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Im Interview spricht , Stefan Behn, im HHLA-Vorstand für das Segment Container zuständig, über Herausforderungen für den Hamburger Hafen, die aus den steigenden Warenmengen resultieren

Zuletzt gab es Meldungen über Verzögerungen in der Abfertigung am Container Terminal Burchardkai (CTB). Wodurch sind diese entstanden? Spediteure[ds_preview] sprachen von einer »katastrophalen Lage«.

Stefan Behn: Zunächst: Die Abfertigung an der Bahn und an der Fuhre läuft seit Wochen störungsfrei. Grundsätzlich haben wir es mit einem Phänomen zu tun, das weit über Hamburg hinausgeht. Es kommt in den wichtigsten nordeuropäischen und asiatischen Häfen – neben Hamburg insbesondere Rotterdam, aber auch Antwerpen und Southampton – zunehmend zu erheblichen Spitzenbelastungen. Sie gehen einher mit dem immer stärkeren Vordringen der 14.000-TEU-Schiffe.

Wir haben an den Hamburger Terminals, dem aufkommensstärksten Fernosthafen in Europa, Umschlagmengen von 6.000 bis 7.000 Container pro Großschiffsanlauf. Das stellt die Terminalbetreiber vor enorme Herausforderungen. Wenn dann noch erhebliche Abweichungen von vereinbarten Fahrplänen und unangekündigte Mengenverschiebungen zwischen einzelnen Schiffsanläufen hinzukommen, kann sich daraus eine Situation wie Ende Juni entwickeln. Dessen ungeachtet haben wir im ersten Halbjahr 2014 an den Hamburger Terminals wiederum 2,1% Umschlagzuwachs. Am CTB wurden an der Wasserseite in den letzten beiden Monaten so viele Container abgefertigt wie noch nie.

Probleme gab es sowohl bei Lastwagen, die lange Wartezeiten hinnehmen mussten, als auch bei der Annahme von Containern per Bahn. Wie sind Ihre Gegenmaßnahmen?

Behn:

Noch einmal: Am CTB läuft der Betrieb sowohl an der Fuhre als auch an der Bahn seit längerem wieder normal. Vor einigen Wochen haben kurzfristige Schwierigkeiten bei der Bahnabfertigung sofort zu Rückstaus in das Netz der Deutschen Bahn geführt, weil dort keine geeigneten Puffer-Kapazitäten mehr vorhanden sind. Dies zeigt, wie eng die Abläufe der Logistikkette verbunden sind, wie sensibel sie auf Störungen von Einzelgliedern der Kette reagieren.

Aber natürlich prüfen wir permanent, wo wir selbst uns verbessern können. Insbesondere an der Fuhre haben wir eine ganze Reihe von Maßnahmen umgesetzt, von der Vergrößerung des Parkplatzes bis hin zu neuen OCR-Gates, die die Abfertigung deutlich beschleunigen werden. Trucker können sich künftig auf der Internetseite www.hhla.de noch besser über die Verkehrssituation an den Terminals informieren. Aber vor allem setzen wir unsere im letzten Jahr gestarteten Personalmaßnahmen mit seinerzeit hundert Neubeschäftigungen fort und stellen weitere fünfzig neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den Burchardkai ein, um für die weiter wachsenden Spitzenbelastungen gewappnet zu sein.

Senator Frank Horch bat HHLA-Chef Klaus-Dieter Peters zum Gespräch über die Probleme. Wie groß ist mittlerweile der Druck aus der Hamburger Politik zu diesem Thema?

Behn:

Senator Horch hat eine Reihe von Akteuren im Hafen zu einem Gespräch eingeladen, unter anderem den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn, Rüdiger Grube, den Vorsitzenden der Geschäftsführung der Hamburg Port Authority, Jens Meier, sowie Klaus-Dieter Peters und mich. Alle Anwesenden waren sich einig, dass wir Verkehrsprobleme nur gemeinsam in den Griff bekommen. Wir haben eine Reihe von Punkten vereinbart, die wir jetzt abarbeiten. Dass der Wirtschaftssenator ein großes Interesse daran hat, dass der Hamburger Hafen reibungslos arbeitet, versteht sich von selbst.

Die HHLA besitzt mit dem 2002 eröffneten Container Terminal Altenwerder (CTA) noch immer einen der modernsten Terminals der Welt. Was haben Sie konkret unternommen, um diesen Status seit nunmehr zwölf Jahren zu halten?

Behn:

Wir optimieren die Prozesse am CTA permanent. Wir haben Abläufe wie Dual Cycle, das kombinierte Be- und Entladen, eingeführt. Wir setzen zunehmend auf batteriebetriebene Schwerlasttransporte; und wir haben im letzten Jahr ein zweites Anschlussgleis erhalten, das die Flexibilität der Anlage erhöht und uns erlaubt, noch mehr Container an der Bahn umzuschlagen. Der Containerbahnhof am CTA war mit ca. 500.000 Boxen 2013 der mit Abstand größte Containerbahnhof in Deutschland. Und übrigens haben wir dort mit 191 Boxen pro Liegestunde einen neuen Rekord in Sachen Produktivität aufgestellt. Die Anlage ist immer noch für Spitzenleistungen gut.

Warum hat sich die HHLA auf dem CTB für die Kombination des herkömmlichen Van-Carrier-Systems mit einem Blocklagersystem entschieden und nicht für die AGVs, die es auf dem CTA gibt?

Behn:

Der CTB ist nach seiner Umstrukturierung ein Hybridterminal. Nur durch die Kombination aus herkömmlichem Van-Carrier-System und einem modernen Blocklager können wir die anstehenden Mengenzuwächse bewältigen. Das System des CTA lässt sich nicht 1:1 auf den Burchardkai übertragen. Der Burchardkai ist eine gewachsene Anlage, bei der Konzeption des CTA konnten wir bei Null starten.

