Man stelle sich vor, einer der beliebtesten deutschen Alltagsphilosophen, Lothar Matthäus, sollte hier für die HANSA die gescheiterten Jamaika-Sondierungen[ds_preview] in Berlin kommentieren – einfach weil es so schön passt. Sein schon berühmtes »Wäre, wäre, Fahrradkette« wäre duchaus ein Treffer.
Wären die potentiellen Koalitionspartner sachlicher vorgegangen und wären mehr alte (Personal-)Zöpfe abgeschnitten worden, und wäre es schlussendlich zu einer Einigung gekommen, wäre für die maritime Branche einiges drin gewesen. Vor allem die vordergründig schwierige Paarung Gelb-Grün kann man sich nämlich als durchaus brauchbar vorstellen.
Dass die Schifffahrt einerseits viel Potenzial, andererseits aber auch noch Luft nach oben hat, wenn es um ökologisch-effiziente Entwicklungen geht, ist nicht nur für »traditionelle« Kritiker unbestritten. Ein grüner Trumpf.
Gleichzeitig mangelt es hierzulande an so mancher Stelle noch immer an der Bereitschaft – und ja, an anderen Stellen auch an der finanziellen Fähigkeit – technologische Innovationen voranzutreiben und tatsächlich umzusetzen. Und zwar nicht nur, aber auch im weiten Feld der Digitalisierung. Dabei muss man konstatieren, dass es oft an den politisch-regulativen Rahmenbedingungen hapert. Hier hätte die FDP einiges zu bieten.
Kombiniert man nun gelbe Innovationsförderung und grüne Technologien, lässt sich schnell das Potenzial einer politischen Konstellation erkennen, bei der Grüne und FDP gemeinsam verkrustete Strukturen aufzubrechen versuchen. Die Betonung ideologischer Grundwerte wäre dann nicht nur nicht-hinderlich, sondern im Idealfall sogar förderlich. Auch angesichts der Tatsache, dass den Grünen in den Sondierungen der größte »Machthunger« bescheinigt wurde und sie wohl am ehesten zu weiteren Kompromissen bereit gewesen wären.
Ein weiterer Punkt: das Planungsrecht. Die Gelben wollen Bürokratie abbauen, die Grünen wollen frühzeitig ökologische Aspekte einbringen, so dass man nicht nachträglich jahrelang über Artenschutz bei großen Infrastrukturprojekten wie der Elbvertiefung oder Offshore-Windparks streiten muss.
Aber nun gut, die Chance wurde für den Moment nicht genutzt. Matthäus` Kommentar: »Ein Wort gab das andere – wir hatten uns nichts zu sagen«. Der Versuch, den einen Schuldigen zu identifizieren ist so sinnvoll wie der, die SPD direkt nach der Wahl stärker in eine (Mit-)Verantwortung zu ziehen.
Nun also doch wieder eine Große Koalition? Wohlmöglich sogar erneut mit einem bayrischen Verkehrsminister nach Ramsauer und vor allem Dobrindt, der – auch nach eigenen Andeutungen im Hintergrund – so gut in die maritime Welt zu passen scheint wie ein Krabbenfischer auf die Bühne eines Oktoberfestzelts? Das Hafenmodernisierungsprogramm IHATEC war eher digitaler Beifang als maritime Betonung in der ministeriellen Praxis.
Es bleibt zu hoffen, dass es die maritime Branche dieses Mal besser trifft. Für sich selbst und für die vielen von ihr abhängigen Bereiche in Wirtschaft und Gesellschaft – für den maritimen Standort Deutschland insgesamt. Der Franke Matthäus dazu: »I hope we have a little bit lucky«. Amen.