Nichts ist so sicher wie Unsicherheit, auch in diesem Jahr ein Motto wie gemacht für die Schifffahrt, die berühmte Glaskugel[ds_preview] ist vernebelt – auch wenn das einige Analysehäuser anders sehen (müssen). In Deutschland besonders beäugt sind Container- und Kreuzfahrtmärkte – der eine vor allem von Reedereien (und Häfen), der andere vor allem von Werften (und Häfen).
Gemein haben sie unter anderem eine gewisse Abhängigkeit vom Ölpreis. Auf der Bunker-Seite droht neues Ungemach, da der Ölpreis angesichts der jüngsten geopolitischen Entwicklungen zuletzt wieder die 70$-Marke erreicht hat – zum ersten Mal seit über drei Jahren. Wer die Geschäftsberichte der Reedereien aufmerksam liest, erkennt seine große Wirkung.
Während sie sich bei steigenden Preisen ihre Bilanzen verhageln lassen (müssen), ist der Einfluss auf das hiesige Werftgeschäft indirekter Natur: Höherer Öl- und damit Bunkerpreis sorgt für größeren Bedarf an modernen Antriebstechnologien, damit an Umrüstungen oder sogar Neubauten – Stichwort »LNG«.
Auch in der Kreuzfahrt greifen immer mehr Reeder auf Flüssiggas-Antriebe zurück, der Trend scheint kaum aufzuhalten. Angesichts des immensen Orderbuchs ist das Potential groß. So manch Experte und auch HANSA-Leser stellt zwar mittlerweile die Frage nach einer möglichen neuen Blase. Auch wir können das nicht beantworten, wissen nicht, wie viele Neubauten der Markt noch verkraftet, wann der Hunger nach Passagierkapazität gestillt ist, das weltweite Interesse nach Kreuzfahrten wieder auf ein Normalmaß abflaut. Klar ist aber: Ein Orderbuch mit 88 Schiffen muss erst einmal verdaut werden.
Für die hiesige Werft-Industrie ist die Passagierschifffahrt ein wichtiger Markt. Doch die Branche tut gut daran, weiter nach Nischen zu suchen. Unser traditioneller Schwerpunkt »Ships made in Germany« zeigt, dass dies verhältnismäßig gut gelingt. Nach wie vor genießen nicht nur Kreuzfahrer, sondern auch Yachten oder Behördenschiffe aus Deutschland hohes Ansehen. Zudem sorgt die Marine weiter für Aufträge, auch wenn sich dies auf internationalen Druck hin für offenene Ausschreibungen ändern könnte. Und auch wenn es immer mal wieder technische Probleme gibt.
Zwar konzentriert sich die Schiffbaukapazität in immer wenigeren – und mittlerweile zum Teil ausländischen – Händen bzw. Werft-Gruppen. Auch ist sorgfältig zu beachten, dass die internationale Konkurrenz keinesfalls schläft.
Dennoch ist der Erfolg in Spezialsegmenten insgesamt erfreulich, in gewohnten Segmenten wie dem Kreuzfahrt- und Yachtbau, jedoch auch immer wieder in »neuen« oder wiederentdeckten Segmenten, die in der Wahrnehmung zuweilen etwas untergehen. Man denke nur an den LNG-Tanker der Neptun Werft oder die RoPax-Fähren der FSG.
Zu hoffen bleibt, dass die Verantwortlichen auch in Zukunft die passenden Antworten auf die globalen Entwicklungen finden – denn ebenso beständig wie die Unsicherheit ist bekanntlich der Wandel… Das betrifft auch den Ölpreis. Kaum ein Tag vergeht ohne neuen Meldungen und Prognosen über das Verhalten der erdölexportierenden Länder oder die Ölpolitik in den USA, Russland, Iran oder Venezuela. Doch nicht erst seit Trump wissen wir: selbst in der großen Weltpolitik nehmen Unsicherheiten zu, werden Vorhersagen immer fehleranfälliger. Verlassen sollte man sich nicht darauf, auch nicht als Werftmanager.
Viel Spaß beim Lesen