2018 hat begonnen, Grußkarten mit gut gemeinten Floskeln wie »Alles Gute im neuen Jahr« oder »Auf weiterhin gute Zusammenarbeit« sind[ds_preview] abgelegt oder beantwortet. So Mancher wird bei solchen Sprüchen nur zerknirscht lächeln können, geht es für ihn doch schlicht ums Überleben. Das hat 2017 sehr deutlich gemacht. Denn was wir am Standort Deutschland erleben mussten, war kein Facelift, sondern eine Not-OP, eher ein Identitätswechsel. Mit deutlichen Narben. In der Linien- und der Trampschifffahrt, im MPP-Markt, bei Reedern, Shipmanagern, Maklern und in den Häfen. HANSA- und HANSA-Online-Leser konnten dies gut verfolgen.
Die hiesige Branche leidet nicht erst seit einem Jahr. Was nun aber immer deutlicher wird, sind die Auswirkungen: Übernahmen, Fusionen, Flotten-(Aus-)Verkäufe, Kontrollübernahme aus dem Ausland mit Absetzung der Verantwortlichen…Die Liste wird immer länger.
Einen Anteil haben auch die Banken, die den vielzitierten Stecker ziehen. Nur ihnen den schwarzen Peter zuzuschieben, ist allerdings zu einfach. Doch das ist eine andere Geschichte.
Sicher ist, dass es bereits einen Lernprozess gegeben hat und weiter gibt – bei (fast) allen Beteiligten. Das wurde zuletzt auf dem hochrangig besetzten 21. HANSA-Forum deutlich. Die Banken werden weitaus vorsichtiger, Kreditanforderungen steigen, wir hören von nochmals erhöhtem Verkaufsdruck. Reeder werden Expansions- und Neubau-Aktivitäten lange prüfen, Geschäftspartner werden mit mehr Bedacht ausgewählt. Aber auch externe Kapitalquellen, die jahrelang wie ein Gral durch die Branche getragen wurden, die aber aufgrund hoher Anforderungen und Unterschiede in der Geschäftskultur letztlich nur sporadisch angezapft werden konnten, scheinen sich besser auf die Situation vor Ort einzustellen. So sprechen etwa chinesische Leasing-Gesellschaften jetzt explizit auch kleine und mittelgroße Reeder an. Für die »großen« Kapitalmärkte mangelt es allerdings vielerorts noch immer an strukturellen und gedanklichen Voraussetzungen.
Eine wichtige Erkenntnis aus 2017 ist aber auch: Selbst wenn sich der Flottenverkauf dramatisch beschleunigt hat, selbst wenn immer mehr Reeder zu Shipmanagern werden: Was vor der Krise der eine oder andere als Degradierung empfunden hätte, wird heute – zu Recht – als »immerhin« und »erfolgreiche Neuausrichtung« bewertet. Es gibt auch deutsche Akteure, die wachsen. Nicht alles, was hierzulande verkauft wird, wandert ins Ausland.
Der unfreiwillige Identitätswechsel ist nicht abgeschlossen. Wie das Gesicht der Schifffahrt am Ende diesen Jahres aussieht, weiß keiner. So wichtig ihre Beiträge auch sind, aber eine Glaskugel hat kein Analyst, kein Bewerter und kein Schifffahrtstreibender zur Hand. Auch kein externer Beobachter. Deren Blickwinkel wird jedoch auch künftig wichtig bleiben, im Übrigen auch im kommerziell-technischen Bereich, Stichwort Automatisierung, Digitalisierung, Blockchain etc.
Vielleicht geben einige der fundamentalen Branchen-Indizes Anlass zur Hoffnung. So kletterte der Baltic Dry Index zuletzt auf den höchsten Stand seit 47 (!) Monaten. Auch der NewConTex und der MPP-Index TMI legten kräftig zu, selbst der Ölpreis setzte sich zuletzt bei über 62$ fest. Möglicherweise bekommt die Schifffahrt eine Verschnaufpause, um ihre Narben verheilen zu lassen.
Daher und trotz allem auch von der HANSA: Alles Gute fürs neue Jahr!