Als neue Geldgeber in der Schifffahrt treten verstärkt Leasing-Anbieter aus Fernost auf. Sie überholen sogar die über die Exportkreditagentur abgesicherte Bankenfinanzierung in China

Eine wichtige Erkenntnis der letzten Jahre ist, dass die Banken als klassische Finanziers der Schifffahrt die Branche nicht mehr ausreichend[ds_preview] mit Kapital versorgen. Auch das Engagement von privaten Eigenkapital-Investoren konnte keine Abhilfe schaffen. Die Unterversorgung betrifft zunehmend auch große Eigner und Linienreedereien, die immer schwerer auf diesem Weg Zugang zu Kapital erhalten. Auch zunächst beschrittene alternative Wege haben oft nicht die erhoffte Entlastung bewirkt. Die verbleibende Lücke muss weiterhin gefüllt werden. Denn eines steht fest: Auch in Zukunft wird es Schifffahrt geben und es werden auch weiterhin neue Schiffe gebaut, die finanziert werden müssen.

Die alternative Art der Schiffsfinanzierung in Form des Leasings erlebt im asiatischen Raum seit zwei Jahren einen wahrhaftigen Boom. Die Zahlen allein aus China sind beeindruckend. So haben nach einer unlängst veröffentlichten Studie die zehn führenden Leasingunternehmen in China im Jahr 2016 über 11,5Mrd. $ in Leasingtransaktionen investiert. Leasing überholt damit deutlich die über Exportkreditagenturen abgesicherte Bankenfinanzierung in China. Diese Entwicklung kommt nicht von ungefähr.

Seit 2005 schafft die Volksrepublik zunehmend günstige rechtliche Rahmenbedingungen, zuletzt insbesondere im Kontext der »One Belt One Road«-Förderpolitik der Volksrepublik (HANSA 01/2017). Und die chinesische Wirtschaft wächst. Geld ist also verfügbar. Wachstum ist quasi staatlich verordnet.

Da der lokale chinesische Markt stagniert, stellt das internationale Geschäft inzwischen die Mehrheit der Transaktionen dar. Mit sechs oder sieben ist die Anzahl der international relevanten Anbieter derzeit noch überschaubar. Im Portfolio des Marktführers ICBC Financial Leasing machen Containerschiffe und Tanker nur rund 32 % aus, wobei zum Ende Q3 2016 bereits 40 % des Portfolios auf Europa entfiel. Die ersten Transaktionen auf internationalem Parkett im für den deutschen Markt bedeutenden Containersegment reichen ins Jahr 2013 zurück, viele Linienreedereien haben seither einen Ausflug in die neue Finanzwelt unternommen.

Die Transaktionen folgen bekannten Mustern. Die Dokumentation entspricht international üblichen Standards, und regelmäßig wird auch englisches Recht für die Verträge gewählt. Strukturen können maßgeschneidert werden, um Vorgaben der Kunden gerecht zu werden. Zumeist handelt es sich um klassisches Finanzierungsleasing, sowohl von Neubauten wie auch von bestehender Tonnage. Charakteristisch sind lange rechnerische Amortisationszeiten von üblicherweise etwa zwölf Jahren bis zu mehr als 17 Jahren.

Bislang deutlich weniger verbreitet ist das »Operating Leasing«. Dies ist insbesondere für Unternehmen mit direktem Zugang zu Ladung interessant, die für ihr Geschäft nicht notwendigerweise wirtschaftliche Eigentümer der Schiffe sein müssen. So hat CMA CGM kürzlich mit einem Sale- und Lease-Back von acht Containerschiffen über 10.000TEU mit der China Merchants Bank (CMB) Financial Leasing auf »Operating Lease«-Basis auf sich aufmerksam gemacht.

Allen Leasingangeboten gemein ist ein Paradigmenwechsel weg vom Schiffswert hin zum erwarteten Cash Flow. Die Zielgruppe sind daher große Unternehmen mit einer guten Visibilität im Markt, mit einem funktionierenden finanziellen Reporting und Controlling und nicht zuletzt auch mit werthaltigen Langzeitchartern.

Alles spricht dafür, dass chinesische Leasingunternehmen international eine zunehmende Rolle übernehmen werden. Die Zahl der Anbieter steigt. Auch einige große Linienreedereien wie Cosco stehen kurz davor, eigene Leasingableger zu gründen, die vor allem Dritt-Schiffsfinanzierungen im Fokus haben sollen. Liegt der Schwerpunkt derzeit noch beim Finanzierungsleasing, so wird das Operative Leasing künftig noch an Bedeutung gewinnen.

Für Charterreedereien erfordert der direkte Kontakt zwischen Leasinganbieter und Endkunden möglicherweise ein Umdenken. Denn auf Leasingnehmerseite können sie nur dann erfolgreich sein, wenn sie direkten Zugang zu Ladung oder werthaltigen Langzeitchartern haben. Vorteilhafter erscheint der Weg hin zur Kooperation in Form von Joint Ventures mit den neuen Finanziers aus Fernost. Hier kann die deutsche maritime Industrie ihre Markt­erfahrung und Kompetenz im Schiffsbetrieb einbringen, um so dem Endkunden ein komplettes Paket aus gesicherter Finanzierung und Management anbieten zu können. Dies scheint auch die derzeitige Strategie des Marktführers ICBC zu sein, wobei andere folgen werden.

Für westliche Banken bieten sich ebenfalls Opportunitäten. Auch wenn sie über umfangreiche Erfahrungen im Leasinggeschäft verfügen, werden ihnen auf absehbare Zeit im Bereich der Schiffsfinanzierungen weiter die Hände gebunden sein. In der Anfangsphase werden Banken noch von ihrer Marktkenntnis und Kontakten profitieren können, in dem sie als Vermittler für Leasingunternehmen agieren, nicht zuletzt, um eigene Bankkunden mittelfristig zu halten.

Sehr gut vorstellbar ist auch eine Rolle als Finanzier hinter den Leasingunternehmen im zunehmend internationalen Geschäft. Bei großvolumigen Transaktionen könnten die Banken zudem über ihr Netzwerk bei der Ausplatzierung mitwirken. Zuletzt würde der Erfahrungsschatz der langgedienten westlichen Schiffsfinanzierer, insbesondere auch aus schlechten Zeiten, dem Leasinggeschäft sicher zugute kommen.

Autoren:

Sami Chowdhury, Partner, Ince & Co Germany LLP, Sami.Chowdhury@incelaw.com

Jan Hungar, Managing Partner, Ince & Co Germany LLP

Sami Chowdhury, Jan Hungar