvertretern einen Kompromiss mit dem damaligen Umweltminister Peter Altmaier zur künftigen Einspeisevergütung ausgehandelt,

im Januar legte Wirtschaftsminister Sigmar Ga­briel dann plötzlich neue Zahlen auf den Tisch. Wie haben Sie davon erfahren?

Meyer: Wir hatten die Zusage im Novem­ber direkt vom Minister bekommen, die Rücknahme dieser Zusage haben wir dann aus der Zeitung erfahren, das fanden wir schon sehr irritierend. Aber wir sind ja jetzt schon wieder einen Schritt weiter, und die Industrie guckt nicht nach hinten. Wir schauen jetzt nach vorne, da stört uns am reformierten EEG im Wesentlichen nur noch das neue Ausbauziel von 15 Gigawatt installierter Offshore-Leistung bis 2030. Das könnte mehr sein. Und alles andere: Damit können wir auch in Zukunft Offshore-Windparks bauen.

Herr Meyer, danke für die Kaffeepause. Mit wem würden Sie gerne das nächste Mal einen Kaffee trinken gehen?

Meyer: Mit der Jazz-Sängerin Diana Krall. Bei all dem, was ich täglich mache, geht es sehr um Technik und um Sachlichkeit. Wenn man mal Zeit für einen Kaffee hat, sollte man sich mit Menschen treffen, die auf einer ganz anderen Ebene unterwegs sind – wie zum Beispiel in der Musik oder Kunst.


Anne-Katrin Wehrmann