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Der Portfolioabbau klassischer deutscher Schiffsbanken schreitet voran. Neubauten sind fast nur unter hoher Eigenkapitalbeteilung und bei Rückkehr zu konservativen Finanzierungsmodellen oder über mehr Reporting und Private Equity finanzierbar.
Die Schiffsfinanzierung steckt weiter in der Krise. Die Stimmung hat sich seit der letzten großen Branchenveranstaltung, dem HANSA Forum Schiffsfinanzierung[ds_preview] im vergangenen November, kaum gebessert. Dieser Branchentreff zum Thema wird in wenigen Tagen mit breiterem Fokus als HANSA Forum Schifffahrt und Finanzierung allen Marktbeteiligten die Chance bieten, aktuelle Finanzierungsoptionen auszuloten. Die dort zuletzt skizzierten Probleme bleiben aktuell: Viele der klassischen Reedereien sind für ausländisches Kapital noch nicht attraktiv genug, so der damalige Tenor – wettbewerbsfähige Strukturen und Geschäftsmodelle fehlten. Inzwischen zeichnet sich angesichts anhaltender Überkapazitäten vor allem in der Containerschifffahrt ein weiterer Abbau der Finanzierungswege ab. Wenn die klassischen Finanzierer ein Bekenntnis zu neuen Investitionen abgeben, dann im Rahmen äußerst konservativer Finanzierungsmodelle, so scheint es. In Vorbereitung auf den aktuellen Stresstest der EU, der die Bankenbelastbarkeit unter bestimmten Szenarien testet, haben viele Institute gerade bei der Schiffsfinanzierung beschleunigt als Risiko bewertbare Kreditlinien abgebaut. Doch es gibt auch Gegenbeispiele, wie die hier zusammengetragenen jüngsten Aussagen der Banken gegenüber der HANSA dokumentieren. Etwas besser sieht es bei Bulkern aus: Die Schwergutfrachter führten diesen Sommer das Orderbuch an. Hier investieren deutsche Reeder, noch stärker allerdings die Konkurrenz aus dem Ausland.

Deutsche Reeder zeigten sich dieses Jahr laut Untersuchungen der HSH Nordbank in ihrer Gewinnerwartung deutlich zurückhaltender als die Mitbewerber. Laut dieser im Juli bekanntgegebenen Umfrage unter 51 internationalen Unternehmen wollten allgemein 70% binnen der nächsten drei Jahre ihre Flotten mitunter deutlich erweitern, während unter den teilnehmenden deutschen Firmen jede Vierte mit einer Flottenverkleinerung rechnete. Deutsche Reeder wollen demnach gegen den weltweit vorherrschenden Trend mehrheitlich in Containerschiffsneubauten investieren. Bankkredite und Eigenkapital bilden dabei zwar länderübergreifend die bei allen Befragten am meisten gewünschte Finanzierungsform. Die Umfrage legt aber nahe, dass gerade deutsche Reeder sich selbst nicht als ausreichend auf neue Geldgeber auf dem Private-Equity-Markt vorbereitet sehen – nur 16% von ihnen halten die Anpassung ihrer Strategie für ausreichend. Auch lässt das Papier erkennen, dass eine energieeffiziente und umweltschonende Ausrichtung der Neubauten bei deutschen Auftraggebern zwar diskutiert, aber eher verhalten angegangen wird – ein möglicher Hemmschuh bei der Finanzierung.

So zeichnet sich eine Verkleinerung der von Deutschland aus gemanagten Flotte bei gleichzeitig zunehmendem Alter der Schiffe ab. Das wiederum verstärkt den Druck, Containerneubauten zu finanzieren, um bei künftiger Markterholung wettbewerbsfähig zu sein. Das vor Krisenbeginn 2008 etablierte KG-Modell hat auch dieses Jahr weiter an Bedeutung eingebüßt. Die Krise in der Finanzierung dauert an, Zeichen einer Besserung werden von den Geldhäusern meist zurückhaltend beurteilt. Im Dezember 2013 sagte die Ratingagentur Moody’s den acht größten schiffsfinanzierenden Banken Deutschlands in den kommenden Jahren Kreditausfälle von rund 16 Mrd. € voraus, wie die Agentur in einer entsprechenden Studie erklärte. Ende November 2013 hatte bereits die Ratingagentur Fitch vor Verlusten bei deutschen Schiffsfinanzierern gewarnt und dabei vor allem Commerzbank, HSH Nordbank und Nord LB im Visier.

