Die Bremer Zeaborn-Gruppe hat die Rickmers-Linie übernommen. Für die Hamburger Reederei war die Trennung von ihrer Schwergut-Sparte offenbar so dringlich, dass sie den Verkauf sogar mit einem »einstelligen« Millionenbetrag versüßt hat. Von Krischan Förster
Die Verträge wurden nach monatelangen Vorgesprächen unterzeichnet, teilte Zeaborn mit. Die 2013 gegründete Reederei setzt damit ihren Expansionskurs fort und[ds_preview] wird endgültig zu einem Schwergewicht in der weltweiten Projektfahrt.
Die Übernahme umfasst das Personal, die Vermögensgegenstände, darunter die Tochtergesellschaften und Niederlassungen der Rickmers-Linie, sowie alle bestehenden Charter-Verträge. Neben dem Geschäft der Rickmers-Linie übernimmt Zeaborn auch den Bunker- und Charter-Broker MCC Marine Consulting & Contracting und Nordana AS. Bertram R.C. Rickmers bleibt »privat« als Minderheitsgesellschafter an der neuen Eigentümergesellschaft beteiligt, heißt es.
»Wir haben keine Perspektive mehr für eine eigenständige Schwergut-Reederei bei uns im Haus gesehen«, sagt CEO Ignace van Meenen gegenüber der HANSA. Angesichts der schwierigen Marktlage mit Überkapazitäten und einem knallharten Wettbewerb um Schwergut- und Projektladung habe man sich entschlossen, alle Kräfte auf die verbleibende Containersparte zu bündeln. »Das wird uns noch genug beschäftigen.«
Zusammen verfügen Zeaborn und die Rickmers-Linie (mit NPC und MCC) künftig über ein Team von fast 200 Mitarbeitern und eine kombinierte Flotte von rund 50 Mehrzweckschiffen mit einer Tragfähigkeit zwischen 7.500 und 30.000 dwt bei einer kombinierten Kran-Hebekapazität von bis zu 700 t.
Nicht zum Paket gehören die acht eigenen und KG-finanzierten Schiffe vom Typ »Superflex« (30.000 dwt). Sie bleiben im Rickmers-Eigentum und werden künftig an Zeaborn verchartert.
Zeaborn, hinter der der Bremer Bauunternehmer Kurt Zech mit 90% der Anteile steht, hatte im vergangenen Jahr die Ahrensburger HC-Gruppe mit 14 MPP-Schiffen übernommen. Zuvor hatten die Bremer eine Kooperation mit Carisbrooke Shipping besiegelt und weitere 16 MPP-Schiffe ins Management übernommen.
Insgesamt zählte die von Bremen aus gesteuerte Flotte vor der Rickmers-Übernahme 34 Einheiten. Zudem ist Zeaborn seit Januar 2015 über eine 50-%-Beteiligung an EMS ConBulk in der Befrachtung aktiv. Erst im Oktober hieß es anlässlich von Neubau-Problemen einer beauftragten Bauwerft von Zeaborn, der Wachstumskurs solle fortgesetzt werden – weitere Beteiligungen und Übernahmen seien denkbar.
»Mit dem Wachstum unserer Flotte standen wir vor der Herausforderung, eine globale Organisation aufzubauen. Insofern war es ein Glücksfall, dass die Rickmers-Linie zur Disposition stand«, sagte Jan Hendrik Többe, geschäftsführender Gesellschafter von Zeaborn.
Zugang zum weltweiten Netzwerk
Neben den Schiffen erhält Zeaborn Zugang zum Rickmers-Netzwerk mit 15 Standorten (siehe Karte), das der Bremer Reederei nach eigenen Angaben bislang fehlte. Neben den globalen Diensten der Linie stelle Nordana (NPC Projects A/S) eine perfekte Ergänzung zum bestehenden Trampgeschäft bei Zeaborn dar, erklärte das Bremer Unternehmen. »In dieser einzigartigen Konstellation können wir noch individuellere und maßgeschneiderte Transportlösungen anbieten«, so Ove Meyer, ebenfalls geschäftsführender Gesellschafter von Zeaborn. Die Rickmers-Linie hatte Nordana selbst erst im Sommer 2016 übernommen.
