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Die Bundesregierung will die Höhe von Einspeisevergütungen für Erneuerbare-Energien-Anlagen künftig über Ausschreibungen bestimmen – um den Wettbewerb zu erhöhen, Kosten zu senken und nicht zuletzt weil es die EU so fordert. Die HANSA sprach mit Ronny Meyer, Geschäftsführer der Windenergie-Agentur WAB, über die Auswirkungen auf die Offshore-Windbranche
Das im August 2014 in Kraft getretene EEG hat der Offshore-Windbranche eine vorübergehende Planungssicherheit bis Ende 2020 beschert[ds_preview], für die Zeit danach soll die Höhe der Einspeisevergütungen für neue Windparks über Ausschreibungen ermittelt werden. Wie lautet Ihre Einschätzung dazu?

Ronny Meyer: Wir halten diesen Weg für nicht zielführend wenn es darum geht, die Akteursvielfalt zu erhöhen und die Kosten zu senken. Da die Bundesregierung aber für die Offshore-Windenergie eine laut EU-Beihilfe-Leitlinie grundsätzlich mögliche Ausnahme nicht in Betracht zieht, haben wir den Kampf gegen Ausschreibungen aufgegeben und sind in einen Dialog mit der Politik eingetreten, um zumindest bei der Ausgestaltung der Details mitreden zu können. Das Problem ist, dass der erneute Systemwechsel schon heute wieder die Investoren verunsichert: Die Wahl eines konkreten Ausschreibemodells hat natürlich einen enormen Einfluss sowohl auf bereits getätigte Investitionen als auch auf die zukünftige Geschäftstätigkeit von Entwicklern, Betreibern und Zulieferern.

Was ist aus Ihrer Sicht besonders wichtig, wenn dieser Systemwechsel gelingen soll?

Meyer: Fest steht, dass bereits getätigte Investitionen nicht gefährdet werden dürfen. Das muss bei einem zukünftigen Ausschreibedesign auf jeden Fall berücksichtigt werden. Der politische Prozess muss jetzt zügig vorangehen, damit die Branche sich frühzeitig darauf einstellen kann, wie es nach 2020 weitergeht. Wenn wir ab 2021 nur noch ausgeschriebene Windparks bauen wollen, müssen wir eigentlich schon nächstes Jahr mit den ersten Ausschreibungen anfangen: Sonst bekommen wir wieder Verzögerungen, die wir ja schon aus der Vergangenheit kennen und die unsere Industrie gefährden. Unter dem Strich darf es auf keinen Fall zu einem erneuten Fadenriss bei Offshore-Aufträgen kommen.

Wie kann das gelingen?

Meyer: Das wird die große Herausforderung, denn wir bewegen uns da in einem ziemlich eng gesteckten Rahmen, der den Handlungsspielraum deutlich einschränkt. Wir haben zum einen den vom BSH erstellten Bundesfachplan Offshore, der die Netzanbindung von Offshore-Windparks räumlich plant, und zum anderen den Offshore-Netzentwicklungsplan der Übertragungsnetzbetreiber und der Bundesnetzagentur, der das Ganze zeitlich jeweils für die kommenden zehn Jahre steuert. Dann gibt es wie erwähnt die genehmigten Windparks und verschiedene bereits zugewiesene Netzanschlusskapazitäten, und zu guter Letzt sind da noch die schon getätigten Investitionen in künftige Projekte, die Vertrauensschutz genießen müssen. Das alles muss man berücksichtigen, und das ist gar nicht so einfach.

Haben Sie dennoch eine Vorstellung, wie ein funktionierendes Ausschreibemodell aussehen könnte beziehungsweise sollte?

Meyer: Die WAB setzt sich für ein Modell ein, das die Hausaufgabe der EU, nämlich Ausschreibungen einzuführen, so minimalinvasiv wie möglich umsetzt. Im Kern geht es dabei um einen Wettbewerb der Standorte gegeneinander: Also alle Bewerber, die eine bestehende Genehmigung haben, können in Clustern, in denen es zum Zeitpunkt der Genehmigung freie Netzanschlusskapazitäten gibt, auf eine Förderberechtigung bieten. Das würde zwar zu vorübergehend nur teilweise ausgenutzten Netzanschlusssystemen führen, hätte aber den Vorteil, dass genehmigte und weit fortgeschrittene Projekte rechtssicher und ohne Klagen auf Schadenersatz umgesetzt werden könnten. Wir gehen davon aus, dass sich so ein ausreichender Wettbewerb erzielen ließe – und die Kosten für den benötigten Netzvorlauf wären nach unseren Berechnungen sehr gering und würden von den Kosteneffekten der Ausschreibung mehr als kompensiert.

Wäre das ein Modell, das dauerhaft funktionieren könnte?

Meyer: Aus unserer Sicht ja. Die Bundesregierung scheint diese Variante allerdings höchstens für eine Übergangszeit in Erwägung zu ziehen und dann auf lange Sicht ein anderes Modell zu bevorzugen, bei dem es um einen Wettbewerb der Betreiber um einen Standort geht. Demnach würde man mit einem Finger auf eine Fläche im Meer zeigen und fragen, wer da am günstigsten einen Windpark bauen kann. Da müsste man dann allerdings die Frage beantworten, was passiert, wenn an der Stelle schon jemand mit einer Genehmigung sitzt – und wie man ihn gegebenenfalls entschädigen würde, ohne Klagen zu riskieren. Wir plädieren ganz stark dafür, dass man nicht von vornherein einen doppelten Systemwechsel einbaut, der nur wieder zu neuen Unsicherheiten führen würde. Es gibt ja ohnehin standardmäßig eine Evaluation des EEG: Bei der Gelegenheit kann man sich in einigen Jahren ansehen, ob unser Modell funktioniert und genügend Wettbewerb geschaffen hat. Und wenn nicht, kann man sich immer noch für ein anderes entscheiden.

Anne-Katrin Wehrmann