Die Commerzbank steht aktuell unter Druck. In den ersten Oktobertagen gaben die Titel des Instituts nach. Vor zwei Jahren verkündete die Bank den Ausstieg aus der Schiffsfinanzierung. Im Zusammenhang mit dem Stresstest der EU riet das Bankhaus Lampe jetzt noch vor Bekanntwerden dessen Ergebnisse zum Verkauf der Commerzbankaktie. So stufte Analyst Neil Smith von Lampe die Kapitalmittel der Commerzbank zwar als ausreichend ein, um Auswirkungen von Asset Quality Review (AQR) und Stresstest abzufangen, doch bestimmte Anlageklassen im Fokus der Prüfung bereiteten Probleme. Das betreffe neben den Gewerbeimmobilien den Bereich Schiffsfinanzierung.

Unabhängig davon signalisierte der eine oder andere Reeder dieses Jahr, die Zusammenarbeit mit dem Geldinstitut mittelfristig überdenken zu wollen. Die Commerzbank bat die HANSA um Verständnis, »dass wir über die regelmäßige Quartalsberichterstattung der Commerzbank AG hinaus keine Informationen über das Schiffskreditportfolio herausgeben«. In den entsprechenden Quartalsergebnissen weist die Bank ein »neues EaD-Ziel von ~20 Mrd. € in CRE und Ship Finance«, also für die kombinierten Bereiche Gewerbliches Immobilienfinanzierungsportfolio (CRE) und die zum Haus gehörende Deutsche Schiffsbank aus. Als Zeitpunkt hierfür wurde das Jahr 2016 ausgegeben. Unterteilt nach Risikoklassen, belief sich demnach im zweiten Quartal dieses Jahres »Ship Finance (NPL)« auf 3,5 Mrd., »Ship Finance (höheres Risiko)« auf 2,9 Mrd., »Ship Finance (mittleres Risiko)« auf 3,2 Mrd., sowie Ship Finance (niedrigeres Risiko) ebenfalls auf 3,2 Mrd. €. Als Ziel gab das Haus die »Beschleunigung des wertschonenden Abbaus in CRE und Ship Finance« aus. Beim Abbau des reinen Schiffsportfolios übererfüllt die Bank ihren Plan von 14 Mrd. € Kreditbestand in 2016. Allein bei der Schiffsfinanzierung habe man Kredite mit »höherem Risiko« von 4,2 Mrd. im dritten Quartal 2012 auf 2,9 Mrd. im zweiten Quartal 2014 abgebaut. In dem vom Geldhaus als »mittleres Risiko« ausgewiesenen Bereich nahm die Schiffsfinanzierung entsprechend von 5,7 auf 3,2 Mrd. ab und bei »Ship Finance NPL« von 4,1 auf 3,5 Mrd. Der Abbau des gesamten Schiffsgeschäfts geht somit unter Hochdruck voran. Eine Kursänderung ist nicht in Sicht, eher beschleunigter Abbau.

Die Privatbank Berenberg »verzeichnet hohe Zuwächse im direkten Neugeschäft mit inländischen und ausländischen Kunden und vor allem auch in der Funktion als Strukturierer, Arrangeur und Agent von großvolumigen Transaktionen zusammen mit Partnern«, so das Institut zur HANSA – hier boomt die Schiffsfinanzierung. Die Anlageform Schiff sei für deutsche Anleger derzeit in der Breite verbrannt, erklärte Andreas Schultheis, Leiter der Schifffahrtsabteilung bei Berenberg. Interessante Anlagen würden aber auch in Zukunft Investoren finden. Allgemein seien am derzeitigen Markt »Investments eher als Private Placements (Friends & Family) und insbesondere durch weltweite Private Equity Gesellschaften, die hohe Volumina einsetzen, um Chancen in ineffizienten Märkten und/oder ein vermeintlich zyklisches Momentum zu nutzen« zu erkennen. Noch fehlten in Deutschland oftmals die »überzeugenden Kaufargumente, die Story« bei der Finanzierungsanbahnung.

