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Im HANSA-Interview spricht Ljubo Jurisevic, Geschäftsführer von Evac Germany, über die Rechtslage bei der Abwasserbehandlung, Produktentwicklungen und die Vorteile, die durch die Übernahme von Deerberg-Systems entstanden sind

Welche technischen Neuerungen gibt es bei der Abwasser/Abfallbehandlung?

Jurisevic: Wir bieten zwei biologische Abwasserreinigungsverfahren an[ds_preview], zum einen den MBR (Membran Bio Reactor), der für kleinere Kreuzfahrtschiffe geeignet ist, und den MBBR (Moving Bed Biofilm Reactor) für größere Einheiten. Beide Technologien sind nach MEPC 227 (64) zertifiziert. Diese Richtlinie wird ab dem 1. Juni 2019 für neue Kreuzfahrtschiffe und für vorhandene ab dem 1. Juni 2021 verbindlich. Das Abwasser der Kreuzfahrtschiffe wird inzwischen so gut aufbereitet, dass die Einleitwerte teilweise besser sind, als die von kommunalen Kläranlagen.

Was kann die Technik leisten? Wie viel Eigenverantwortung liegt bei der Crew?

Jurisevic: Die heutigen Anlagen sind sehr kompakt gebaut und müssen in der Lage sein, die schwankende organische Verschmutzung, die viel höher ist als die einer vergleichbaren kommunalen Kläranlage, zu reinigen. Die Verantwortung der Seeleute ist in jedem Fall höher als vor zehn oder 15 Jahren, da auch die Technik komplexer geworden ist und somit mehr Betreuung erfordert. Heutzutage ist es wichtig, geeignetes Personal zu haben, das den Prozess versteht und in der Lage ist, ihn zu managen, sowie Analysen durchzuführen.

Welche Technologien werden derzeit am meisten gefragt?

Jurisevic: Auf den großen Kreuzfahrtschiffen wird unsere MBBR-Technologie installiert. Immer mehr im Kommen ist darüber hinaus der Bereich Luxus- und Expeditionskreuzfahrten. Hier wird vor allem unsere MBR-Anlage eingebaut, da sich diese Technologie aufgrund ihrer Kompakteinheit und dem geringen Platzbedarf, eher für kleinere Schiffe eignet.

Evac war einer der ersten Anbieter, der seine Lösungen nach MEPC 227 (64) zertifizieren ließ. Doch nicht nur auf Neubauten kommen unsere Produkte zum Einsatz, sondern auch als Retrofit-Lösung.

Sie konzentrieren sich stark auf den deutschen Markt. Welche Werften sind damit genau gemeint und wie sind die Abläufe?

Jurisevic: Wir als deutsche Niederlassung fokussieren uns vor allem auf die Meyer Werft und die MV Werften. Hier partizipieren wir auch mit unserer Evac Complete Cleantech Solution, die u.a. auf den Genting-Neubauten eingebaut wird. Neben der Abwasseraufbereitung schließt diese Lösung Vacuumtoiletten ein, die pro Spülung bis zu 9 l weniger Wasser verbrauchen als herkömmliche Schwerkrafttoiletten. Weiter zählen dazu auch die komplette Nass- und Trockenabfallentsorgung sowie die Frischwasseraufbereitung mittels Umkehrosmose.

Sie decken also mit Ihren Produkten die komplette Ver- und Entsorgung ab?

Jurisevic: Richtig, da es viele Schnittstellen zwischen den einzelnen Systemen gibt, ist es sinnvoll, so etwas aus einer Hand anzubieten. Durch unser integriertes Komplettsystem reduzieren wir die Komplexität. Wenn Anlagen desselben Herstellers miteinander kommunizieren, wird das Prozessrisiko für Werften und auch Reedereien verringert und die Prozesse optimiert.

Welche Märkte sind noch interessant?

Jurisevic: Uns interessieren zusätzlich die großen Werften in Finnland, Frankreich und Italien, die ebenfalls viele große Kreuzfahrtschiffe in den Orderbüchern haben. Dazu zählen beispielsweise Meyer Turku, Fincantieri oder auch STX France. Diese Kunden werden von EVAC Finnland betreut. Darüber hinaus gibt es viele kleinere Werften in Spanien, Portugal oder Norwegen, die Luxus- oder Expeditionsschiffe bauen. Das ist ein neuer Markt.

Wie fällt Ihr Zwischenfazit nach der Deerberg-Übernahme aus? Hat die Übernahme ihre Marktposition gestärkt?

Jurisevic: Deerberg war der Marktführer bei der Nass- und Trockenmüllaufbereitung für Kreuzfahrtschiffe. Mit diesen Produkten können wir nun auch den großen Kreuzfahrtschiffen die Complete Cleantech Solution anbieten. Die Übernahme war somit ein wichtiger strategischer Schachzug, um den Werften ein großes Gesamtpaket zur Verfügung zu stellen.

Planen Sie Expansionen?

Jurisevic: Wir wachsen mit dem Markt und haben deshalb einen sehr großen Auftragsbestand. Um die Aufträge termingerecht abzuwickeln, wollen wir uns in Deutschland mit neuen Mitarbeitern in den Bereichen Service, Aftersales und Projektmanagement verstärken.

Ein wichtiges Thema ist zudem die Digitalisierung. Wir wollen einen Service anbieten, der die Seeleute unterstützt und beschäftigen uns aktuell mit Lösungen zur Fernwartung, bei der wir uns von hier aus die Prozessparameter ansehen können. Vor anderthalb Jahren haben wir hier die ersten Aufträge erhalten. 2018 rechnen wir damit, dass die ersten Kreuzfahrtschiffe mit einer solchen Technik an Bord, auf den Markt kommen werden.

Interview: Thomas Wägener
Thomas Wägener