Die großen europäischen Konkurrenten des Hamburger Hafens ziehen beim Umschlag davon, während dieser an der Elbe stagniert. Der Hafen setzt derweil auf gute Hinterlandverbindungen, hier gibt es noch Potenziale

Mit einem stabilen Ergebnis habe man gerechnet, erklärte der Vorstand von Hamburg Hafen Marketing (HHM) bei der Präsentation für die[ds_preview] ersten neun Monate des Jahres 2017. Der Seegüterumschlag belief sich auf 104,3Mio.t (-0,5%). Der Containerumschlag befindet sich mit 6,8Mio. TEU wieder auf Wachstumskurs (+0,4%). Der Massengutumschlag blieb mit 34,1Mio.t indes knapp unter dem Vorjahreswert (-1,0%). Stabil war das Ergebnis auch angesichts der Rahmenbedingungen – Umstrukturierungen von Containerlinien-Allianzen, Schließung des Buss-Terminals, Personalknappheit beim Zoll, Tiefgangsbeschränkungen auf der Elbe.

Stabil kann aber auch als Stagnation interpretiert werden. Denn sichtbar fällt Hamburg mit den jüngsten Zahlen hinter den Wettbewerbern Rotterdam (+10% in TEU) und Antwerpen (+3% in TEU) zurück.

Wichtig bleibt für den Hafen der Hinterlandverkehr. Von Januar bis September wurden in Hamburg 34,4Mio.t auf bzw. von der Bahn umgeschlagen, 2,9% weniger als im Vorjahreszeitraum. In Standardcontainern gemessen gab es mit 1,76Mio. TEU einen Rückgang um 2,0%. Im dritten Quartal wurden dafür etwas mehr als 611.000 TEU per Eisenbahn transportiert – ein Rekordergebnis. Gegenüber dem zweiten Quartal war das ein Plus von 8,8%. Damit liegen die Bahnverkehre nun wieder auf dem Niveau von 2015 (2016: 1,8Mio. TEU). Um mehr Bahnladung zu bekommen, würden derzeit unter anderem intensive Gespräche mit der neuen Regierung in Nordrhein-Westfalen geführt, so HHM-Vorstand Ingo Egloff. Viele Regionen dort seien ohnehin eher nach Norden als zu den Westhäfen hin ausgerichtet, davon wolle man profitieren.

Probleme bei Straßentransporten

Neben der Konkurrenz aus dem Westen kostet aber auch die Infrastruktur den Hafen Ladung. So lag der nicht-containerisierte Stückgutumschlag in den ersten neun Monaten mit insgesamt 1,1Mio. t (-9,4%) deutlich unter dem Vorjahresergebnis. HHM-Vorstand Axel Mattern sieht neben dem Trend zur Containerisierung die schlechte Erreichbarkeit Hamburgs per Schwertransport über die Straße als einen der Gründe: »Sie haben heute schon Probleme, ein 40t-Stück per Lkw nach Hamburg zu bekommen. Insgesamt leiden die deutschen Seehäfen unter der schlechten Erreichbarkeit per Straße.« Zwar sei das »natürliche Mittel« für den Transport sperriger oder schwerer Lasten das Binnenschiff, dennoch müssten Straßen ertüchtigt werden, schließlich kämen 30% des Ladungsaufkommens aus der Region. Da sei der Lkw oft das geeignete oder einzige Transportmittel.

Im Modal Split waren im vergangenen Jahr 43,2% der Hinterlandtransporte auf die Bahn entfallen, 2% aufs Binnenschiff, der Rest auf den Lkw, also mehr als die Hälfte. »Mit 2% Containeranteil beim Binnenschiff ist sicher noch viel Luft nach oben«, meint Egloff. Hier liegt ihm vor allem die Verlässlichkeit der Transporte im Elbehinterland auf Elbe-Seitenkanal und Oberelbe am Herzen. »Beim Thema Schiffshebewerk Scharnebeck sind wir aber jetzt auf einem guten Weg, die Planungskapazität der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) ist kein Problem mehr.« 15 der 17 neu geschaffenen Stellen beim zuständigen Amt seien mittlerweile besetzt, so Egloff. Das Schiffshebewerk soll einen größeren Trog bekommen, um auch Großmotorgüterschiffe und Schubverbände aufnehmen zu können, die Voraussetzung für den wirtschaftlichen Transport von Containern per Binnenschiff. Im Jahre 2021 soll laut WSV das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen sein.