Die heutigen Containerschiffe können immer mehr Boxen transportieren, folglich müssen mehr Container ins Hinterland befördert werden. Vor dem Hintergrund der Baumaßnahmen an der Autobahn A7 und der eingeschränkten Nutzung der Köhlbrandbrücke gibt es gerade im Bereich Hamburg immer gewisse Engpässe. Welche Auswirkungen hat das auf einen Terminalbetreiber wie die HHLA?

Behn:

Jeder Hafen, der im weltweiten Konzert mitspielen will, ist auf ein hocheffektives Hinterlandsystem angewiesen. Welche Bedeutung die HHLA dem Hinterland beimisst, können Sie an unserer Intermodalstrategie erkennen. Unsere Bahngesellschaften Metrans und Polzug und unsere Containerspedition CTD haben ihre Marktposition im vergangenen Jahr 2013 noch einmal deutlich ausgebaut. Der Hamburger Hafen lebt bisher sehr gut von der funktionierenden Hinterlandanbindung, insbesondere an der Schiene. Diese Infrastruktur muss erhalten und auch verbessert werden, deswegen begrüßen wir die Investitionen in die Infrastruktur, die zurzeit in und um Hamburg erfolgen. Dabei kann es durch die dafür notwendigen Baustellen natürlich zeitweilig zu Einschränkungen kommen. Hier sind alle an der Logistikkette Beteiligten gefordert, für Verlässlichkeit und die Entzerrung von Ladungskonzentration zu Spitzenzeiten zu sorgen.

Sie sprachen den Bahntransport an, der für die HHLA ein wesentlicher Aspekt ist. Erwarten Sie neue Entwicklungen zur

Y-Trasse?

Behn:

Der Hamburger Hafen als größter Eisenbahnhafen Europas ist mehr noch als andere Häfen auf ein funktionierendes Hinterlandsystem angewiesen. Insofern begrüßen wir selbstverständlich alle Anstrengungen für die Y-Trasse. Große Infrastrukturprojekte in Deutschland sind in der Regel nicht kurzfristig zu realisieren. Das kann man kritisieren, aber man muss es auch zur Kenntnis nehmen. Insofern darf das Warten auf die Y-Trasse nicht dazu führen, dass kleinere, aber notwendige Infrastrukturverbesserungen mit Blick auf den anstehenden »Großen Wurf« nicht angegangen werden.

Die Hinterlandanbindung ist für den Erfolg eines Hafens ein entscheidender Faktor. Aufgrund der steigenden Anzahl der zu transportierenden Container wird sie in Zukunft noch wichtiger werden. Erwarten Sie eine Verschiebung beim Modal Split zugunsten der Bahn?

Behn:

Die Bahn ist ein zunehmend wichtigerer Verkehrsträger. Das lässt sich sehr gut an der Entwicklung der Anteile der Hinterlandverkehrsträger am CTA, dem größten Eisenbahncontainerterminal Europas, ablesen. Gemessen am Jahr 2008, dem Jahr vor der Finanz- und Wirtschaftskrise, haben wir dort eine Steigerung von annähernd 40% Umschlagvolumen auf der Schiene zu verzeichnen, bei etwa gleichbleibender Gesamtumschlagmenge. Wir sind auf weiter wachsende Mengen an der Schiene jedenfalls eingestellt.

Wie schätzen Sie die Chancen für die Elbvertiefung nach der jüngsten Gerichtsanhörung Ende Juli ein?

Behn:

Der Respekt vor dem Bundesverwaltungsgericht verbietet es, sich in Spekulationen zu ergehen. Alle Beteiligten sind sich im Übrigen einig, dass das Gericht die Anhörungen hochprofessionell und mit einem beeindruckenden Fachwissen durchgeführt hat.

Was würde ein Verweis des Verfahrens an den EuGH für den Hamburger Hafen bedeuten?

Behn:

Ich möchte auch hier nicht über mögliche Ausgänge des Verfahrens spekulieren. Unsere diesbezügliche Position ist bekannt.

Ist es vorstellbar, künftig doch enger mit dem JadeWeserPort in Wilhelmshaven zu kooperieren? Immerhin gibt es seit einiger Zeit mit »German Ports« schon eine Dachmarke der deutschen Häfen …

Behn:

»German Ports« ist eine gute Idee. Ich würde daraus keine Schlüsse zur operativen Zusammenarbeit der deutschen Häfen ziehen. Am Ende ist es doch so, dass die Ware bestimmt, wo sie hin will.

Welche Maßnahmen will die HHLA in Hamburg und international als nächstes in Angriff nehmen?

Behn:

Wir haben uns für das laufende Jahr vorgenommen, die Leistungsfähigkeit unserer Containerterminals in Hamburg und Odessa weiter zu verbessern und unsere Marktposition zu festigen. Das ist in einem schwierigen Marktumfeld keine ganz einfache Aufgabe. Ein wichtiger Meilenstein ist die Inbetriebnahme eines weiteren Liegeplatzes am Container Terminal Burchardkai. Im Intermodalbereich wollen wir unser Netzwerk noch einmal erweitern.

Aus welchen Quellmärkten rechnen Sie in Zukunft mit der größten Dynamik?

Behn:

Wir haben bereits mit unseren Zahlen für das erste Halbjahr 2014 kommuniziert, dass erneut der Fernostverkehr Wachstumsträger Nummer eins für den Containerumschlag an unseren Hamburger Terminals ist. Wie sich die Situation

in Russland, einem weiteren wichtigen Markt für uns, künftig entwickelt, lässt sich momentan allerdings nur sehr schwer absehen.

 


Nikos Späth, Thomas Wägener