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Die Peter Gast Schiffahrtregatta, die größte privat orga­nisierte Regatta, ist auch durch ihre internationalen Gäste längst zum traditionellen Sommerfest der maritimen Branche und einer wichtigen Nachrichtenbörse geworden. Trotz Flaute konnte sich mit der »Trivia« ein attraktiver Zwölfer als »First Ship Home« durchsetzen.
Mehr als 1.200 Teilnehmer aus der maritimen Wirtschaft, Banken, Politik und Verwaltung haben an der in diesem Jahr bereits zum[ds_preview] 34. Mal in der »Dänischen Südsee« ausgesegelten Wettfahrt teilgenommen. Bei Temperaturen um 20°C und abflauenden Winden aus überwiegend nordöstlicher Richtung mit Geschwindigkeiten zwischen 0 und 7kn gab ein Team unter Wettfahrleiter Alexander Prinz zu Schleswig-Holstein (NRV), das sich auf der von der Dänischen Heimwehr als Startschiff nach Schleimünde entsandten »Aldebaran« (MHV 801) eingeschifft hatte, das Startsignal für die 126 Yachten.

Zwar gab es keine spektakulären Rangeleien auf der Startlinie, dennoch musste der Start der Klassen 4 und 5 durch einen erstmalig erfolgten Gesamtrückruf abgebrochen werden. Beim Neustart gab es nur noch bei einem Starter ein Missverständnis, das durch ein erneutes Passieren der Startlinie bereinigt werden konnte. Auch war die »4Sale« im falschen Start unterwegs, zudem hatte sich die attraktive Spreizgaffel-Ketch »Senta« auf der falschen Seite des Startschiffes einsortiert.Kurz nach der Startkreuz folgte ein Spinnakerkurs, der bei strahlender Sonne für einen besonderen optischen Reiz sorgte. Da die in fünf Startgruppen unterteilten Yachten auf ihrem Kreuzkurs gen Ærøskøbing wegen des schwächelnden Windes aber nur sehr langsam vorankamen, hatte Markus Boehlich (SVAOe) von der Wettfahrtleitung ein Einsehen und verkürzte den Kurs, sodass nach knapp 12sm bei der Tonne »Gasmunition Nord«, benannt nach dem ehemaligen militärischen Übungsgebiet in diesem Revier, mit der Motoryacht »Steadfast« eine neue Zielline gesetzt wurde. Somit konnten die restlichen 20sm unter Motor zurückgelegt werden, sodass die Teilnehmer rechtzeitig zur Siegerehrung das Festzelt im Zielhafen Ærøskøbing erreicht haben.

Mit einem Salutschuß für das »First Ship Home« aus der auf der Haufenmauer aufgestellten kleinen Kanone und Glockenschlägen der ehemaligen Schiffsglocke sowie begeistertem Applaus der umstehenden »Sehleute« wurde der klassische Zwölfer »Trivia« als Sieger in Ærøskøbing empfangen. Zusammen mit den drei weiteren Zwölfern »Anita«, »Heti« und »Sphinx« startete die »Trivia« unter Skipper Andreas Krause in der im Vergleich zu den Vorjahren stark angewachsenen Gruppe der Klassiker. Bei der abendlichen Siegerehrung im Festzelt überreichte Bürgermeister Jørgen Otto Jørgensen die traditionelle Keramik-Sperlingskulptur als Auszeichnung.

Schnellstes Schiff nach gesegelter Zeit mit drei Stunden und 29 Minuten war der 60 Fuß große ehemalige Volvo Ocean Racer »Ospa«, der von Lloyd’s Register gemeldet wurde. Nach ORC Club über alles gewann die Luffe 43 »Nixe« von Jörg Zieron, mit der die Reederei H. Vogemann an dem Rennen teilnahm. Nach Yardstick über alles gewann die »Moon Safari«, eine Tango 34, die für die Ernst Russ AG an den Start ging. Die vier Erstplatzierten der jeweiligen Wertungsgruppen erhielten eine gravierte Silberschale.

