Die Hamburg Port Authority (HPA) bündelt die Behördenschiffe unter dem Dach des neuen Unternehmens Flotte Hamburg. Im HANSA-Interview spricht Karsten Schönewald, Mitglied der Geschäftsführung, über Beweggründe und Auswirkungen

Zum 1. Juli hat die HPA das Flottenmanagement für alle Behördenschiffe im Hamburger Hafen übernommen. Seit wann gab es[ds_preview] diese Überlegung?

Karsten Schönewald: Die Geburtsstunde geht auf das Jahr 2014 zurück. Die Stadt Hamburg hatte Bedarf, die Flotte der Feuerlöschboote zu erneuern. Daraufhin wurden sich Gedanken über Alternativen bei der Finanzierung gemacht. So reifte die Idee, dass die HPA in die Finanzierung einsteigen könnte. Die Überlegung bestand darin, dass wir das Boot finanzieren, bereedern und über viele gestaffelte Raten an die Stadt verchartern. Dadurch hat die Stadt eine hohe Planungssicherheit und jährlich gleichbleibende Kosten. Das setzt aber voraus, dass uns das Schiff gehört und wir es bereedern. Diese Gedankenspiele wurden auf die anderen städtischen Flotten übertragen.

Wie viele Schiffe umfasst die neue Flotte jetzt?

Schönewald: Zu den insgesamt 27 Schiffen, den vier schwimmenden Geräten sowie den 40 Schuten der HPA kommen drei Feuerwehrschiffe, elf Einheiten der Polizei und fünf des Landesbetriebs Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) hinzu, sodass die Zahl der Schiffe auf 50 anwächst.

Was sind die Vorteile eines solchen Flottenmanagements aus einer Hand?

Schönewald: Die Idee ist es, dass Feuerwehr, Polizei, LSBG und HPA Kunden der Flotte Hamburg werden, die alle Schiffe bereedert. Es werden aber nicht nur die Flotten zusammengelegt, sondern es gibt auch eine technische Neuausrichtung. Das Modell sieht ein übergreifendes Pooling vor, bei dem alle Schiffe multifunktional genutzt werden können. Jeder Kunde kann also auf fast jedes Schiff zugreifen. Theoretisch ist es also denkbar, dass Polizeiboote im Lotsenversetzdienst eingesetzt werden. Es geht primär darum, sich gegenseitig auszuhelfen und die Flotte besser auszulasten, um Neubeschaffungen zu reduzieren. Dies setzt aber eine Multifunktionalität der Schiffe voraus.

Gilt das wirklich für alle Schiffe?

Schönewald: Eine Ausnahme ist das große Feuerlöschboot »LB 40«, das gerade bei der Fassmer Werft gebaut wird und ausschließlich der Feuerwehr vorbehalten ist. Die beiden baugleichen kleineren Einheiten, die derzeit in Planung sind, sind dagegen multifunktional. Eines davon wird ständig für die Feuerwehr fahren, das andere unter anderem Brücken prüfen. Die Multifunktionalität ermöglicht einen Austausch beider Schiffe, wenn beispielsweise eines einen Werftaufenthalt hat. Umgekehrt kann sich die Feuerwehr bei einem Einsatz bei uns melden. Unsere Besatzung würde das Schiff dann verlassen und Platz für die Feuerwehr-Besatzung machen. Dadurch wird ein Schiff eingespart.

Wie ist das Durchschnittsalter der neuen Flotte?

Schönewald: Das ist pauschal schwer zu sagen. Die Eisbrecher- und Schlepper-Flotte ist relativ jung, denn wir haben erst kürzlich vier Neubauten in Betrieb genommen. Die Lotsenversetzer sind auch noch relativ neu, zwei davon wurden 2008 und 2012 gebaut. Manche Transport- und Inspektionsschiffe sind dagegen schon aus den siebziger Jahren, aber teilweise remotorisiert.

Ist ein Abbau der Flotte geplant?

Schönewald: Das ist mittelfristig das Ziel. Die Schiffe sind derzeit aber alle noch in einem guten Zustand, sodass aktuell lediglich bedingt Handlungsbedarf besteht. Wir wollen dennoch die Flotte reduzieren und nach und nach verjüngen. Nachdem die Einheiten der Feuerwehr ersetzt worden sind, sollen die der Polizei folgen.

Wie ist das neue Unternehmen personell aufgestellt?