»Neugeschäft mit gutem Ertrags- und Risikoprofil«

Andreas Schultheis, Berenberg Bank

Über kurz oder lang werde sich aber auch hier ein Markt entwickeln, auf dem sich Schifffahrtsunternehmen, wie heute in New York, Singapur oder Oslo, Fremd- und Eigenkapital beschafften. Die Bank verzeichnet mehr Neu- und Bestandskunden in der Schiffsfinanzierung, »insbesondere aufgrund der Tatsache, dass die bekannten Marketplayer zurückhaltend agierten«. Das bedeute viel Neugeschäft »mit gutem Ertrags- und Risikoprofil«. Die Bank betont bei den Neubauten Größenwachstum und technischen Fortschritt in Bezug auf die Umweltverträglichkeit »aufmerksam vor dem Hintergrund der zukünftigen Wirtschaftlichkeit der Bestands(alt)flotte« zu beobachten. Am Finanzierungsmarkt werde erst eine Normalisierung erwartet, »wenn Ergebnisse und etwaige Konsequenzen der augenblicklichen Prüfung der Aktiva-Qualität und der Stresstests durch die EZB bei Großbanken bekannt sind«. »Die Geschwindigkeit des Abbaus von Schiffskrediten könnte dort durchaus zunehmen«, so die Analysten von Berenberg. Restrukturierungen waren bisher bei der Bank nicht nötig. In Finanzierungsnot geratene Schiffe, sogenannte Black Pearls »können auch künftig von uns für einen weiteren Zeitraum finanziert werden. Darüber hinaus strukturieren wir für Dritte Finanzierungskonzepte unter Hinzunahme solcher Schiffe.« Da das aktuelle Charterratenniveau Tilgungen kaum zulasse, begegne die Bank der Entwicklung mit »niedrigen Beleihungssätzen in Abhängigkeit vom jeweiligen Schiffsalter und konservativen Finanzierungsstrukturen mit reduzierten Tilgungsraten sowie der Zusammenarbeit mit ausgesuchten Schiffsmanagern, die ihre Betriebskosten auf die Marktbedingungen anpassen konnten«. In den Regularien der EU (Basel II und Basel III) sieht die Bank dank der »hohen Eigenkapitalausstattung, der relativen Größe unseres Schiffsfinanzierungsportfolios und der Anwendung des sogenannten Standardansatzes für uns keine bedeutsamen Auswirkungen«. Zu der bereits vor der Krise bei Berenberg üblichen Inspektion des Beleihungsobjektes vor Darlehensauszahlung seien danach »zunehmend verpfändete Liquiditätsreserven und Reparaturrücklagen als Zusatzsicherheiten für volatile Cash Flows« hinzugekommen. Der Beleihungswert wird demnach auf Grundlage der Verkehrswerts (Marktwert) und des vorliegenden technischen Inspektionsberichtes des Gutachters festgelegt. Die sogenannten »Charter-inclusive«- oder LTAV-Ansätze werden nicht angewandt, wobei Berenberg Bereitschaft signalisiert, die »tatsächlich Risiko minimierenden Faktoren zu berücksichtigen«. Eine Entscheidung über die Fortsetzung des Schiffsbetriebs ohne Restrukturierungen wiederum fällt diese Bank nach eigenen Angaben auf Grundlage der Kapitaldienstfähigkeit, der dauerhaften Einhaltung der Sicherheitendeckungsklausel (sogenannte »Loan-to-Value Klausel«) und der Stützungsfähigkeit der Gesellschafter. Das Haus setzt demnach auf »konservativ gewählte Finanzierungsstrukturen«.

