In Hamburg arbeiten Anwendungsforscher bereits seit neun Jahren an innovativen Fertigungslösungen mittels Lasereinsatzes für den Schiffbau. Eine besondere Herausforderung ist die Schweißtechnik für die dritte Dimension. Von Claudia Behrend

Wer die Fraunhofer-Einrichtung für Additive Produktionstechnologien IAPT (Fraunhofer IAPT) in Hamburg-Bergedorf betritt, muss das Handy nicht ausschalten. Gegen[ds_preview] die dicken Wände des Forschungsinstituts haben die Funkwellen keine Chance. Was hier untersucht wird, ist allerdings nicht geheim. Im Gegenteil: Die 2009 als LZN Laser Zentrum Nord gegründete Einrichtung versteht sich als Bindeglied zwischen Grundlagenforschung und industrieller Anwendung und hat sich zum Ziel gesetzt, Unternehmen aus dem Schiffbau, der Automobilbranche, dem Flugzeugbau, der Medizintechnik, sowie dem Werkzeug- und Maschinenbau in der Laser- und Anlagensystemtechnik zukunftweisende Impulse zu geben. Die Forschungs-, Entwicklungs- und Beratungsaktivitäten umfassen dabei die gesamte Prozesskette von der Analyse bis hin zum fertigen Prototyp. Wie erfolgreich die Wissenschaftler damit sind, zeigt die Eingliederung zum Jahresbeginn 2018 in die Fraunhofer-Gesellschaft – die erste solche Einrichtung mit Sitz in Hamburg. Im Zuge dessen werden die Kompetenzen um die übrigen additiven Produktionstechnologien erweitert und der Maschinenpark ergänzt. Hierfür steht der Einrichtung mit 100 Mitarbeitern unter der Leitung von Professor Claus Emmelmann in den nächsten fünf Jahren ein Investitionsvolumen von 50Mio.€ zur Verfügung, die Zahl der Mitarbeiter soll im gleichen Zeitraum verdoppelt werden. Hoher Aufwand, viel Potenzial Die Laserstrahltechnik hat in die Fertigung metallischer Bauteile zwar bereits vor mehr als 20 Jahren Einzug gehalten, ist in den jeweiligen Industriebranchen allerdings unterschiedlich stark ausgeprägt. »Während im Automobilbau bereits viele Fügeaufgaben mittels Laserstrahlanlagen realisiert werden, ist dieser Anteil im Schiffbau noch verhältnismäßig gering«, berichtet Georg Cerwenka, Key Account Manager Systems am Fraunhofer IAPT. Schließlich ist der Aufwand enorm: »Die Werft Blohm + Voss in Hamburg nahm nach mehrjähriger Entwicklungsarbeit 2001 eine großformatige Laser-Schneid- und -Schweißanlage in Betrieb«, so Cerwenka. »Bei der Meyer Werft wird bereits seit 1994 mit dem Laser geschweißt, 2010 wurde dann die Laservorfertigung um eine zweite große Paneelstraße erweitert«, sagt sein Kollege Olaf Steinmeier, Key Account Manager Ship. In einem ersten Schiffbau-Projekt haben die Wissenschaftler kurz nach der Gründung des LZN in Zusammenarbeit mit Blohm + Voss begonnen, unter Einsatz von Lasern neue Methoden für das Schweißen von Stahlelementen zu erforschen. »Im Rahmen des vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) geförderten Verbundforschungsprojekts Quinlas (Qualitätsgerechte 3D Laser-Schweißbearbeitung innovativer Schiffskonstruktionen) mit neun Partnern haben wir ab 2009 bis 2013 an neuen lasergestützten Verfahren für die dritte Dimension gearbeitet«, so Cerwenka. Voraussetzung dafür war zunächst der Bau der 30m langen Portalanlage der Firma Carl Cloos Schweißtechnik. »Diese bietet uns bis zu 30 kW Laserstrahlleistung und ist in dieser Form einzigartig in Europa, wenn nicht sogar weltweit«, so Cerwenka. »Kern dieser Technik ist ein Robotersystem mit moderner Bildverarbeitungs- und Scanner-Optik, die es ermöglicht, in einer Distanz von über einem Meter die Lage der Schweißnähte am Bauteil im Mikrometerbereich zu vermessen und anschließend in einem Bauraum von 20m Länge sowie 3m Höhe und Tiefe mit dem Laser zu fügen.