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In der Schweißtechnik gibt es wesentliche Veränderungen. Diese beziehen sich sowohl auf Normen und Zertifizierungen als auch auf gängige und neue Schweißverfahren in der maritimen Branche.
Auf der von der Schweißtechnischen Lehr- und Versuchsanstalt Nord (SLV Nord), dem Deutschen Verband für Schweißen und verwandte Verfahren – Landesverband[ds_preview] Hamburg/Schleswig-Holstein (DVS LV HH/SH) und der Schiffbautechnischen Gesellschaft (STG) organisierten 14. Tagung »Schweißen in der maritimen Technik und im Ingenieurbau« bekamen die rund 150 Teilnehmer in Hamburg einen umfangreichen Überblick über sich ändernde Verfahren und die daraus resultierenden Folgen für den Beruf des Schweißers. Weiter wurden ihnen in Fachvorträgen verschiedene Schweißverfahren nähergebracht und Beispiele für deren Anwendung in der maritimen Branche gegeben. Im Kern ging es darum, aufzuzeigen, inwiefern die gängigen Schweißverfahren effizienter und kostengünstiger gemacht werden können.

Ein Aspekt ist die Automation unter Zuhilfenahme von Robotern. Jan Pitzer von Carl Cloos Schweißtechnik gab einen Überblick über Schweißverfahren, die in der maritimen Branche zum Einsatz kommen. Die Metallschutzgas-Schweißverfahren (MSG) sind im Schiffbau und in der maritimen Industrie noch immer am weitesten verbreitet. Beim MSG-Schweißen kommt dank elektronischer Stromquellentechnik immer häufiger ein Impulslichtbogen zum Einsatz. Dieser eignet sich dem Experten zufolge insbesondere für viele manuelle Schweißaufgaben, da er sehr stabil läuft und einen tiefen, sicheren Einbrand gewährleistet.

Modifizierte und neuartige Schweißverfahren

Auf Werften spielt zudem das Unterpulverschweißen, vor allem bei der Vorfertigung der einzelnen Sektionen, weiterhin eine wichtige Rolle. Dieses hat jedoch gewisse Nachteile, wie zum Beispiel den vergleichsweise aufwendigen Anlagenbau und die Pulverversorgung. Der Pulververbrauch lässt sich bei dem von Rolf Paschold vorgestellten Verfahren um 10–40% reduzieren, da hier mit gleicher Energie mehr geschweißt werden kann.

Der Experte vom Unternehmen ESAB erläuterte das Unterpulverschweißen mit integrierter Kaltdrahtzufuhr. Die Entwick­lungen von Unterpulverschweißprozessen mit Kaltdrahtzufuhr basieren bevorzugt auf dem Unterpulver-Doppeldrahtschweißen (Twin­Arc). Diese Technik hat laut Paschold den Vorteil, dass zwischen den beiden heißen lichtbogenführenden Drähten eine energiereiche Zone besteht, in der ein zugeführter Kaltdraht abgeschmolzen werden kann. Beim von ESAB entwickelten sogenannten ICE-Prozess wird der Kaltdraht genau parallel von oben mittig in den Twin­Arc-Lichtbogen geführt. Somit wird der Lichtbogen stets getroffen, was zu einer gesteigerten Abschmelzleistung führt, ohne eine zusätzliche Wärmezufuhr. Folglich kann eine höhere Schweißgeschwindigkeit erreicht werden. Eine Alternative zum Unterpulverschweißen bietet Jan Pitzer zufolge das Tandemschweißen. Auch hier könne – diesmal über zwei abschmelzende Drahtelektroden – eine passable Abschmelzleistung erzielt werden.

