Die Lobeshymnen auf den alternativen Kraftstoff LNG wollen (und werden wahrscheinlich) nicht so schnell verklingen. Doch fast scheint es, als[ds_preview] könnte dem Flüssiggas in einigen Segmenten der Rang abgelaufen werden – von Batterie- oder Hybrid-Lösungen.
Während Politik und Zulieferer nicht müde werden, die immensen Errungenschaften von Flüssiggas anzupreisen, hapert es auf der Nutzer- und Anbieterseite noch immer. Reeder verlassen sich aus Kostengründen weiter überwiegend auf Schwer- und Dieselöl, an der Küste kommt der Aufbau der LNG-Bunker-Infrastruktur höchstens »schleppend« voran. Von der nötigen Regulierung ganz zu schweigen, wie das Schicksal der Bunker-Barge »Hummel« von Becker Marine Systems im Hamburger Hafen zeigt. Im Unternehmen sucht man aus Frust bereits nach alternativen Standorten.
Im Batterie- und Elektroantriebsegment scheint es hingegen besser voranzugehen. Zugegeben, noch sind die Kapazitäten solcher Anlagen relativ begrenzt und für große transozeanische Fahrten nicht ausreichend. Auch muss für derartige Projekte ebenfalls eine entsprechende Lade-Infrastruktur an Land gebaut werden.
Aber dennoch, das Gedankenspiel sei erlaubt: Was wäre, wenn Hybridtechnologien das Dual-Fuel-Heilsversprechen nach und nach verdrängen oder zumindest in der Attraktivität gleichziehen? Wenn neben »LNG ready« auch die Bezeichnung »Battery ready« immer häufiger auftaucht?
Ein Anfang ist schon vor längerer Zeit gemacht worden, nicht zuletzt durch den vielfachen Einsatz von dieselelektrischen Anlagen auf Offshore- und Fährschiffen. 2015 kam die erste, komplett batteriebetriebene Fähre »Norled« in Fahrt. Und die Technologie entwickelt sich in großen Schritten weiter. Während die Batteriesysteme leistungsfähiger werden, sinken gleichzeitig die Kosten. Wir beleuchten den Markt in dieser Ausgabe mit einem eigenen Schwerpunkt.
Gewiss liegt der Fokus der Batterie-Branche noch immer auf kleineren Schiffen, vor allem im Fährsegment. Allerdings: Langsam aber sicher stoßen die Entwickler in neue Größen- und Schiffssegmente vor: Kreuzfahrtfähren – man denke an Color Line oder Hurtigruten –, Expeditionsschiffe, Küstenschutzeinheiten, Polarforschungs- und Offshoreschiffe. Auch in der Handelsschifffahrt wird jetzt mit einem Chemikalientanker ein Neubau mit Batterietechnologie zur Unterstützung an Bord ausgerüstet.
Wer weiß, wo diese Entwicklung hinführt? So könnte der Hoffnungsträger LNG zumindest mittel- oder langfristig eingeholt (oder sogar abgelöst?) werden …
Wahrscheinlich ist es noch ein wenig zu früh dafür, angesichts der krisenbedingten Finanzprobleme in der Reedereigemeinde. Irgendwann muss die Erholung aber ja kommen. Üben wir uns also in Zweckoptimismus: Warum nicht auch mal die Wahl haben können?
Michael Meyer