»Mit Zeaborn haben wir die richtigen Partner, um in der aktuell schwierigen Marktsituation die Konsolidierung der Schwergut-Schifffahrt aktiv zu gestalten«, erklärte Ulrich Ulrichs, CEO der Rickmers-Linie. Die Hamburger Reederei hatte bislang einen starken Fokus auf ihre weltweiten Liniendienste gelegt. Im Zuge der Krise war dieses Geschäft zunehmend schwieriger geworden, weshalb man schon im vergangenen Jahr von einer »Anpassung des Liner-Konzept« gesprochen hatte.
Einen Verlustbringer verkauft
Mit der Rickmers-Linie wurde nun ein Verlustbringer abgestoßen, der seit 2011 fast durchgängig in die roten Zahlen geschippert ist. Insgesamt summierten sich die operativen Verluste (EBITDA) auf –75 Mio. €. In den ersten neun Monaten 2016 schrumpfte der Umsatz um 22% auf 102 Mio. €, das EBITDA lag bei –7,2 Mio. €. Die erzielten Frachtraten seien – auch aufgrund der Größe der Rickmers-Linie – »nicht ausreichend, um die Kosten des Geschäfts der Rickmers-Linie nachhaltig zu decken, sagte Van Meenen. Auch die für eine Flottenerneuerung nötigen Investitionen habe man nicht mehr erwirtschaftet.
Der Verkauf der Rickmers-Linie war womöglich nur der Auftakt für eine umfassende Restrukturierung und Neuausrichtung der gesamten Rickmers-Gruppe. CEO Van Meenen erwartet ein »überaus dramatisches Jahr 2017«.
Rickmers Trust ringt um Zukunft
Die Hamburger Unternehmensgruppe von Bertram Rickmers ist von der anhaltenden Krise weiter schwer gebeutelt, quer durch alle Unternehmensbereiche. Für Schlagzeilen hatte zuletzt vor allem der in Singapur an der Börse gelistete Rickmers Maritime Trust (RMT) gesorgt, der seine Zahlungsunfähigkeit erklären musste und – bis heute ergebnislos – mit den Gläubigern um ein Fortführungskonzept ringt.
Van Meenen hält die denkbaren Szenarien dennoch für »beherrschbar«, ein sukzessiver Abverkauf weiterer Schiffe aus der derzeit noch 16 Schiffe zählenden Flotte sei allerdings möglich. Zuletzt waren die »India Rickmers« und die »Kaethe C. Rickmers« verschrottet worden, um Geld in die Kasse zu bekommen.
Aber auch die in Hamburg verbleibenden Sparten der Rickmers-Gruppe, Maritime Assets (Schiffe) und Maritime Services (Bereederung), leiden unter fallenden Schiffswerten, hohen Wertberichtigungen und schwachen Charterraten. Nach drei Quartalen 2016 hatte die Gruppe einen Verlust von knapp 200 Mio. € bei einem Umsatz von rund 374 Mio. € (-15%) vermeldet.
Ohne die Rickmers-Linie ist ein Problem womöglich gelöst, andere aber bleiben. Nicht nur beim Trust in Singapur. Im Juni 2018 muss die Rickmers Holding nach fünf Jahren Laufzeit eine mit 8,875% verzinste und in Frankfurt gelistete Anleihe zurückzahlen. Die 2013 herausgegebene Anleihe war in den Jahren 2013 und 2014 noch auf insgesamt 275 Mio. € aufgestockt worden.
Frühere Pläne, sich nach einer Restrukturierung mit frischem Geld von den internationalen Finanzmärkten zu »rekapitalisieren«, mussten auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Ebenso gescheitert war im vergangenen Sommer der Versuch, gemeinsam mit E.R. Schiffahrt einen international wettbewerbsfähigen Ship Manager mit einer gemeinsamen Flotte von mehr als 200 Schiffen zu schaffen.
Die Agentur Creditreform hatte das Unternehmensrating für die Rickmers Holding im November 2016 angesichts der Zahlen und negativen Aussichten auf CC (negativer Ausblick) herabgestuft.
Krischan Förster