»132 Schiffe waren gemeldet, 126 sind gestartet, nur 38 haben aufgegeben und 93 Yachten konnten gewertet werden«, zeigte sich Markus Boehlich nach der Regatta zufrieden. »Wir hatten sehr wenig Wind unter zwei Beaufort, doch es war segelbar«, so sein Fazit.

Die »Trivia« war nach dem Passieren der Ziellinie von der »Ospa« übrigens auf den Haken genommen und anschließend für das größte Teilstück bis in den Zielhafen an die Motoryacht »Bel Air« übergeben worden, weil sie – wie die ebenfalls geschleppte »Sphinx« – als klassischer 12er-Atlantikracer – über keinen eigenen Motorantrieb verfügt. Ebenfalls im Feld der großen, eleganten Yachten starteten Christoph von Reibnitz mit der »Peter von Seestermühe«, Holger Schmidt mit seiner »Senta« und Rollo Marquardt mit der Herreshoff-Ketch »Tioga«. Die beiden dunkelblauen Yachten der Werft Truly Classic »Little Dragon« und »Princess of Tides« komplettierten die optisch besonders schöne, auffällige Klasse.

Doch auch die großen deutschen Regattayachten waren wieder am Start, oftmals von einer Reederei oder Schifffahrtsagentur für die Wettfahrt gechartert, aber von der regulären Crew mit unterstützt. Mit der »CJ Legend«, »Ospa« und »Illbruck« nahmen drei ehemalige Volvo Ocean Racer, die mit ihrem Tiefgang von zum Teil über 4m nur schwer in den Hafen von Ærøskøbing einlaufen konnten, an dem Rennen teil. Ihre Konkurrenten auf der Regattabahn waren die deutschen Racer »Desna« von Sven Wackerhagen, »Ember Sea« von Dirk Becker, »Outsider« von Tilmar Hansen und die frisch getaufte »Wappen von Bremen« der Segelkameradschaft das Wappen von Bremen (SKWB). Die rote Laterne für das zweitletzte Schiff wurde bei der Siegerehrung an die »Fuzzi« vergeben, das letzte Schiff war dann die »Punta D’Oro«, die sechs Stunden und 49 Minuten nach dem Start die Ziellinie passierte.

»Der besondere Reiz der Schiffahrtsregatta liegt an der Teilnahme von so vielen Vertretern der gesamten maritimen Wirtschaft. Alle sind wasseraffin, sodass mit Ehrgeiz auf den Schiffen gesegelt wird«, so Dieter Gast, Geschäftsführer von Peter Gast Shipping. »Hier treffen Reeder und Schifffahrtskaufleute aufeinander, Schifffahrtsagenten und Investoren. Viele segeln auch privat und kommen mit ihren Schiffen hierher.« Es sei toll zu sehen, was für eine Vielzahl verschiedener Schiffe auf der Regattabahn gegeneinander segele.

Die kleinste Crew bildeten Berthold Brinkmann und sein Sohn Tobias (Brinkmann und Partner), die mit der Pogo 30 »Mariejo« an der Regatta teilnahmen. Ebenfalls mit ihrer Familie starteten Arend Brügge von der Vega Reederei mit seiner »Nathurn IV« und Torsten Conradi, Geschäftsführer des Konstruktionsbüros Judel/Vrolijk und Präsident des Deutschen Boots- und Schiffbauerverbandes, mit seiner »Esta«. Stephan-Andreas Kaulvers, Vorstand der Bremer Landesbank, nahm mit der 50 Fuß großen Yacht »Sanc Souci« an dem Rennen teil. Auf der »hohen Kante« der »Broader View Hamburg« saß Knut Ørbek-Nilssen, Vorsitzender des DNV GL, zusammen mit den jungen Seglern des Hamburgischen Verein Seefahrt (HVS).

