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Zu den Marktführern im Baggerwesen gehört die niederländische Boskalis-Gruppe. Hans-Georg Peistrup, Geschäftsführer der deutschen Tochter Heinrich Hirdes GmbH, berichtet im Interview vom Wettbewerb und aktuellen Herausforderungen
In vielen Ländern werden Wasserbau-Investitionen derzeit wegen klammer öffentlicher Kassen zurückgehalten. Gibt es auch in der weltweiten Bagger[ds_preview]-Flotte Überkapazitäten?

Peistrup:

Nein, in den vergangenen Jahren hatten wir eine hohe Auslastung. Stillstände gibt es sehr wenige. Das hängt aber weniger mit dem nordeuropäischen Markt zusammen als mit weltweiten Aktivitäten, vor allem in den BRIC-Staaten. Ein weiteres Beispiel ist der Ausbau des Suezkanals. Auch Boskalis ist beteiligt. Dort müssen kurzfristig 17 Schneidkopfbagger (Cutter Dredger) eingesetzt werden. Damit ist die gesamte Cutter-Flotte gebunden.

Große Hopperbagger mit Kapazitäten zwischen 35.000 und 45.000m3 sind überwiegend in Singapur zur »Westerweiterung« gebunden. Weitere Einheiten werden etwa in Deutschland für Unterhaltungsmaßnahmen in Häfen und seewärtigen Zufahrten genutzt.

Gibt es Pläne zur Flottenmodernisierung in der Boskalis-Gruppe?

Peistrup

: Das ist bei uns ein fortlaufender Prozess. Aktuell wird für uns der weltgrößte Cutter Dredger in Asien gebaut. Die Hopperbagger-Flotte wird permanent auf den neuesten Stand gebracht.

Wie wirkt sich die Verschärfung von Schwefelgrenzwerten in den Schutzgebieten (SECA) Europas und Nordamerikas aus?

Peistrup:

Bei den vorhandenen Geräten stellen wir auf Marinediesel um. Für Neubauten wird von vornherein die modernste Technik eingebaut, alleine schon aus umweltpolitischen Aspekten.

Spielen LNG- oder Batterieantriebe in den Überlegungen eine Rolle?

Peistrup:

Es gibt Überlegungen zu Hybrid-Antrieben. Allerdings haben die sehr technischen Geräte der Baggerflotte einen hohen Strombedarf. Elektrodiesel gibt es bereits. Bei LNG-Antrieben hat man das Problem, dass ein größerer Platzbedarf vorzuhalten ist und das Vertriebsnetz noch sehr beschränkt ist.

Was sind die größten technischen Herausforderungen bei Baggerarbeiten auf See?

Peistrup:

In erster Linie ist das die Bearbeitung der unterschiedlichen Bodenarten. Unterhaltungsmaßnahmen, etwa in Deutschland, kann man mit Hopperbaggern machen. Für festere Böden benötigt man schon Backhoes oder einen Cutter-Dredger, die eine große Reißkraft haben. In Skandinavien z. B. stößt man schnell auf Fels. Dort sind zunächst Lockerungssprengungen erforderlich. Weiter im Süden gibt es ebenfalls harten und festen Boden, der zum Teil geschnitten oder gefräst wird.

Wie stellt sich die Suche nach ausreichend qualifiziertem Personal dar?

Peistrup:

Das ist sehr schwer, es sind ja keine »normalen« Seeleute. Für die operativen Arbeiten findet man praktisch kein Personal. Daher setzen wir Arbeitskräfte aus Nationen wie den Philippinen ein und bilden sie speziell aus. In den Niederlanden haben wir dafür eigene Trainingszentren mit Simulatoren für unsere Bagger. Europäisches Personal ist, sagen wir mal, knapp am Markt.

Würden Sie von einem »harten« Wettbewerb sprechen?

Peistrup:

Generell ja. Beispielsweise bei lokalen Projekten in Deutschland gibt es viele Mitbewerber. Je anspruchsvoller die Arbeiten werden, desto mehr verkleinert sich der Kreis. Das liegt daran, dass die Geräte sehr teuer und die Projekte sehr komplex sind.

Wer sind die Hauptkonkurrenten?

Peistrup:

Zu den »Big Four« zählen die DEME Group und Jan de Nul aus Belgien sowie Van Oord und Boskalis aus den Niederlanden. National gesehen kommen lokale Nassbaggerunternehmen sowie entsprechende Dredgingcontractors aus den Niederlanden und Dänemark hinzu – Unternehmungen aus der polnisch/baltischen Region bislang nicht.

Wo sind Sie derzeit in Europa aktiv?

Peistrup:

In Südeuropa passiert wegen der angespannten Finanzsituation in einigen Ländern derzeit sehr wenig. In Frankreich z. Z. nur kleinere Maßnahmen wie z. B. Cherbourg. In Deutschland in erster Linie nur Unterhaltungsbaggerungen. Eine ganze Reihe davon sowie Capital-Projekte haben wir in Großbritannien und Skandinavien. Ein guter Markt sind grundsätzlich auch die Niederlande mit Strandvorspülungen und Unterhaltungen. Jedoch hoffen wir, dass sich der deutsche Baggermarkt in naher Zukunft positiver gestaltet, z. B. durch die Osterweiterung am Nord-Ostsee-Kanal oder auch durch das neue Investitionsprogramm des Bundes und der Länder an den großen deutschen Flüssen (»Room for Rivers«), also die Rückverlegung von Deichen und der Bau von Poldergebieten.

Wo werden Baggerschiffe mittlerweile vorrangig gebaut?

Peistrup:

Wir lassen unsere Kaskos in Asien bauen. Kleinere Hopperbagger mit ca. 4.500m3 Kapazität werden häufig in Polen gebaut, oder auch natürlich in Holland. Nach einer Überführung erfolgt die technische Ausstattung in den Niederlanden, beispielsweise häufig bei IHC Merwede.

Haben die asiatischen Werften das entsprechende Knowhow für diese Spezialschiffe?

Peistrup:

Nein, das ist nicht immer einfach. Bei jedem Bau haben wir ein ganzes Spezialistenteam vor Ort. Für die Grundstrukturen ist der Kostenvorteil der Asiaten aber sehr groß.
Michael Meyer