Die Landesbank Hessen-Thüringen, Helaba, legt derzeit ebenfalls nur allgemeine Daten zum Portfolio Schiffsfinanzierungen vor. Sie ermöglichen einen Vergleich vom 31. Dezember 2013 mit dem Stand der Schiffsfinanzierung am 30. Juni 2014 (siehe Grafik). Das Institut steht unter den Landesbanken vergleichsweise gut da, Altlasten aus der Finanzkrise wurden hier schneller abgebaut. Und Abbau ist auch bei dieser Bank das Stichwort für den Bereich Schiffskredite. Nach der Eingliederung von Teilen der WestLB erwartet die Helaba für dieses Jahr einen geringeren Gewinn – Zurückhaltung bestimmt somit die Kreditvergabe. Anfang September geriet das seitens der Helaba finanzierte 14 Jahre alte 1.679-TEU-Containerschiff »Steintor« in die Schlagzeilen: Das Schiff benötigte dringend frisches Kapital, die Anleger hatten divergierende Interessen und die Helaba stellte ein Ultimatum.

Laut HSH Nordbank sind Schiffe als Anlageform – global gesehen – auch nach Beginn der Krise 2008 gefragt. Private Equity Investoren haben demnach das KG-Modell in der Finanzierung ersetzt: »Die Eigenkapitalfinanzierungen bei aktuellen Bestellungen wären ohne private Investoren nicht möglich gewesen«, so die Bank zur HANSA. »Dass die HSH Nordbank nach wie vor – wenngleich in deutlich geringerem Umfang und vor allem außerhalb Deutschlands – Neugeschäft im Bereich Shipping betreibt, zeigt, dass wir global betrachtet Potenziale in der Schifffahrt sehen.« Bezogen auf den Bereich Shipping plant die HSH Nordbank in der Kernbank mittelfristig ein Segmentvermögen von 12 Mrd. €. Seit 2011 hat das Institut nach eigenen Angaben rund eine Milliarde Euro Neugeschäft pro Jahr getätigt, liege auf einem konstanten wenngleich deutlich niedrigeren Niveau als vor Krisenausbruch. Wichtiger als das Neugeschäftsvolumen sei die Qualität der jeweiligen Transaktion. Die Bank räumt ein, Rückstellungen für die Risikovorsorge belasteten nach wie vor das Ergebnis. Der Risikovorsorgebedarf sei aber im ersten Halbjahr 2014 nach umfänglicher Vorsorge im Jahr 2013 deutlich gesunken (Netto-Risikovorsorgeaufwand erstes Halbjahr 2014: -237 Mio. € im Vergleich zu -463 Mio. € im Vorjahreszeitraum). Das Neugeschäft bei Schiffsfinanzierungen betrug im ersten Halbjahr 2014 rund 0,7 Mrd. € (2013: 0,3 Mrd. €). Davon entfielen rund 80 % auf internationale Kunden und 20 % auf deutsche Reedereien. Aufgrund des starken globalen Orderbuches und eines aktiven Zweitmarktes rechnet das Geldhaus für 2014 mit einem Neugeschäftsvolumen von mehr als 1 Mrd. €.

Die Forderung der EU-Kommission, das Segmentvermögen der Kernbank im Bereich Shipping bis Ende 2014 auf 15 Milliarden zu begrenzen, habe die HSH Nordbank bereits zum Halbjahr 2014 erfüllt. Aktuell liegt das Segmentvermögen der Bank in der Schifffahrt bei rund 20 Mrd. € – davon 14 Mrd. € in der Kernbank und 6 Mrd. € in der Abbaubank (Restructuring Unit). Zum Vergleich: 2010 betrug das Volumen insgesamt noch 30 Mrd. €. Der Abbau der Altlasten gehe gut voran, Neugeschäft betreibe man mit Augenmaß und tendenziell mit Kunden, die sich nicht in Restrukturierung befänden. Alternative Portfoliolösungen unter Einbindung strategischer Investoren sollen weiter dazu beitragen, Shipping-Risikobestände abzubauen. Die HSH Nordbank hat jüngst die Intensität der Risikoanalyse deutlich erhöht. Ungeachtet der gestiegen Anforderungen hat sie insbesondere seit Beginn des Jahres die Kreditdurchlaufzeit – also die Zeit von der Prüfung bis zur Auszahlung eines Kredits – gegenüber den vergangenen drei Jahren reduziert. Bei der Ermittlung des Beleihungswerts folgt die Bank dem »Fair Market Value«. Zur Beurteilung der Tragfähigkeit von Projekten zieht sie aber auch den zu erwartenden Cash Flow aus dem Projekt heran.

