P3-Scheitern schürt Hoffnung

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Die Zeitcharterraten bewegen sich weitgehend seitwärts. Makler sehen aber bessere Perspektiven, nachdem China den Allianzplänen der größten drei Carrier einen Riegel vorgeschoben hat.
In den Konzernzentralen der Linienreeder in Kopenhagen, Genf und Marseille dürfte der[ds_preview] Frust groß gewesen. In der Trampreeder-Hauptstadt Hamburg sorgte die Botschaft aus China für pure Erleichterung: Dass das Handelsministerium in Peking das P3-Bündnis von Maersk, MSC und CMA CGM gestoppt hat, liegt natürlich nicht daran, dass die Entscheider im Reich der Mitte ihr Herz für Tonnageanbieter und Lieferanten der großen Linien entdeckt hätten. Peking stieß sich viel mehr an dem hohen Marktanteil der P3-Aspiranten im Fernost–Europa-Verkehr und sah da­rin offenbar ein Risiko für den eigenen Außenhandel. Nichtsdestotrotz bleibt wohl auch den Trampreedern durch die Entscheidung in China viel Kummer erspart. Immer neue Schauergeschichten über drohende Rücklieferungen von Charterschiffen durch die großen Drei machten in den vergangenen zwölf Monaten die Runde. In der Zwischenzeit schoben auch viele andere Linien- und Feeder-Reedereien nach Meinung von Marktinsidern Charterbedarfe auf die lange Bank, weil sie ihre eigenen strategischen Möglichkeiten neu sondieren wollten.

Natürlich haben sich die fundamentalen Bedingungen nicht geändert. Treiber für die Entwicklungen am Chartermarkt ist in erster Linie das Verkehrsaufkommen auf den großen Routen. Allerdings können auch kleine Verschiebungen bei Schiffsbedarfen, wie sie sich aus Netzwerk- und Fahrplanoptimierungen der Charterer ergeben, kurzfristig signifikante Auswirkungen auf Ratenentwicklungen haben. Befrachtungsmakler und Analysten sind sich einig, dass die P3-Initiatoren auf sich allein gestellt – ohne die Synergien eines gemeinsamen großen Netzwerks – mehr Schiffe und größere Reservekapazitäten vorhalten müssen, um dieselbe Menge Ladung zu befördern, als im Rahmen einer Allianz erforderlich gewesen wären. Insofern ist die Hoffnung begründet, dass die Charternachfrage eher ansteigt. Die Frage ist, wie schnell Maersk, MSC und CMA CGM nun zur Tat schreiten und sich mit zusätzlichen Charterschiffen für das prognostizierte Wachstum rüsten.

In starken Wochen geht schon einmal die Hälfte aller gemeldeten Charterabschlüsse auf das Konto der drei weltgrößten Carrier. Dass Ihr Handeln starken Einfluss auf die Ratenentwicklung hat, dafür finden sich auch in der jüngsten Geschichte einige Beispiele. So hat Maersk mit seinem Vormarsch beim Einchartern von Widebeam-Panamax-Schiffen zu Jahresanfang zu einer rasanten Befestigung der Tagesraten in diesem Segment beigetragen. MSC wiederum trug maßgeblich zur Erholung des Panamax-Segments bei, als das Unternehmen dieses Frühjahr im Handstreich zahlreiche Panamaxe für einen neuen Fernost-Westafrika-Dienst aus dem Markt nahm.

Auch losgelöst von Angebot und Nachfrage betrachtet stehen nach einhelliger Branchenmeinung die Chancen für den einzelnen Tramp-Reeder, sich mit seiner Ratenforderung zu behaupten, deutlich besser in einer Welt ohne P3. »Die drei Großen hätten mit einer Stimme zum Markt gesprochen. Nur dort, wo sie sich nicht gegenseitig helfen können, hätten sie überhaupt noch Tramp-Schiffe eingechartert«, formulierte es ein Hamburger Schiffsmakler.

