Das Konsolidierungskarussell in der MPP-Branche dreht sich weiter. Marktführer BBC Chartering baut sein Portfolio über eine neue Projekt-Allianz und einige Banken-Schiffe aus. Von Michael Meyer

Harren & Partner übernimmt SAL, Zeaborn ehemalige Rickmers-Frachter und (gemeinsam mit Bertram Rickmers) die Shipmanagement-Aktivitäten der Rickmers-Gruppe, BBC[ds_preview] aus Leer gründet eine Allianz mit Jumbo – das sind drei der jüngsten Beispiele für größere Konsolidierungsprojekte in der Mehrzweck- und Schwergutschifffahrt (MPP). Auch der S&P-Markt brummt: Seit Jahresbeginn wurden schon 72 Schiffe verkauft, heißt es im aktuellen Marktbericht des Hamburger Maklers Toepfer Transport. Zum Vergleich: Im gesamten Vorjahr waren es nur 28 Transaktionen.

Der traditionelle und auch von der maritimen Branche gern gefeierte Galli-Markt in Leer war kaum beendet, da verkündeten die Briese-Tochter BBC und die niederländische Jumbo ihre kommerzielle und operationelle Kooperation. Sie soll die Marktposition und das verfügbare Tonnageangebot beider Partner verbessern. So wollen BBC und Jumbo in einem ersten Schritt gemeinsame Angebote für umfangreiche Projekt-Verschiffungen abgeben. Toepfer-Analyst Nicolas Breiding spricht von der Möglichkeit, künftig als »One Stop Shop« für komplexe Projekte auftreten zu können.

BBC-CEO Svend Andersen nennt die Kooperation »the biggest and the best.« Die Projektschifffahrt wandle sich schnell und man habe realisiert, dass es enorm wichtig sei, strategisch zu agieren. Theoretisch gibt es nach Meinung von Beobachtern damit kaum ein Projekt, auf das BBC nicht mitbieten könnte.

Ein Ende der Konsolidierung ist in den Augen von Andersen nicht in Sicht, es werde noch etwas passieren im Markt, sagt er im Gespräch mit der HANSA. BBC selbst führe auf vielen Ebenen Gespräche und sei immer offen für Kooperationen. »Aktuell gibt es aber nichts worüber wir hier berichten können.«

Von dem neuesten Projekt unabhängig sind andere Kooperationen, etwa der »BHS Pool«, den die BBC-Mutter Briese Schiffahrt mit Harren & Partner sowie mittlerweile über zehn weiteren Reedern betreibt. »Die Allianz mit Jumbo und der ›BHS Pool‹ haben nichts miteinander zu tun. Für den Pool sind wir lediglich der Commercial Manager, das ist eine eigner-orientierte Kooperation. Die Allianz mit Jumbo ist fracht-orientiert, da gibt es kein Pooling«, erklärt Andersen.

Volumen vs. Krankapazität

Betrachtet man sich die Details, werden die komparativen Vorteile der »Global Project Alliance« für die Carrier deutlich. Ungeachtet der Vereinbarung sollen zwar beide Unternehmen weiter eigenständig operieren. BBC – Marktführer im klassischen MPP-Segment mit einer Flotte von rund 180 Schiffen – sichert sich den Zugriff auf wesentlich höhere Hebekapzitäten und entsprechende Engineering-Services. Ist die eigene Flotte bei rund 900t »begrenzt«, weisen die derzeit zehn Heavylift-Schiffe von Jumbo eine Kapazität von bis zu 3.000t auf. Gerade im attraktiven Projektgeschäft können die Leeraner so auch in »größeren« Segmenten mitmischen.