« Zur Anwendung kommt dabei das sogenannte Laser-MSG-Hybrid-Schweißverfahren. Bei dieser Technik würden das klassische Metall-Aktivgas-Schweißen (MAG) mittels Lichtbogen und das Laserstrahlschweißen verknüpft, so Steinmeier. Schneller, besser, effizienter Das Hybridschweißverfahren biete einige Vorteile: »Der Laser erreicht eine hohe Schweißgeschwindigkeit und ist um den Faktor vier schneller als der Mensch«, betont Cerwenka. »Beim Handschweißen sind maximal 0,5m pro Minute möglich, dauerhaft allerdings nur 0,3m. Beim Hybridverfahren sind es durchschnittlich 2m pro Minute.« Deren spezifische Nachteile, wie die geringe Spaltüberbrückbarkeit beim Laser-Only-Schweißen, werden durch den Lichtbogen kompensiert. »Überdies ermöglicht die vollkommene Automatisierung eine gleichbleibende Qualität, da der Faktor Mensch wegfällt, was nicht zuletzt auch aufgrund des Fachkräftemangels von Bedeutung ist«, ergänzt Steinmeier. Weitere Vorteile sind der geringere Energieeintrag und dass die Bauteile besser zusammen passen. Stand der Technik ist dieses Verfahren beispielsweise bei der Meyer Werft und beim Wettbewerber Fincantieri. »Bei der Meyer Werft können mit dieser Technik 36 Segmente pro Woche mit einer Größe von maximal 25 mal 30m fertiggestellt werden«, so Steinmeier. Das hybride Schweißverfahren ist erforderlich, um das von der Klassifikationsgesellschaft DNV GL vorgeschriebene a-Maß zu erreichen. »Allerdings funktioniert unsere Portalanlage nur in der labormäßigen Anwendung, da die im Schiffbau auftretenden Spalte zu groß sind für das hier angewendete Hybridverfahren«, so Cerwenka. »Bei 3D-Anwendungen auf der Werft ist es sehr schwierig, mit dieser Technik Spalte aufzufüllen und aufgrund des fehlenden Zugangs zum Bauteil dessen Ecken zu erreichen«, erklärt Steinmeier. Zweites Projekt wird validiert Genau hier setzt nun das seit 2015 und noch bis Mitte/Ende 2018 laufende und ebenfalls vom BMWi geförderte Forschungsprojekt Shiplight mit einem Volumen von 10Mio. € und insgesamt 14 Partnern, wie Meyer Werft und Lürssen, an. »Unser Ziel ist es hier, eine bessere Zugänglichkeit zu den Bauteilen zu ermöglichen und Spalte auffüllen zu können, denn derzeit ist erst 2,5D-Hybridschweißen State of the Art«, sagt Cerwenka. »Um auch die Wände zu fügen, wollen wir mit dem neuen Projekt nun 3D erreichen«, so Steinmeier. Dazu sollen der Automatisierungsgrad innerhalb der Produktionskette erhöht und das Verfahren für den Einsatz dünnerer Bleche mit weniger technisch bedingten Verformungen für den Sektionsbau genutzt werden. »Wir wollen das ganze Schiff dünner machen, das heißt beispielsweise von jeder Blechstärke einen Millimeter wegnehmen und innovative Schiffskonstruktionen realisieren«, erklärt Steinmeier. Während es der Fraunhofer-Einrichtung gelungen ist, die Parameter hinsichtlich der Leistung und der Geschwindigkeit zu entwickeln und eine deutlich höhere Schweißgeschwindigkeit als beim konventionellen Schweißen zu erreichen, obliegt es nun den Werften, den Prozess zu erproben und zu beurteilen.