Die DVB Bank beurteilt die Anlageform Schiff als nach wie vor attraktiv, verweist aber insbesondere auf internationale Investoren. Die hohe Liquidität am Kapitalmarkt sorge dafür, dass Private-Equity-Häuser im Schiffssegment sehr aktiv vertreten seien. Auch ein Mangel an Alternativen für Investitionen trage dazu bei, allerdings konzentriere sich dieser Markt auf Projekte mit langfristiger Beschäftigung bzw. mit gesichertem Zugang zur Fracht, analysiert die Bank. Ralf Bedranowsky, Mitglied des Vorstands der DVB Bank SE, sagte der HANSA zur Schiffsfinanzierung der DVB, es bestehe die »Absicht, das Nettokreditvolumen, nach planmäßigen und außerplanmäßigen Tilgungen, zu halten und weiter auszubauen«. Bedranowsky ist zuständig für die beiden Geschäftsbereiche Shipping Finance und Offshore Finance der Bank. Zum Thema Risikovorsorge sprach er die »konservative Kreditpolitik« des Hauses an. Dank intensiver Kenntnis der Märkte und der einzelnen Schiffstypen lägen die Wertberichtigungen der DVB jedoch auf einem vertretbaren Niveau. Die Voraussetzungen für Schiffsfinanzierungen haben sich demnach bei der Bank nicht wesentlich verändert.

»Es besteht die Absicht, das Nettokreditvolumen zu halten«

Ralf Bedranowsky, DVB Bank SE

Wichtige Kriterien seien die Werthaltigkeit und die Marktgängigkeit des zu finanzierenden Assets, die Bonität des Kunden, ein tragfähiges, nachhaltiges Geschäftsmodel sowie die nachhaltige Kapitaldienstfähigkeit des zugrundeliegenden Geschäfts. Die Finanzierungsstruktur, zum Beispiel Beleihungsauslauf, Laufzeit und Rückzahlungsprofil werde hierbei an das jeweilige Projekt angepasst. Bei der Beleihungswertermittlung stützt sich das Institut weiterhin auf die gutachterlich ermittelten Marktwerte der DVB-finanzierten Schiffe. Bestehende Charterverträge fließen demnach in die Kreditanalyse und Finanzierungsstruktur ein, für die reine Beleihungswertermittlung bleiben diese allerdings unberücksichtigt. Der künftig zu erwartende Cashflow sei bei der kommerziellen Bewertung der Schiffsinvestition wichtig, um die Rentabilität sowie die Kapitaldienstfähigkeit des zu finanzierenden Assets zu ermitteln. Zu den Neuerungen gehört auch der Ausbau des Corporate-Finance-Geschäfts der Bank. Über diesen Weg will die Bank ihrer Kundschaft ergänzend zum Kreditmarkt auch einen Zugang zu den Kapitalmärkten ermöglichen.