Ein tieferes »Aufatmen« dürfte die Kooperation bei Jumbo ausgelöst haben. Schließlich kann man nun mit BBC auf eine große Flotte und geografische Abdeckung zurückgreifen, ist somit verhältnismäßig flexibel bei der Ladungsakquise. Jumbo war bislang stärker darauf angewiesen, gut zahlende Ladung in relativer Nähe zu verfügbaren Schiffen zu finden. Dem Vernehmen nach gelang das zuletzt immer weniger, so dass man intensiv nach einem Partner gesucht hatte. »Mithilfe von BBCs Marktposition als Marktführer im Volumen-Geschäft wollen wir unsere Potenziale besser nutzen«, sagt CCO Twan Voogt, der Jumbo als Marktführer im Bereich über 1.800t Krankapazität beschreibt.

Marktanteil wächst

Für BBC bedeutet die Kooperation einen weiteren Schritt bei der Sicherung der Markanteile. Dazu tragen auch Schiffe bei, die BBC seit kurzem im Auftrag einiger Banken betreibt, die so ihr Portfolio an notleidenden Krediten entlasten wollen.

Dem Vernehmen nach kursieren derzeit insgesamt mindestens 100 solcher Schiffe im Markt, weil der Weiterbetrieb für die Banken immer noch besser ist als eine Verschrottung. Die Kredithäuser verringern allerdings auch ihr MPP-Portfolio zusehends. Bei Toepfer beobachtet man gleichzeitig ein gestiegenes Interesse von Investoren aus dem Private-Equity-Markt an der Branche. »Ein halbes Dutzend« Interessenten gebe es.

Andersen bestätigt der HANSA: »Ja, es gibt Banken, die an uns herangetreten sind. Dabei geht es um rund ein Dutzend Schiffe von diversen Finanzinstituten.« Nach Informationen der HANSA handelt es dabei unter anderem um die NordLB/BLB.

Zwar leidet auch BBC am Tonnage-Überangebot im Weltmarkt. Solange die Schiffe aber nunmal existieren, nimmt Andersen sie lieber selbst auf, anstatt sie in den Flotten von Wettbewerbern sehen zu müssen. »Wir würden jederzeit auch weitere Schiffe bewerten und aufnehmen, wo sich entsprechend zweckmäßige Lösungen mit den Banken entwickeln lassen.«

Nicht zuletzt müsse man eine gewisse Größe behalten, um das Kundenversprechen einhalten zu können, die beste Verfügbarkeit im Markt zu bieten. Andersen: »Mit unserem Set-up brauchen wir diesen Flottenumfang. Wir schließen Ladungen, dafür benötigt man eine gewisse Anzahl an Schiffen. Insgesamt ist unsere Flotte in den letzten Jahren relativ stabil geblieben, mit leicht steigender Tendenz. Wir wollen schnell und flexibel auf die Anforderungen der Kunden reagieren können.«

Aus dem Toepfer-Report geht hervor, dass BBC seine Position tatsächlich stärken konnte. In den Top 10 der Carrier mit über 100t Krankapazität konnten – mit Ausnahme von Wagenborg auf Rang zehn – nur die Leeraner ihren Marktanteil steigern; von 10,19 auf 11,20 %. Cosco, Big Lift/Spliethoff, Thorco und AAL haben Anteile verloren. In der Flotte über 250t kombinierter Kapazität konnte BBC ebenfalls zulegen, von 14,51 auf 15,61%. Cosco und Chipolbrok folgen mit Einbußen.

TMI steigt, Frachtraten nicht

Andersen bestätigt allerdings, dass in diesen schwierigen Zeiten auch BBC sich den noch immer niedrigen Frachtraten nicht entziehen kann. »Die Volumen in Europa sind vergleichsweise groß, besser als in Fernost oder im US-Golf. In Europa gibt es relativ viele Projekte, vor allem aus dem Windenergie-Sektor. Das Niveau ist noch immer weit weg von dem aus der Vergangenheit, aber wir beobachten eine gewisse Tonnage-Knappheit«, so der CEO. Man habe 20 bis 30 Schiffe pro Monat am Kontinent. Das Problem sei allerdings, dass es nicht ausreichend Ladung in Richtung Europa gebe, so dass die Positionierung mitunter schwierig sei.

