Es ist nicht einmal zwei Jahre her, da träumte Bertram Rickmers von einem Gang an die New Yorker Börse, um frisches Kapital von internationalen Investoren einzuwerben. Doch jäh sind alle Hoffnungen zerstoben. Die traditionsreiche Reederei hat Insolvenz angemeldet. Von Krischan Förster
Am Ende hat die HSH Nordbank den Stecker gezogen. Entgegen den Erwartungen der Reederei-Spitze konnte der Risiko-Vorstand der[ds_preview] Bank, die rund 700Mio. € Außenstände bei Rickmers hat, keine »wirtschaftliche Perspektive« entdecken und zog die Zustimmung zur Restrukturierung wieder zurück.
Damit war die Reederei nicht mehr in der Lage, die am 21. Juni fällige Zinszahlung in Höhe von 24,4Mio. € auf die 275-Mio.-Anleihe zu leisten. Bertram Rickmers, bis dahin alleiniger Aktionär des börsennotierten Unternehmens, hat seinen Posten als Chef des Aufsichtsrates verloren, dazu wurde CEO Ignace Van Meenen geschasst.
Das Sagen haben jetzt Insolvenzexperten: Der Fachanwalt Christoph Morgen aus der Kanzlei Brinkmann & Partner rückt als Chief Insolvency Officer in den Vorstand der Rickmers Holding ein. Rechtsanwalt Jens-Sören Schröder von der Kanzlei Johlke Niethammer & Partner wurde vom Amtsgericht Hamburg zum vorläufigen Sachwalter bei dem von der Reederei beantragten »Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung« bestellt. Schröder hat zuvor unter anderem die Baumarktkette Max Bahr und etliche Ein-Schiffsgesellschaften abgewickelt.
Der Insolvenzantrag beziehe sich nur auf die Holdinggesellschaft, teilte Rickmers mit. Die operativen Tochtergesellschaften – insbesondere die Rickmers Shipmanagement in Hamburg und Singapur – würden regulär weiter arbeiten. Der Geschäfts- und Schiffsbetrieb ist also vorerst nicht betroffen. Die Gruppe besitzt oder managt zurzeit rund 114 Schiffe und beschäftigt mehr als 2.000 Mitarbeiter, darunter 500 an Land.
Das gescheiterte Sanierungskonzept sah vor, dass Firmengründer und Alleinaktionär Bertram Rickmers rund 30Mio. € zur Rettung aus seinem Privatvermögen hätte zahlen und 75,1% seiner Anteile an ein neues Finanzvehikel namens »LuxCo« in Luxemburg übertragen müssen. Bei der LuxCo sollten Bankkredite und auch die Anleiheschulden gebündelt werden. Über einen späteren Verkauf an einen Investor – innerhalb der nächsten drei Jahre – hätten die Gläubiger zumindest einen Teil ihres Geldes zurückerhalten können.
Rickmers ist, wie alle deutschen Reedereien, mit der weltweiten Finanzkrise ab 2008 und dem folgenden Ratenverfall in der Schifffahrt in größte Schwierigkeiten geraten. Das Traditionsunternehmen wollte den Markteinbrüchen und den finanziellen Engpässen mit frischem Geld privater Investoren entfliehen.
Daher wurde 2013 die Unternehmensanleihe in Höhe von insgesamt 275Mio. € platziert, versehen mit einem für die Anleger höchst attraktiven Coupon von 8,875%. Die Rückzahlung 2018 sollte aus einem Börsengang finanziert werden, der jedoch Anfang 2016 abgesagt werden musste. Damit war auch diese erhoffte Geldquelle versiegt, stattdessen wurden die Schulden immer größer. Allein im vergangenen Geschäftsjahr machte die Firmengruppe einen Verlust von 341Mio. €.
Anders als von Bertram Rickmers und seinem Vorstand erhofft oder sogar erwartet, war die Reederei aus Sicht der HSH Nordbank keinesfalls »too big to fail«. Und die 30 Mio. € aus dem Privatvermögen des Firmengründers und Alleinaktionärs reichten für eine Sanierung auch nicht aus. »Da hätte weit früher etwas passieren müssen«, heißt es. Die Insolvenzexperten und der neue Vorstand um Finanzchef Mark-Ken Erdmann müssen nun einen Investor für das angeschlagene Unternehmen finden.
Bertram Rickmers ist einer der Grand Seigneurs der Hamburger Szene. Die Familie ist schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Reederei- und Werftengeschäft tätig, erst auf Helgoland, später in Bremerhaven, dann in Hamburg. Der Branchendienst Alphaliner listet die Rickmers Group auf Position 8 unter den größten Tramp-Reedern mit 69 eigenen Schiffen und einer Kapazität von 352.000 TEU. Davor rangieren aus Deutschland Peter Döhle (4) und Claus-Peter Offen (6), dahinter auf den Plätzen 11 bis 14 die NSB, E.R. Schiffahrt, die Norddeutsche Reederei H. Schuldt und die Schulte Group.
Spätestens seit einem Jahr zerfällt das Imperium in rasantem Tempo. Nach der gescheiterten Kooperation mit Bruder Erck und dessen E.R. Schiffahrt, dem Verkauf der Rickmers-Linie an die Bremer Zeaborn-Gruppe zu einem »negativen Verkaufspreis« und der Abwicklung des zahlungsunfähigen Rickmers Maritime Trust (RMT) in Singapur sollte wenigstens das Hamburger Stammhaus gerettet werden. Ob dies nun noch gelingen kann, bleibt abzuwarten.
Krischan Förster