Die Norddeutsche Landesbank (Nord/LB) strebt nach eigenen Angaben »einen noch ausgewogeneren Mix der einzelnen Geschäftsfelder an«. »In diesem Zuge ist das Schiffsportfolio der NORD/LB in den letzten Jahren leicht zurückgeführt worden. Derzeit ist nicht geplant, das Portfolio weiter zu reduzieren. Die Schiffsfinanzierung ist und bleibt ein Kerngeschäftsfeld der NORD/LB«, heißt es. In den letzten Jahren habe man »einen erheblichen Puffer an Risikovorsorge für Risiken aus der Schiffsfinanzierung aufgebaut«. Auch künftig wolle man in dem Segment »überdurchschnittlich hohe Risikovorsorge« betreiben. Neugeschäftsaktivitäten werden demnach nur selektiv durchgeführt, mit einem starken Fokus auf RWA-schonendes Geschäft (z.B. mit Abdeckung durch Export Credit Agencies). Zur stärkeren Diversifizierung des Portfolios werden zunehmend auch Finanzierungen aus Segmenten außerhalb der klassischen Handelsschifffahrt eingegangen (z.B. Offshore Oil and Gas, Kreuzfahrtschiffe, LPG-Tanker). »Black Pearl«-Lösungen haben im Rahmen der Restrukturierungsstrategien der NORD/LB eine hohe Bedeutung, so das Institut, das keine näheren Angaben hierzu macht. Eine durchgreifende Markterholung erwartet die Bank erst mittelfristig. Im Zuge der EU-Regulierungsansätze sehen die Experten des Hauses Finanzkennziffern wie die Leverage Ratio oder die Liquidity Coverage Ratio (LCR) an Bedeutung gewinnen, was tendenziell Geschäftsfelder mit Asset-basierten Finanzierungen erschwere. Die Anforderungen der Banken an Finanzierungsstrukturen, Eigenkapitaleinbringung, Financial Covenants und das Reporting der Kunden haben sich demnach in den letzten Jahren spürbar erhöht. Allgemein setzt die Nord/LB seit 2008 bei der Bewertung von Schiffen auf die Schiffsbeleihungswertermittlungsverordnung. In einem vorsichtigen Bewertungsansatz werden dabei drei verschiedene Werte, der aktuelle Marktwert, der durchschnittliche Marktwert der letzten zehn Jahre und der Neubaupreis/Kaufpreis verglichen. Der niedrigste der Werte wird unter Berücksichtigung weiterer Abschläge, als Beleihungswert herangezogen. Die Werte beziehen sich alle auf ein charterfreies Schiff und werden im Vergleichswertverfahren, in der Regel aus Kaufpreissammlungen von Gutachterfirmen, ermittelt.

Fazit:

»Gut etablierten Kunden«, wie die Deutsche Bank es formuliert, steht eine Schiffsfinanzierung weiter offen. Die anderen müssen umso massiver umstrukturieren, um Chancen bei neuen Geldgebern zu haben. Außerdem sind neue Schiffskonzepte wichtiger geworden, wobei technologischer Vorsprung schon in der Finanzierungsphase zunehmend abgefragt wird. Die in Deutschland gemanagte Flotte ist somit in Gefahr, denn Umstrukturierungen bei den Reedereien müssen mit Blick auf Energieeffizienz und moderne effiziente Umwelttechnologie nicht nur diskutiert, sondern konkret vorbereitet werden, so das Signal vieler Banken.

Die Auswirkungen von Basel II und die Einführung von Basel III auf die Schiffsfinanzierung verstärken den Trend zu mehr Eigenkapital in der Schiffsfinanzierung. Beide Kontrollmechanismen verändern auch die Wege einer Refinanzierung. So sieht beispielsweise die DVB durch die Regelungen zur Liquidity Coverage Ratio (LCR) und insbesondere der Net Stable Funding Ratio (NSFR) die kurzfristige Refinanzierung von langfristigem Kreditgeschäft eingeschränkt. Dies führe dazu, dass die Refinanzierung von langfristigen Krediten verstärkt durch teurere, langfristige Liquidität erfolgen muss. Die Erhöhung der Mindesteigenkapitalquoten und Kernkapitalquoten wiederum führe zu höheren Kapitalunterlegungen und somit steigenden Kapitalkosten, da vergleichsweise teure Kapitalbestandteile wie Eigenkapital und Nachrangkapital stärker gewichtet würden.

Sorgen bereiten vielen Banken die niedrigen Charterraten. Dies sei eine »Herausforderung für das Bestandsportfolio«, wertet die HSH Nordbank.

Das Schiff bleibt also als Anlageform nach wie vor aktuell, doch muss zu seinem Bau jetzt mehr Eigenkapital bereitstehen. Reedereien müssen mehr Rede und Antwort stehen denn je zuvor: Sichere Fracht und effizienter Betrieb sowie Strategien gegen geringe Frachtraten sind wichtiger als zuvor. Die Abwesenheit von belasteten Altfinanzierungen ist ebenfalls eine Bankenforderung. Die zunehmend komplexeren Bewertungsansätze der Kreditinstitute fordern die Reedereien somit heraus

Severre Gutschmidt