»Vor einem Jahr war es noch anders, heute ist Europa für uns besser als die anderen Märkte. Früher haben wir vor allem in Fernost Geld verdient, aber mittlerweile gibt es dort weniger Projektladungen. Allerdings wird es derzeit wieder etwas besser«, sagt Andersen, auch wenn es noch eine ganze Zeit dauern werde, bis der Markt ein gutes Niveau erreicht habe.

Ob sich umfangreiche Initiativen wie »One Belt One Road« aus China oder die Infrastrukturpläne der ASEAN-Gemeinschaft für die MPP-Branche signifikant auswirken, wird sich erst noch zeigen müssen. Wie im Markt zu hören ist, fehlt es noch immer an ausreichenden, längerfristigen Kontrakten.

Beim Branchendienst Drewry ist man da etwas zuversichtlicher, nämlich »vorsichtig optimistisch«. Als Grund wird einerseits die langsam verbesserte Lage in den um Ladung konkurrierenden Container- und Handybulk-Flotten angegeben. Zudem beobachtet Analystin Susan Oatway Verbesserungen im Ölpreis und bei den Erwartungen für den Welthandel, wodurch neue Investitionen angestoßen werden könnten.

»Insgesamt ist das Volumen zu klein«, sagt aber Andersen. Von Fernost gebe es noch einige Projektverladungen nach Nordamerika. Darüber hinaus fahre BBC viele Exporte aus Südamerika, Projektladung und vor allem Rohre etwa in den US-Golf, den Arabischen Golf und nach Fernost: rund 20.000t pro Monat aus Argentien und bis zu 25.000t aus Brasilien. »Die USA importieren enorm. Allerdings haben wir das Problem, dass es viel zu wenig Importe für Brasilien gibt, so dass wir wieder Schwierigkeiten bei der Positionierung der Schiffe haben«, sagt Andersen.

Seit zwei Jahren bewege sich der Markt seitwärts, ist zu hören. Im Toepfer-Report wird der Veteran mit der Einschätzung zitiert, dass 2017 der Markt der schlechteste seit zehn Jahren sei – auch wenn beispielsweise der von Toepfer herausgegebene Index für Timecharter-Raten eines Standard-F-Typs (12.500 tdw, 6- bis 12-Monatscharter) jüngst zulegte. Er stand zuletzt bei 6.581$ pro Tag. Im Vergleich zum September bedeutet das angesichts der Entwicklung der vergangenen Monate eine relativ starke Verbesserung. Im Vergleich zum Tiefpunkt im März ist ein Wachstum um 9,4% zu beobachten.

Vom jüngsten Anstieg sind verschiedene Segmente betroffen. Größere Linienschiffe würden zum Teil fünfstellige Raten erzielen, so der Marktbericht. Das müsse allerdings nicht unbedingt heißen, dass die Eigner der Schiffe profitieren. Zum Teil entstünden solche Raten beispielsweise durch Subcharter, wenn ein Charterer keine »gute« Ladung habe.

Operator können zwar nicht wirklich ein Wachstum in ihrem Geschäft erkennen. Aber dennoch müssten zumindest einige Akteure eine entsprechend bessere Basis, also Ladung, haben, da sie zu höheren Raten bereit sind, heißt es bei Toepfer.

BBC betreibt über 50 der weltweit rund 90 verfügbaren F-Typen. Andersen sagt: »Die Raten sind tatsächlich etwas hoch gegangen, aber der Frachtmarkt selbst spiegelt das noch nicht wieder. Da fließen offenbar ein paar wenige höhere TC-Raten ein, aber der Markt ist in diesem Jahr nicht besser geworden. In Europa ist es derzeit relativ gut, aber global betrachtet ist unser TCE heute so wie zu Jahresbeginn.« Im TMI berücksichtigt werden Angaben von Eignern, Operateuren und Maklern. Aus Sicht von BBC basiert er daher »also nicht ausschließlich – wie andere Indizes in der Schifffahrt – auf real getätigten Abschlüssen.«


Michael Meyer