Ingo Pfeiffer von Fronius Deutschland brachte den Teilnehmern eine neuartige Form des Hochleistungsschweißens näher – das sogenannte CMT Twin, das von Fronius entwickelt wurde. Es leitet sich aus dem Tandemschweißen und dem CMT-Prozess, einem wärmereduzierten MSG-Schweißverfahren, ab. Das Tandemschweißen hat die besondere Eigenschaft, die Abschmelzleistungen auch in Schweißgeschwindigkeit umzusetzen, während bei CMT Abschmelzleistungen in einem absolut reproduzierbaren Prozess dargestellt werden können. Im sogenannten CMT-Twin-Prozess werden beide Varianten zusammengeführt. In diesem Verfahren lassen sich eine Vielzahl von Lichtbogenmodi einstellen. Ferner lassen sich bei der Puls/CMT-Variante große Drahtschubdifferenzen zwischen Lead- und Trailerelektrode einstellen. Mit der vorlaufenden Drahtelektrode werden die Einschweißtiefe und die Position der Naht definiert. Durch die verschiedenen Lichtbogenkombinationsmöglichkeiten kann im Prozess gezielt der Lichtbogendruck auf die Schmelze beeinflusst werden. Nach Angaben von Ingo Pfeiffer ergibt sich dadurch für dieses Tandemverfahren eine besondere Stabilität. Zudem könne im CMT-Prozess gezielt Einfluss auf den Wärmeeintrag beim Werkstoffübergang vom Zusatzwerkstoff zur Schmelze genommen werden.

Automation wird immer wichtiger

Während der beschriebene CMT-Twin-Prozess im Schiffbau vor allem bei Dickblechen mit mehr als 3mm zum Einsatz kommt, wird das Unterpulverschweißen mit integrierter Kaltdrahtzufuhr beim sogenannten Einseitenschweißen von Paneelen und beim Kolbenauftragschweißen verwendet. Ferner wird es vor allem in der Offshore-Branche genutzt. Aus dieser Branche hatte auch Jörg Müglitz von ZIS Industrietechnik ein Beispiel parat. Anhand dessen stellte er die Entwicklung schienengeführter, roboterähnlicher Geräte zum Schweißen, Schneiden und Prüfen vor. Müglitz veranschaulichte seine Präsentation am Beispiel von Tests, die beim Unternehmen WeserWind durchgeführt wurden.

Die Aufgabenstellung bestand darin, große bzw. übergroße Verschneidungskonturen wie Tripoden, Jackets und Turbinen bzw. Turbinengehäuse zu schweißen. Die Dimensionen, Masse und die Schweißnahtausführung vieler Bauteile machen den Einsatz von Roboteranlagen für die Bearbeitung jedoch häufig unmöglich. Müglitz erläuterte, wie dennoch roboterähnliche Anlagen, von ihm als »Krabbler« bezeichnet, für diese Aufgaben eingesetzt werden können. Die Basis dafür bilden Schienenführungen, die mit beliebig vielen Spannarmen und Spannbrücken beispielsweise mit Magnethaltern am Bauteil befestigt werden können. Auf der Schiene sind die einzelnen Komponenten wie Drahtgehäuse, Drahtvorschub, Koppelstange, Steuerungsbox, Ausgleichseinheit, Laserkamera und Antriebseinheit sozusagen eisenbahnähnlich angeordnet.

Bei einem solchen Modell ändert sich die Rolle des Schweißers, der nicht mehr als »Handwerker« fungiert, sondern eher als Prozesssteuerer bzw. Prozessoptimierer. Bei der Steuerungseinheit für den »Krabbler« gibt es verschiedene Möglichkeiten. Müglitz zufolge hat sich ein Controller wie bei einer Spielekonsole als mögliche, wenn auch noch nicht industrietaugliche Lösung erwiesen.

Georg Cerwenka vom Laser Zentrum Nord (LZN) stellte das Forschungsprojekt QuInLas vor, das mit finanzieller Förderung durch den Projektträger Jülich (PTJ) aus den Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) gefördert wurde. Ziel des Projekts ist es, für die neuen lasergestützten Fügeverfahren, wie das aus dem Automobilbau bekannte Laser-Remote-Schweißen und das Laser-Hybrid-Schweißen, Prozess- und Systemtechnik sowie Bewertungsmethoden zu entwickeln, mit denen sich zukünftige Anforderungen an dreidimensionale Schweißkonstruktionen im Schiffbau erfüllen lassen. Aufgrund seiner gezielten Wärmeeinbringung, seiner schmalen Wärmeeinflusszone und seiner hohen Schweißgeschwindigkeit habe sich auf einigen Werften das Laserstrahl-MSG-Hy­brid-Verfahren als Fügeverfahren etabliert.