Leichte Beruhigung im Postpanamax-Segment

Bislang ist von einem Nachfrageschub am Chartermarkt aber noch nichts zu spüren. Im Postpanamax-Segment hat sich das Marktgeschehen Ende Juni etwas beruhigt, nachdem MSC eine Serie von 7. 800-TEU-Schiffen der Blue Star Holding verlängert und ein weiteres hinzugechartert hatte – zu Raten um 25. 000$ pro Tag, wie berichtet wurde. Maersk soll ein 6. 700-TEU-Schiff (»Agios Minas«) zu sehr festen 21. 500$ für eine Rundreise im Fernost-Westafrika-Verkehr in Charter genommen haben, während die chilenische Gesellschaft CCNI von Hapag-Lloyd die »Vancouver Express« (8. 749TEU) zu einem Tagessatz von 31. 600$ kurzfristig zur Untermiete bekam. Das seien zwar noch keine glänzenden Raten, »aber es reicht immerhin, um auch die Kapitalkosten zu decken, was heutzutage schon ein Privileg ist«, kommentierte ein Makler.

Bei Redaktionsschluss der HANSA war die Rede von mehreren Postpanamax-Charterschiffen, über die noch verhandelt werde. Weitere Ratensteigerungen seien wahrscheínlich, wenn es zu Abschlüssen kommt, hieß es.

Hohes Interesse zeigten die Befrachter weiterhin an Widebeam-Schiffen sowie Standard-Panamaxschiffen. Die Zim-Tochtergesellschaft Gold Star Line nahm den Widebeam-Neubau »Hammonia America« (4. 834TEU) für elf bis 13 Monate zu 17. 500$ pro Tag aus dem Markt. Die Tagesrate soll für die ersten 40 Tage auf 12. 500$ reduziert sein. Maersk sicherte sich den Neubau »Wide Hotel« (5. 370TEU) ebenfalls zu 17. 500$ für zehn bis zwölf Monate, und NYK charterte die 2012 gebaute »HL Concordia« (4. 620TEU) zu 15. 250$ pro Tag für neun bis zwölf Monate.

Erstmals seit langem erzielte ein größerer Standard-Panamaxfrachter wieder eine fünfstellige Rate. Die »Margrit Rickmers« (5. 050TEU) bekam Maklerangaben zufolge 10. 000$ pro Tag für eine Transpazifik-Rundreise bei K Line und ersetzt damit angeblich einen eigenen Frachter der Japaner, der ins Trockendock geschickt werden muss. Ob sich die Raten für die größeren Panamaxe tatsächlich bei 10. 000$ oder höher einpendeln, bleibt abzuwarten, wobei die zu erwartenden Beruhigung der Befrachtungsaktivität zur Urlaubszeit den Reedereien nicht gerade in die Karten spielt. Für kleinere Panamaxe mit Behälterkapazitäten von 4. 200 bis 4. 400TEU waren zuletzt keine Steigerungen mehr möglich. Trotz des knappen Tonnageangebots stießen die Raten bei rund 9. 500$ pro Tag an ihre Grenze.

Unter erhöhten Druck gerieten im Juni die kleineren und mittleren Schiffsklassen mit eigenem Ladegeschirr, deren Ratenbewertungen im ConTex Ende des Monats unisono gen Süden tendierten. Schätzungen zufolge liegt die Verfügbarkeit von 1. 700- sowie von 2. 500-TEU-Schiffen mit Kränen derzeit rund 50% höher als vor einem Jahr. Die Schiffe leiden in wichtigen Stammfahrtgebieten wie Westafrika zunehmend unter der Konkurrenz von kranlosen Schiffen, nachdem die Terminals in vielen Häfen der Region aufgerüstet worden sind. Einige 2. 500-TEU-Einheiten akzeptierten Tagesraten unter 7. 000$, um kurzfristig Beschäftigung bekommen zu können. Gegen den Trend behaupten sich die kleineren Schiffe bislang aber erfolgreich in der Karibik-Region. Dort soll das Tonnageangebot nach dem Abzug zahlreicher Schiffe im Frühjahr sehr eng sein, so dass immer noch leichte Verbesserungen für Einheiten bis 1.300TEU möglich seien, wie es hieß.