»Die Schiffahrtsregatta hat bewiesen, dass sie von der Gemeinschaft der Teilnehmer aus verschiedenen Geschäftszweigen lebt und nicht von perfekten Regattabedingungen«, fasste Christian Gast, Geschäftsführer von Peter Gast Shipping, der an Bord der Segelyacht »Ventus« mitsegelte, zusammen. »Alle haben die Wärme genossen, es war eine super Stimmung, überall wurde gelacht.«

Fester Bestandteil im Programm der Regatta ist das abendliche Get-Together. Bereits am Abend vor dem Start trafen sich zahlreiche Teilnehmer in der Bootshalle der Werft Henningsen & Steckmest in Grauhöft. Viele der hier begonnen Gespräche wurden am Abend in Ærøskøbing wieder aufgenommen. Frank Nägele, Wirtschaftssekretär des Landes Schleswig-Holstein, der an Bord der »Thila« als aktives Crewmitglied dabei war, sagte über diese besondere Mischung der Regatta: »Es wird zusammen gesegelt, geredet, sich ausgetauscht. Ich freue mich, auch in diesem Jahr wieder dabei zu sein.«

Bevor die Segler in dem eigens im Hafen von Ærøskøbing aufgebauten Festzelt zum geselligen Teil der Regatta übergingen, liefen alle zusammen, begleitet von den Klängen des Spielmannszuges aus dem benachbarten Svendborg, durch das pittoreske dänische Hafenstädtchen, wo sie von der Bevölkerung herzlich begrüßt wurden. »Die Schiffahrtsregatta hat in den über drei Jahrzehnten ihres Bestehens einen festen Platz im Veranstaltungskalender der dänischen Kommune und ihren Gästen eingenommen«, so Bürgermeister Jørgen Otto Jørgensen. Für ihn sei diese Regatta eines der größten Ereignisse des Jahres. Es sei etwas ganz Besonderes, sich als Teil einer Gemeinschaft zu fühlen und mit Menschen verschiedener Nationalitäten zusammen zu sein, insbesondere in einer Zeit, in der Europa und die europäische Zusammenarbeit vor großen Herausforderungen stünden.

»Aldebaran«-Kommandant Kenny Søby Jørgensen versicherte, dass die Dänische Heimwehr sich als Partner dieses Events fühle und die Schifffahrtsregatta auch im nächsten Jahr mit der Entsendung eines ihrer Schiffe unterstützen werde. Hamburgs Wirtschaftssenator und passionierter Segler Frank Horch, der bereits mehrfach als Gast die Crew der »Haspa Hamburg« unterstützt hatte, konnte dieses Mal nicht teilnehmen. Das galt auch für das noch nicht von den Olympischen Spielen in Rio zurückgekehrte schnelle rote Schiff des HVS. Horch übermittelte deshalb per Videoaufzeichnung eine Grußbotschaft auf die Monitore im Festzelt. Stattdessen startete Hansa-Treuhand-Chef Hermann Ebel mit seiner »Viktoria« für die Haspa u.a. mit Haspa-Hamburg-Vorstandssprecher Harald Vogelsang und Repräsentanten des HVS sowie des Norddeutschen Regatta Vereins (NRV) an Bord.

Nach der Preisverteilung feierten die Segler zu den Klängen der Band »Max and Friends« bis in die Morgenstunden in der eigens für die Schiffahrtsregatta aufgebauten Pagodenstadt am Hafen. Nach einem gemeinsamen Frühstück im Festzelt nahmen die Schiffe am nächsten Morgen bei deutlich rauheren Witterungsbedingungen mit böigem Wind und Schauern wieder Kurs auf ihre Heimathäfen.

Keine Hilfseinsätze auf dem Wasser gab es in diesem Jahr für das mit einem Rote-Kreuz-Rettungsassistenten als Erste-Hilfe-Schiff eingesetzte schnelle und seetüchtige neue Motorboot von Helge Grammerstorf: Der einzige Unfall ereignete sich bereits unmittelbar vor dem Auslaufen der für Marlinx Ingenieurgesellschaft gestarteten »Mona Lisa« von Olpenitz zur Startlinie vor Schleimünde. Ein weiblicher Gast rutschte beim Betreten des Schiffes auf dem feuchten Deck unglücklich aus und zog sich eine Sprunggelenksfraktur zu. Tapfer hielt die Verletzte während des gesamten Events durch, um am Sonntag die schnelle Rückreise mit der Motoryacht »Bel Air« nach Blankenese anzutreten, wo im Krankenhaus umgehend eine Operation erfolgte.


Jens Meyer