Die Zahlen für den Binnenschiffsumschlag liegen den HHM-Verantwortlichen noch nicht vor, sie werden immer erst zum Gesamtjahr zusammengetragen. 2016 waren es 11,5Mio.t. Mit knapp 10.000 Binnenschiffsanläufen im Jahr liegen diese fast gleich auf mit den Seeschiffen. 119.000 TEU wurden im vergangenen Jahr im Binnenschiffsumschlag verzeichnet, dazu kommen 65.000 TEU bei Umfuhren im Hafen. In den ersten neun Monaten 2017 gingen schätzungsweise bereits 65.000 TEU per Binnenschiff ins Hinterland. Damit würden die Gesamtzahlen zum Jahresende wieder ähnlich wie 2016 aussehen, meint Egloff.

Wichtig sei, dass bei den Terminals ein Umdenken stattgefunden habe, was die Abfertigung von Binnenschiffen angehe. Früher hatten die kleineren Schiffe an den Terminals gestört, weil dort die Abläufe noch andere waren als heute. Das hat mit den Größen der Seeschiffe zu tun. Bevor die Riesenschiffe kamen, waren die Kaikanten fast immer voll, die Liegeplätze mit kleineren Containerschiffen belegt, die in höherer Frequenz kamen. Das hat sich mit Frachtern zwischen 14.000 und 20.000 TEU nunmehr geändert. Das verdeutlichen auch die Zahlen: Mit einer Anzahl von 167 Containerschiffsanläufen (+36,9%) der Größenklasse 14.000 bis 17.999 TEU und 77 Anläufen (+87,8%) der Größenklasse 18.000 bis über 20.000 TEU, nahm die Zahl besonders großer Frachter im bisherigen Jahresverlauf weiter zu.

Aber auch die verbesserte Koordination der Binnenschiffsanläufe trägt zu einer besseren Stellung an den Terminals bei. Mittlerweile hat das Hamburg Vessel Coordination Center (HVCC) sie in ihre Planung aufgenommen. Auch die HPA arbeitet an einer verbesserten Anmeldung der Binnenschiffe. Das Projekt des Bundesverkehrsministeriums zur Digitalisierung des Elbkorridors mit der Einrichtung von AIS-Stellen sei ebenfalls zu begrüßen, so Egloff. Dank des Arbeitskreises Binnenschifffahrt gehe man in Hamburg nun mit mehr Vertrauen aufeinander zu. Eine Chance für Hamburg könnten lange Wartezeiten (bis zu 92 h) in der Binnenschiffsabfertigung in Rotterdam sein. Dem Vernehmen nach interessieren sich deswegen viele Unternehmen für Hamburg mit seiner guten Hinterlandanbindung.

Intermodal-Wachstum für HHLA

Die Hamburger Hafen- und Logistik AG (HHLA) konnte indes in ihrem Intermodalgeschäft ein Wachstum verzeichnen – allerdings mit unterschiedlichem Tempo der Verkehrsträger. In einem »sehr wettbewerbsintensiven Marktumfeld« bewegten die Intermodal-Transportgesellschaften in den ersten neun Monaten 1,1Mio. TEU. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Wachstum von 6,8%.

Im dritten Quartal des laufenden Jahres wirkten sich ein im Vergleich zu den Vorquartalen verbessertes Verhältnis zwischen Import- und Exportmengen und damit verbunden eine höhere Auslastung der Züge sowie ein veränderter Mix der Transportrelationen positiv aus.

Sowohl die Bahn- als auch die Straßentransporte legten zu. Auf der Straße wirkte sich laut dem jüngsten Quartalsbericht ein starkes Ladungsaufkommen im Großraum Hamburg auf die HHLA-Bilanz aus: das Volumen wuchs überdurchschnittlich um 11,5% auf 265.000 TEU. Auf der Schiene fiel die Steigerung etwas geringer aus: um 5,4% auf 861.000 TEU.

Im Ergebnis bedeutet diese Entwicklung einen leicht geringeren Anteil der Bahntransporte am gesamten Intermodalgeschäft der HHLA. Allerdings nimmt er mit 76,5% – im Vorjahr waren es 77,5% – noch immer den mit Abstand größten Anteil ein. Darüber hinaus, so betont die HHLA, konnte dieser Rückgang durch längere Transportdistanzen der Bahntransporte nicht nur aufgefangen, sondern sogar überkompensiert werden.

Steigerung im Containerumschlag

Zum Gesamtbild gehört allerdings auch, dass das Intermodal-Geschäft der HHLA weniger stark wächst als der gesamte Containerumschlag. Denn an den drei Containerterminals in Hamburg verzeichnete man ein Plus von 11,3% auf 5,2Mio. TEU. Rechnet man die Tochteranlage im ukrainischen Odessa hinzu, fällt die Zunahme zwar etwas kleiner aus, beträgt allerdings immer noch 10,8% auf 5,5 Mio TEU.