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Nachdem die Unterwasserhindernisse erfolgreich erkundet wurden, erfolgte im vergangenen Jahr die Baufeldräumung der Unter- und Außenelbe.

Den Verlauf der Durchführung beschreiben Harald Windhausen, Melanie Wiegmann und Bernhard Meyer (Teil 2)
Als vorbereitende Maßnahme für die Durchführung der Fahrrinnenanpassung in der Elbe wurde durch das Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) Cuxhaven eine[ds_preview] geophysikalische Erkundung von Unterwasserhindernissen durchgeführt. Dieser Beitrag wurde in der HANSA 5/14 veröffentlicht.

Im Anschluss daran erfolgte die Entfernung der als relevant bewerteten Hindernisse. Sie wurde im Jahr 2012 vom WSA Cuxhaven geplant. Insgesamt wurden elf Objekte geborgen bzw. teilgeborgen. Die Ausschreibung und die Ausführung erfolgten im Jahr 2013.

Ausschreibung der Baufeldräumung

Bei der Bergung von Unterwasserhindernissen handelte es sich um Bauleistungen. Somit war die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) anzuwenden. Der Zuschlag wurde auf das wirtschaftlich günstigste Angebot in Bezug auf die Kriterien Preis und technischer Wert erteilt. Eine losweise Vergabe der Leistung war nicht vorgesehen.

Da die Baufeldräumung innerhalb der Fahrrinne erfolgte, war das Gefahrenpotenzial deutlich höher einzuschätzen als bei Baumaßnahmen außerhalb der Fahrrinne. Aus diesem Grund war es erforderlich, ein Bergungsverfahren zu verwenden, welches neben den bautechnischen auch den nautischen Anforderungen entsprach.

Durchführung der Baufeldräumung

Die Bergung der Unterwasserhindernisse erfolgte durch die Nordsee Nassbagger- und Tiefbau GmbH (NNT) mit fachkundiger Unterstützung von Fachingenieurbüros und Nachunternehmern. Die NNT war als Auftragnehmer für die Ausführung der Leistung verantwortlich.

Für die Bergung an sich kam ein sogenannter Stelzenbagger (Backhoe) zum Einsatz, der seine Position durch Pfähle sichert. Bevor der Stelzenbagger seine Arbeiten beginnen konnte, wurde die oberste Sedimentschicht mittels Wasserinjektion freigelegt und hindernisnah umgelagert, um eine Minimierung der an die Wasseroberfläche zu fördernden Sedimente zu erzielen. Die Vorarbeiten wirkten sich positiv auf die Baggermengenbilanz aus, verminderten zusätzlich die Einsatzzeit der Bergungseinheit und begünstigten somit die daraus resultierenden nautischen Einschränkungen.

Der mittels Tieflöffel mechanisch gelöste Boden wurde ausgehoben und über ein Sieb in eine längsseits liegende Schute geladen. Ausschreibungskriterium war die Herstellung der vertraglich festgelegten Tiefe. Aufgrund der Reißkraft des Baggers konnten Objektteile aus zusammenhängenden Hindernissen herausgelöst werden.

Die speziell angefertigten Siebe mit einer Maschenweite von 250 x 250mm dienten zur Klassierung von Hindernisteilen und Sedimenten. Diese waren auf der Öffnung der jeweiligen Schute montiert.

Bei der Bergung von Unterwasserhindernissen wurde teilweise gewachsener Boden gebaggert. Bei Baugrunderkundungen wurde gewachsener Boden angetroffen, der keine Schadstoff- oder anderweitige Belastungen aufweist. Belastungen konnten dennoch nicht ausgeschlossen werden. Aus diesem Grund fand bei Sedimenten und Hindernisteilen, die an die Wasseroberfläche befördert wurden, vorsorglich eine organoleptische Erstansprache bereits im Löffel statt. Hierzu erfolgte die Begleitung der Maßnahme durch einen Umweltbeauftragten. Lag kein Verdacht auf Kontamination vor, wurde das Sediment in eine Klappschute entleert und ortsnah im Gewässer verbracht. Wrackteile wurden der Verwertung/Entsorgung an Land zugeführt.

Eine der größten Herausforderungen bei diesem Projekt war die Fragestellung: Wie kann bei einer Wassertiefe von bis zu 22m am sichersten der Bagger- bzw. Reißlöffel exakt an die – in ihrer Lage durch Koordinaten bestimmten – Bergungsobjekte manövriert werden?

Ohne Sichtkontakt zu den Wrackteilen sollte dem Geräteführer durch andere Hilfsmittel eine Visualisierung der Bergungssohle ermöglicht werden. Somit konnte ihm eine Erfolgsmeldung unmittelbar mitgeteilt bzw. eine Hilfestellung gegeben werden, wie am effektivsten das Wrackteil zu bearbeiten ist.

Zur Umsetzung der aufgeführten Anforderungen entschied sich die NNT zu einem gekoppelten Überwachungssystem, bestehend aus einem Dredge-Track-Presentation-System des Herstellers IHC mit einer zeitgleichen Unterstützung durch ein Echtzeitsonar.

Der zentrale Schwerpunkt des Dredge- Track-Presentation-Systems lag darin, aufgrund von Vermessungsdaten einen digitalen Geländeschnitt erstellen zu können und so die zuvor georteten Bergungsobjekte in diesem Geländemodell darzustellen. Der Bergungsbagger und dessen Ausleger mit Grabgefäß waren wiederum mit Sensoren versehen, die es ermöglichten (über DGPS), die exakte Lage des Löffels während der Bergung auf einem Monitor anzuzeigen. Zeitgleich wurde auf den Bildschirm das zuvor erstellte »Geländemodell« projiziert, was dem Baggerführer in Form der grafischen Darstellung eine Visualisierung der Lage des Bergungsobjektes zur tatsächlichen Lage des von ihm gesteuerten Bergungslöffels lieferte. Dieses Verfahren ermöglichte die permanent kontrollierte Steuerung des Löffels im vorgegebenen Bergungsfeld.