Schönewald: Wir haben etwa 145 Mitarbeiter der HPA, die für die Flotte tätig sind. Als bisheriger Leiter des Flottenmanagements werde ich auch Mitglied der Geschäftsführung der Flotte Hamburg. Am 1. August 2017 übernimmt zudem Christopher Braun den Vorsitz der Geschäftsführung. Außerdem sollen voraussichtlich drei Mitarbeiter in der Verwaltung hinzukommen. Das ist in diesem begrenzten Umfang möglich, da alle Schiffe von Feuerwehr, Polizei und LSBG in Bareboat-Charter laufen, im Gegensatz zu den ehemaligen HPA-Schiffen. Wir müssen also kein zusätzliches Personal aufbauen, um diese Schiffe zu besetzen, aber auch keines abbauen.

Welche Ziele verfolgt die Flotte Hamburg?

Schönewald: Wir wollen der Ansprechpartner für die Stadt Hamburg sein, zuverlässig, transparent und kostengünstig. Darüber hinaus treiben wir die Digitalisierung voran und verfolgen nachhaltig das Thema Emissionssenkung/Grüne Flotte.

Wie wollen Sie die Flotte möglichst umweltfreundlich betreiben?

Schönewald: Mit dem Beschluss zum Flottenmanagement gab es auch einen Bürgerschaftsbeschluss, dass die städtische Flotte emissionssenkende Technologien vorantreiben soll. Dafür haben wir zusammen mit dem DNV GL ein Fünf-Säulen-Konzept entwickelt: Die erste Säule ist mit »Innovativen Kraftstoffen« überschrieben. Damit ist in erster Linie GTL gemeint, aber auch HVO-Biodiesel. Die zweite Säule trägt den Titel »Abgastechnik«. Hier beschäftigen wir uns mit Stickoxid-Katalysatoren und Dieselpartikelfiltern bei Neubeschaffungen. Unser Anspruch ist es, dass alle Neubauten mindestens einen Stickoxid-Katalysator und Dieselpartikelfilter an Bord haben. Die dritte Säule hat das Thema »Abgastechnik als Nachrüstlösung«. Wir prüfen für die ganze Flotte Möglichkeiten für die Nachrüstung von Stickoxid-Katalysatoren und Dieselpartikelfiltern. Die vierte Säule heißt »Innovative Antriebskonzepte«. Für die beiden kleineren, in Planung befindlichen Feuerlöschboote gibt es bereits Überlegungen für einen Dieselhybrid-Motor, mit dem man auch elektrisch fahren kann. Wenn die Batterien mit Landstrom aufgeladen werden könnten, wäre man sogar komplett emissionsfrei. Wir haben auch die Vision, eine Barkasse vollelektrisch auszurüsten. Die fünfte Säule widmet sich dem »Emissionsarmen Schiffsbetrieb«.

Mit welchen Kosten rechnen Sie bei den technischen Neuerungen?

Schönewald: Solche Technologien sind nicht billig. Allein die Mehrkosten der Abgasnachbehandlung beim »LB 40« liegen im siebenstelligen Bereich. Es ist immer ein Abwägen von Kosten und Nutzen. Auch wenn solche Technologien viel Geld kosten, werden wir uns trotzdem der Herausforderung stellen. Wir versuchen einen Teil der Mehrkosten auszugleichen, indem wir größere Mengen an Bunker ausschreiben. Eine 50 Einheiten umfassende Flotte ist auch für Großhändler interessant, die entsprechende Rabatte gewähren. Zudem rechnen wir durch das neue Flottenmanagement mit einer besseren Auslastung unserer Werft. Auch das spart Kosten.

Seit Anfang des Jahres fährt die gesamte Flotte ehemaliger HPA-Schiffe mit GTL. Wann ist das auch für die neuen Einheiten vorgesehen?

Schönewald: Bei den Schiffen der Polizei und Feuerwehr beginnen wir gerade mit der Umsetzung, denn die gesamte Flotte soll mit GTL betrieben werden. Es gibt nur wenige Ausnahmen, bei denen es noch technische Herausforderungen gibt. Die Umstellung bewirkt 10% weniger Stickoxid-Ausstoß gegenüber dem Lkw-Diesel, den wir zuvor gefahren haben, zudem verringert sich die Partikelmasse um 50%. Was wir aktuell nicht weiter verfolgen, ist ein Antrieb mit LNG, da es für diesen bei Binnenschiffen im Hafen große technische Hürden gibt, und es aus unserer Sicht gleichzeitig bessere Alternativen gibt.


Interview: Thomas Wägener