Eine Frage der Perspektive

Auf die Größe kommt es an, das meinen viele. In der krisengebeutelten maritimen Industrie gilt das inzwischen ebenso wie in[ds_preview] anderen Branchen. Neben der Größe von Unternehmen spielen in der öffentlichen Wahrnehmung auch die Dimensionen ihrer Produkte und Kapazitäten – also nicht zuletzt der Schiffe – eine wichtige Rolle.

Meldungen über das neue größte Containerschiff sind nicht selten bereits veraltet, bevor sie breit gestreut werden können. Der 19.000-TEU-Rekordfrachter »CSCL Globe« hatte kaum seine erste Reise beendet, da wurde er von der »MSC Oscar« übertroffen.

Wie zu erwarten war, ist dieser Wettlauf noch längst nicht beendet. Nach diversen Aufträgen für Schiffe dieser Größe um den Jahreswechsel herum wird nun die 20.000TEU-Marke überschritten. Einige »kleinere« Order sind gesichert. Im Branchen-Funk machen zudem Auftragsserien mit 20 dieser Schiffe aus Westeuropa die Runde. Und auch an der 20.000-TEU-Wegmarke wird die Entwicklung nicht stoppen.

Insgesamt ist die Stimmung in der Linienschifffahrt wieder deutlich besser, wie aus Entscheiderkreisen zu erfahren ist. Die Reeder erwarten einen anziehenden Markt. Auch für die deutschen Akteure könnten bessere Zeiten bevorstehen – wenn auch die Banken mitziehen, angesichts der positiven Stimmung an der Seite der Reeder bleiben und im Sinne des gesamten Standorts keine weiteren Schiffe abstoßen.

In der internationalen Werftbranche ist der Wettbewerb mindestens so hart wie auf den Schifffahrtsmärkten. Während sich die Asiaten vorrangig weiter auf die Standard-Segmente stürzen, gilt in Europa mehr denn je die Devise »Behaupten in der Nische«.

Auch die deutschen Werften arbeiten hart daran, sich in Spezialmärkten zu etablieren – nicht ohne Erfolg, wie unser Schwerpunkt »Ships made in Germany« in dieser Ausgabe zeigt. Von Schleppern über Yachten, Kreuzlinern, hochmodernen RoRo-Frachtern und Marine-Einheiten bis hin zu Offshore-Schiffen und -komponenten können sie auf eine breite Angebotspalette verweisen.

Im Wettlauf um Größe kann (und will) der deutsche Schiffbau nicht mithalten. Dennoch darf man zuversichtlich sein, dass das umfangreiche Know-how auch künftig gefragt sein wird. »Klein, aber fein« kann – ebenso wie andernorts »size matters« – ein erfolgreiches Geschäftsmodell sein. Gleichzeitig setzt sich im deutschen und europäischen Schiffbau der Konzentrationsprozess fort. Auf Unternehmensebene kommt es eben doch manchmal auf die Größe an …

Viel Spaß beim Lesen wünscht


Michael Meyer