Da das Verfahren des Dredge-Track-Presentation-Systems auf der grafischen Darstellung von Vermessungsdaten basiert (im Mittel nicht älter als maximal vier Tage) und die Lage der Wrackteile zum Teil durch magnetometrische Messungen eruiert wurde, konnten hier Abweichungen zu den Gegebenheiten zum Bergungszeitpunkt auftreten. In diesem Verfahren ist zwar die Ortung und Lagebestimmung des Objektes sehr genau, die Darstellung der Wrackteile jedoch nur sehr schemenhaft.

Aufgrund dieser Tatsache kam bei Durchführung der Bergungsarbeiten zusätzlich ein Echtzeitsonarsystem mit einem Mittelfrequenzbereich von 3,8 kHz zum Einsatz. Diese Visualisierung der im Bergungsbereich liegenden Objekte ermöglichte es, die aktuelle Bathymetrie zu erkennen und die Bergung methodisch und systematisch durchzuführen.

Unter den zu bergenden Hindernissen befand sich ein unter Kampfmittelverdacht stehendes Objekt (»1148«). Hier galten erhöhte Anforderungen hinsichtlich der Sicherheit für das Personal und die Geräte.Bei der Bergung des Wracks »1148« wurde ausschließlich der Stelzenpontonbagger für die Freilegung und das Heben von Wrackteilen und Kampfmitteln eingesetzt.Vor Beginn der Bergung erfolgte die Herrichtung der Einsatzgeräte zum Schutz des Personals vor Verletzungen durch unkon­trollierte Detonationen und umherfliegende Munitionsfragmente.

Das ausgehobene Baggergut wurde sowohl im Löffel des Baggers als auch auf dem Separierungsgitter der Schute vom zuständigen, gemäß §20 SprengG befähigten Feuerwerker begutachtet. Dieser hatte zu entscheiden, ob es sich bei auftretenden Verdachtskörpern um Kampfmittel handelte und diese als handhabungssicher oder nicht handhabungssicher einzustufen seien. Während der Räumarbeiten wurden keine Kampfmittel gefunden und der Betrieb konnte durchgehend erfolgen. Lediglich bei den Sortierarbeiten wurden drei Kampfmittel entdeckt, wovon zwei Granaten dem Hindernis »1148« zuzuordnen waren.

Funde historischer Art

Im Rahmen des Auftrags waren drei Hindernisse von archäologischer Relevanz zu beseitigen. Für die Objekte mit archäologischer Relevanz galten höhere Anforderungen an die Räumung und Lagerung. Hierzu erhielten die Schuten speziell angefertigte Siebe mit einer Maschenweite von 120 x 120mm, welche die Wrackteile auffingen und sicherten. Alle als archäologisch relevant eingestuften Hindernisteile gingen nach der Begutachtung und bei vorliegendem Interesse in das Eigentum des Archäologischen Landesamtes Schleswig-Holstein (ALSH) über. Andernfalls wurden die Hindernisteile durch das ALSH zur Verwertung freigegeben. Die Untersuchung der Wrackteile eines der Hindernisse ergab, dass die jahrring­datierbaren Holzproben aus dem 17. Jahrhundert stammten. Nach den Jahrringdatie­rungen wurde das Schiff 1619 gebaut und sank bereits vier Jahre später. Weiterhin hat die Holzanalyse ergeben, dass die Bauhölzer für das Schiff in der Nähe von Hamburg geschlagen wurden. Das Frachtholz stamm­te aus dem südlichen Ostsee­raum. Ein ausführlicher Bericht zu den schiffsbautechnischen Details wird durch das ALSH erstellt.

Fazit

Die vorangegangene geophysikalische Erkundung bot eine sehr gute Grundlage für die Vergabe der Baufeldräumung. Von den ursprünglich 31 untersuchten Unterwasserhindernissen stellten sich nur elf als für die spätere Fahrrinnenanpassung relevant heraus. Die mithilfe der kaska­dierenden Untersuchungen vorgenommene Präzisierung führte damit zu einer auf den tatsächlichen Bedarf abgestellten Ausschreibungsunterlage zur Entfernung der eruierten Objekte. Das aufgrund der Mess­-

ergebnisse der geophysikalischen Erkundung veranschlagte Schrottvolumen lag nur geringfügig höher als die tatsächlich geborgene Menge. Bei den Angaben zur Lage und zum Gesamtbergungsvolumen ergab sich eine gute Übereinstimmung zwischen den zuvor ermittelten Werten und den tatsächlich vorgefundenen Gegebenheiten.

Das Bergungsverfahren entsprach den Anforderungen der Maßnahme nicht nur in bautechnischer, sondern auch in nautischer Hinsicht. Durch die Wahl der Geräte konnte die veranschlagte Bergungszeit eingehalten und die verkehrliche Beeinträchtigung minimiert werden.

Weil die Baufeldräumung innerhalb der Fahrrinne stattfand, war das Gefahrenpotenzial deutlich höher zu bewerten als bei Baumaßnahmen außerhalb der Fahrrinne. Ein erhöhter Kommunikations- und Koordinierungsaufwand, wie auch eine enge Abstimmung mit allen Beteiligten im Vorfeld, war daher erforderlich und trug wesentlich zum Erfolg bei. Die Kosten der Baufeldräumung beliefen sich insgesamt auf mehr als 9 Mio. €.


Harald Windhausen, Melanie Wiegmann, Bernhard Meyer