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Die Schifffahrtskrise geht auch an der kaufmännischen Ausbildung nicht spurlos vorbei. Dennoch bleibt die Ausbildung zum Schifffahrtskaufmann als Einstieg in die Branche gefragt. Das deutsche Ausbildungsmodell erweist sich als Standortvorteil

Rund 4.000 Schifffahrtskaufleute sind derzeit laut der Vereinigung Hamburger Schiffsmakler und Schiffsagenten (VHSS) bei Hamburger Linienagenturen, Befrachtungsmaklern, Klarierungsagenten sowie An[ds_preview]- und Verkaufsmaklern angestellt. Weit mehr als die Hälfte aller deutschen Schifffahrtskaufleute absolvieren ihre Ausbildung an der Elbe. Im vergangenen Jahr wurden trotz der anhaltenden Schifffahrtskrise deutschlandweit insgesamt 306 Ausbildungsverträge abgeschlossen, davon 184 in Hamburg.

Hamburg bietet laut VHSS-Geschäftsführer Alexander Geisler aufgrund der vielen Unternehmen Schifffahrtskaufleuten in einem schwierigen Marktumfeld weiterhin gute Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten. »Wir stellen fest, dass die Ausbildungszahlen seit Jahren in Deutschland insgesamt rückläufig sind. In den Boom-Jahren vor der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise, die sich auch auf die Schifffahrt auswirkte, wurde in der Branche überproportional ausgebildet. Die derzeitigen Ausbildungszahlen pendeln sich nun auf eine stabile, an die Nachfrage angepassten Größe ein«, sagt Geisler.

Auch wenn es nach seiner Auffassung derzeit kein grundsätzliches Problem bei der Nachwuchsfindung gibt, stellt er doch interessante Entwicklungen fest. So verfügten nahezu 90% der Auszubildenden inzwischen mit einer Fachhochschulreife oder der allgemeinen Hochschulreife über eine sehr gute Qualifikation. Diese auch im Vergleich mit anderen Berufen sehr hohe Einstiegsqualifikation verdeutliche die hohen Ansprüche der Ausbildungsbetriebe. »Diese gute Eingangsqualifikation ist positiv zu sehen, bedeutet aber auch, dass für viele die Ausbildung ›nur‹ der erste Schritt im Rahmen einer weitergehenden Berufsausbildung ist und nach der Ausbildung oft das Unternehmen für ein Studium oder eine andere Ausbildung verlassen wird«, sagt Geisler. Inzwischen hätten zahlreiche Unternehmen auf diese Entwicklung reagiert und bieten geeigneten Kandidaten Weiterbildungsmöglichkeiten mit dem Ziel einer längerfristigen Bindung an.

Bei der Abwägung Bachelor vs. Ausbildung sei zu berücksichtigen, dass die Azubis aufgrund ihrer Praxiserfahrung für Unternehmen grundsätzlich wertvoller seien. »Der Bachelor bietet den Anschein einer akademischen Ausbildung. Für die Zukunft der dualen Ausbildung in diesem Land wären die Unternehmen gut beraten, ihre Karrierewege gleichermaßen auch den ausgelernten Azubis zu öffnen«, so Geisler.

Vor dem Hintergrund abnehmender Schulabgängerzahlen nimmt der Wettbewerb um Bewerber mit anderen Branchen zu. »Um geeignete Kandidaten zu gewinnen, ist es mittlerweile notwendig, dass die Ausbildungsunternehmen stärker auf sich und ihr Betätigungsfeld aufmerksam machen und den Frauenanteil, der inzwischen um die 40 bis 50% pendelt, noch weiter ausbauen«, sagt Geisler. Azubis würden derzeit nicht aktiv im Ausland angeworben. »Vereinzelt finden aber welche von alleine den Weg nach Deutschland. Schwierigkeiten ergeben sich, weil die Unterrichtssprache in den Berufsschulen Deutsch ist.«

Internationaler Standortvorteil

Die Schifffahrtsbranche rechnet weiterhin mit einem stabilen Bedarf an gut ausgebildeten Schifffahrtskaufleuten. Auch mitten in der Krise gibt es für die Absolventen immer noch gute Übernahme- oder Weiterbeschäftigungschancen.

Zudem genießt dieser Ausbildungsberuf wegen seiner hohen Qualität international einen guten Ruf und es ergeben sich daher für junge ausgelernte Schifffahrtskaufleute auch Möglichkeiten im Ausland zu arbeiten. Geisler: »Eine dem deutschen Ausbildungsmodell vergleichbare Ausbildung gibt es in anderen Ländern nicht. Daher sehen wir in der Ausbildung der jungen Schifffahrtskaufleute an der Staatlichen Handelsschule Berliner Tor, der Berufsschule für Schifffahrt, einen nicht zu unterschätzenden Standortvorteil, den es zu erhalten gilt.« Die Ausbildung sei dabei schon sehr international. Die Berufsschule sowie einige Firmen böten Reisen und Austausche ins Ausland an.

Von der Verfügbarkeit einer qualifizierten Mitarbeiterschaft profitieren auch die ausländischen Reedereien, von denen nicht wenige ihre Europazentralen in Hamburg angesiedelt haben oder von der Elbe aus ihre Vertretungen in anderen Häfen, zum Beispiel in Rotterdam, steuern.