Wie oft schon musste sich die maritime Industrie mangelnde Innovationsfähigkeit vorwerfen lassen? Wie oft gab es mitunter polemische und unangemessene[ds_preview] Vergleiche zu anderen Branchen? Und wie oft wurde dabei übersehen, dass sich, anders als externe Beobachter erkennen (wollen), doch einiges getan hat in punkto Energieeffizienz, Umweltverträglichkeit und alternativen Antriebstechnologien?
Sind diese Vorwürfe nun berechtigt oder nicht? Jetzt, da sich die Wogen der Krise ein wenig geglättet haben, kann man durchaus einen neuen Blick auf die Entwicklung wagen.
Die wichtigsten Schlagworte sind LNG und Batterien, hinzu kommen Wasserstoff, Methanol, schwefelarme Treibstoffe für das kommende »Sulphur Cap«, Biofuels, Brennstoffzelle und Automation bzw. autonome Schifffahrt. Das Allermeiste fällt unter das Dach »Hybrid«.
Einige Beispiele: Diverse Fähren, Hafenfahrzeuge oder Terminal-Geräte werden mit Batterie-Systemen betrieben oder zumindest teilbetrieben, die Motorenhersteller entwickeln Methanol-Maschinen, der Coating-Markt präsentiert immer neue »Bio-Lösungen«, einige Container- und bald Kreuzfahrtschiffe fahren mit Gas-Antrieben. Ganz abgesehen von den zahlreichen Trends im Schiffsdesign und -betrieb.
An einer Vielzahl kleiner Stellschrauben wird gedreht, um das eine oder andere Prozent an Effizienz und Umweltverträglichkeit herauszuholen. Werfen Sie mal einen Blick über die Branchen-Messen oder Konferenzen und die dort vorgestellten Produkte, möchte man Kritikern zurufen, dann sehen Sie, wie schwierig es mittlerweile ist, einen »Hybrid-Überblick« zu behalten.
Alles gut also in der Schifffahrt? Nein, das kann man ebenfalls nicht behaupten. Denn es wird heutzutage auch deutlich, dass so manche Kritik durchaus berechtigt ist. Eine geographisch wie technologisch umfassende Umsetzung alternativer Technologien fehlt nämlich nach wie vor, trotz vielfacher Förderungen von Staaten oder Organisationen.
Auf unabsehbare Zeit wird die Branche auf fossile Brennstoffe und darauf basierende Produkte nicht verzichten können, das sehen selbst die Optimisten unter den Entwicklern ein. Es heißt nicht umsonst »hybrid«. Nimmt man die externe Kritik als Maßstab, ist die maritime Branche also maximal auf halber Strecke bis zum Ziel. Es mangelt noch immer an marktreifen Projekten mit globaler Abdeckung. Sei es etwa aufgrund äußerer Faktoren wie der nötigen Infrastruktur – Stichwort LNG-Bunkerung – oder Kapazitätsgrenzen, etwa bei der Nutzung von Batterien auf hoher See. Solange diese Hürden nicht genommen sind, wird eine flächendeckende Transformation der Schifffahrt äußerst schwer.
Die maritime Industrie kann dennoch zu Recht stolz auf sich und ihren technologischen Fortschritt sein. Einige sehr wichtige Schritte wurden gemacht. Jetzt ist es – angesichts der bevorstehenden Regulierungen mehr denn je – an der Zeit, die Umsetzung in der Breite anzugehen. Für alternative und umweltverträglichere Abläufe auf ganzer See und im ganzen Hafen.
Aber dennoch und um es deutlich zu sagen: Mit Blick auf die Wandlungs- und Innovationsfähigkeit der Branche in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten ist durchaus Optimismus angebracht.
Viel Spaß beim Lesen wünscht Michael Meyer
Michael Meyer