Beim QuInLas-Projekt spielt die Automation eine wichtige Rolle. »Durch die Einführung der Laserstrahltechnologie in der Paneelfertigung lassen sich neuartige Konstruktionen der Schiffkörper verwirklichen«, sagt Cerwenka. Der hochenerge­tische Laserstrahl ermögliche das nahezu verzugsfreie Verschweißen von dünnen Blechen, wie es konventionell in einer vergleichbaren Qualität nicht erreicht werden könne. Mithilfe der Laser-Remote-Technologie ließen sich darüber hinaus auch bisher nur schwer zugängliche Stellen mit höchster Qualität verschweißen. Die Idee hinter der Laser-Remote-Schweißtechnologie ist die Kombination der Strahlbewegung über einen hochdynamischen Spiegel verbunden mit einer Brennweite von über 500mm. Dies ermögliche Laser-Spot-Geschwindigkeiten von über 60m/min. Gerade für das Setzen einer großen Anzahl von Heftnähten erlaube diese Technologie mit Sprunggeschwindigkeiten von mehr als 300m/min die Reduktion der Nebenzeiten zwischen den Nähten auf ein Minimum, führte Cerwenka aus.

Für das Projekt QuInLas wurde ein neuartiges, speziell für den Schiff- und Ingenieurbau geeignetes 3D-Laser-Remote-Schweißsystem entwickelt. Durch optische Sensoren, verknüpft mit intelligenten Kalibrier-, Mess- und Bildverarbeitungs- sowie Bahnberechnungsalgorithmen ist das System in der Lage, eine 3D-Schweißaufgabe vollautomatisch zu erfassen, zu vermessen und die Bahnparameter effizient zu korrigieren, um anschließend eine Bearbeitungsaufgabe mit höchster Präzision durchzuführen.

Der Forschungsverbund unter der Projektleitung des Institutes für Laser- und Anlagensystemtechnik (iLAS) der Technischen Universität Hamburg-Harburg umfasst insgesamt elf Partner, darunter sechs Vertreter aus der Industrie, u. a. die Meyer Werft und Blohm + Voss sowie Carl Cloos Schweißtechnik.

Während die oben genannten Vorträge sich mit Verfahren und Beispielen aus der Praxis beschäftigten, informierte Christiane Pohlmann von der SLV Nord über die fünf wesentlichen Änderungen hinsichtlich der im vergangenen Jahr eingeführten internationalen Norm ISO 9606-1 zur Abnahme der Schweißerprüfungen. Die wichtigste Neuerung gegenüber allen Vorgängernormen ist der Bezug der Schweißerprüfung auf den verwendeten Schweißzusatz anstelle des Grundwerkstoffes. Weitere Änderungen betreffen die Prüfstückabmessungen sowie die Aufnahme eines zusätzlichen Prüfstücks.

Exkursion zum Laserzentrum und begleitende Fachausstellung

Am ersten Tag der zweitägigen Veranstaltung besichtigten die Teilnehmer das LZN Nord und sahen dort die Schweiß­geräte und Lasertechnik sozusagen in Aktion. Beim Abendessen auf dem Segelschiff »Rickmer Rickmers« gab es anschließend Möglichkeiten, Netzwerke zu knüpfen und sich über verschiedene Schweißerthemen auszutauschen.

Auf der begleitenden Fachausstellung, bei der sich elf Unternehmen präsentierten, konnten sich die Teilnehmer am folgenden Tag zudem ein Bild über neue technische Geräte verschaffen und verschiedene Unternehmen aus dem Bereich Schweißen näher kennenlernen. Neben in der maritimen Branche bekannten Akteuren wie Fronius, ESAB und Kemppi stellten sich auch im Schiffbau weniger bekannte Firmen vor. Beispielsweise haben die Unternehmen Jäckle aus Bad Waldsee und Schnelldorfer Maschinenbau aus der gleichnamigen Gemeinde den Schiffbau als ein neues Geschäftsfeld ausgemacht und die Tagung genutzt, wichtige Vertreter der Branche zu treffen.

Sven Noack, Geschäftsführer der SLV Nord, welche die Tagung mitausrichtete, zeigte sich mit dem Ablauf der Veranstaltung sehr zufrieden. Zum Abschluss gab er den Termin für die 15. Tagung »Schweißen in der maritimen Technik und im Inge­nieurbau« bekannt. Diese wird am 22. und 23. April kommenden Jahres an gleicher Stelle stattfinden.
Thomas Wägener