Schiedsverfahren sind ein elementarer Bestandteil der Streitschlichtung in der Schifffahrt.

Christoph Hasche, stellvertretender Vorsitzender der GMAA (German Maritime Arbitration Association) erläutert im Gespräch mit der HANSA Vorteile und die Entwicklung der Mediation
Was ist der Vorteil der privaten Streitschlichtung gegenüber dem staatlichen Rechtsweg?

Christoph Hasche: Für ein privates Schiedsgericht können[ds_preview] Sie die Richter selbst wählen. Das hat den Vorteil, dass Sie objektive, unbefangene Fachleute hinzuziehen. Denen muss man nicht erklären, was eine Charterparty oder ein Bow Thruster ist. Zweitens: Schifffahrt ist international. Es kommt häufig vor, dass Sie einen Schiedsspruch im Ausland vollstrecken müssen, wenn nicht gezahlt wird. Es ist aber nach wie vor schwierig, ein nationales Urteil im Ausland zu vollstrecken. Das jeweilige Vollstreckungsland, in dem der Schuldner sitzt, fragt schon mal, warum das staatliche Urteil aus einem anderen Staat dort von Bedeutung sein soll. Bei Schiedsgerichtsurteilen ist das anders. Sie können im Ausland leichter vollstreckt werden, denn nach der New York Convention der Vereinten Nationen haben sich alle wesentlichen Staaten verpflichtet, wechselseitig Schiedsgerichtssprüche anzuerkennen.

Und das funktioniert auch in der Praxis?

Hasche: Ja. Es gibt allerdings manchmal eine Diskrepanz zwischen Rechtslage und Rechtswirklichkeit. Man braucht im jeweiligen Land eine Bestätigung des Urteils durch einen Richter. Wenn dieser möglicherweise bestochen wird, ist es natürlich schwierig.

Wie hoch ist der Anteil der Schiedsgerichtsurteile, die nicht umgesetzt werden?

Hasche: Vorweg ist zu sagen, dass 60 bis 70% der Verfahren in Deutschland mit einem einvernehmlichen Vergleich enden. Bei den übrigen wiederum erkennt der »Verlierer« das Urteil schnell an. Nur ein kleiner Teil geht in die Vollstreckung. Und davon wiederum ist es nur ein kleiner Teil, bei dem das Urteil nicht vollstreckt werden kann, wenn z. B. ein Richter bestochen wird.

Aber im Endeffekt hat man als Schlichter keine echte Durchsetzungsgewalt?

Hasche: Es gibt keine eigenen Vollzieher oder Ähnliches. Als Berater des Gläubigers muss man dann unter Umständen auch ein wenig kreativ sein, beispielsweise ein Schiff arretieren. So kann man den betreffenden Akteur mitunter dazu bringen, zu zahlen, um weitere Schwierigkeiten zu vermeiden.

Zu welchen Themen gibt es derzeit die meisten Schiedsverfahren?

Bei der GMAA machen Fragen zum Chartervertrag den Großteil aus. Dazu zählen Streitigkeiten über Off-hire, speed & consumption claims, Abrechnungsfragen oder die Seetüchtigkeit des Schiffes.

Geht es auch um die Einhaltung politischer Sanktionen?

Ja, allerdings nicht darum, ob ein Staat Bußgelder verhängen kann wegen einer Verletzung von Sanktionsbestimmungen. Das wäre kein Fall für ein Schiedsgericht, weil ein Staat so etwas kraft seiner Verwaltungshoheit macht. In einer Charterparty kann das aber durchaus eine Rolle spielen. Wenn ein Charterer das Schiff in einen Hafen eines Staates fahren lassen will, gegen den es Sanktionen gibt. Weigert sich der Reeder, kann es Streit darüber geben, wer für den Schaden aufkommt, der daraus resultiert, dass das Schiff diesen Hafen nicht anläuft.

Wie ist Ihre Meinung zur Mediation, bei der man ohne ein formelles Verfahren versucht, eine Einigung zu finden?

Hasche: Das ist ein sehr erfolgversprechendes und fantastisches Verfahren. Aber es hat sich in der Wirtschaft noch nicht so durchgesetzt wie im privaten Sektor.

Wie kommt das? Man könnte meinen, dass es eine unkomplizierte Art der Streitschlichtung ist?

Hasche: Leider bringen viele Leute Mediation noch immer mit Meditation zusammen, wo Menschen zusammen sitzen und kuscheln. Das ist mitnichten so, man kann auch heftig streiten. Hinzu kommt: das deutsche Schiedsverfahren enthält schon viele mediative Elemente.

Welche Vorteile hat die »Arbitration« gegenüber der Mediation?

Hasche: Das hängt immer vom Einzelfall ab. Eine reine Rechtsfrage ist weniger geeignet für Mediation. In einer Mediation gibt es häufig eine persönliche Komponente, z. B. bei Gesellschafterstreitigkeiten, oder wenn man einen Rechtsstreit verhindern will, weil man noch Jahre zusammenarbeiten wird. Die Arbitration eignet sich vor allem für »One-Shot-Streitigkeiten« zwischen Akteuren, die ansonsten keine oder nur lose Verbindungen haben.

Sind die Parteien an das Verfahren gebunden, wenn sie sich einmal zu einem der Wege entschlossen haben?

Hasche: Nein, nicht zwangsläufig. Ein Schiedsgericht ist eine private Stelle, die aufgrund einer Vereinbarung der Streitparteien zustande kommt. Wenn diese sich nun einigen, doch erst noch eine Mediation zu versuchen, kann das Schiedsverfahren unterbrochen werden.

Hält die Schifffahrt das Schiedsverfahren Ihrer Meinung nach noch für zeitgemäß?

Hasche: Ich glaube, dass die Arbitration grundsätzlich einen guten Ruf hat. Allerdings nimmt der Kostendruck überall zu. Dieser Aspekt spielt insofern eine Rolle, als dass ein Schiedsverfahren länger dauert und dadurch deutlich mehr Kosten verursacht. Eine Mediation ist günstiger, es gibt keine langen Schriftsätze, die Arbeitszeit der Anwälte reduziert sich.

Interview: Michael Meyer und Felix Selzer
Michael Meyer, Felix Selzer