Einfache Vielseitigkeit

Die Fußball-Weltmeisterschaft läuft auf Hochtouren wenn dieses Heft erscheint. Was das mit der Schifffahrt zu tun hat? Nun, beides[ds_preview] sind eindrucksvolle Belege für positive Effekte von Vielseitigkeit.

Allerdings gibt es unterschiedliche Vorzeichen. Im Fußball scheint die Vielseitigkeit derzeit etwas in die Defensive zu geraten. So mancher reibt sich hierzulande in den mit harten Bandagen geführten Zweikämpfen der – pardon: sinnbefreiten – Debatte um eine erzwungene, ertragene, freiwillige oder gar erwünschte Vielseitigkeit bzw. Vielfarbigkeit der Nationalmannschaft auf. Und manch einer meint vielleicht tatsächlich, die Uhr zurückdrehen zu können. Ob diese Taktik zum Sieg führt, oder ob man eher von einer gesunden Mischung profitiert, sei dahingestellt. Erinnert sei aber an Pokalsieger Frankfurt und die Fan-Parole: »Aus Vielfalt wird Eintracht«.

Zurück zur Schifffahrt: Hier wird die Vielseitigkeit von einigen Akteuren mit durchdachten Spielzügen und Offensivdrang nach vorne getrieben. Es gilt eher die Devise: Keiner hat gesagt, dass es ein leichter Weg ist, aber am Ende kann es erheblichen Nutzen bringen.

Ehrlicherweise muss man sagen, dass es bisweilen eine aufgezwungene Strategie der Flexibilität ist. So haben sich Container-, Bulk- und MPP-Operateure in den vergangenen Jahren mangels Auslastung immer wieder in den jeweils anderen Märkten getummelt. Aber sei’s drum. Wie sich jetzt zeigt, bleiben viele bei der breiteren Aufstellung, obwohl der eigene Markt inzwischen besser da steht. Aus Flexibilität wurde so Vielseitigkeit, wie wir in dieser Ausgabe ausgiebig beleuchten. So einfach wie wirkungsvoll.

Und die gilt es nun für einige zu verteidigen, für andere zu ertragen.

Denn anders als von so manchem Experten erwartet, ziehen sich die Player nicht in ihre ureigenen Märkte zurück. Beispiel Containerschifffahrt: Die Marktführer Maersk und MSC wollen ihre Breakbulk-Aktivitäten sogar ausbauen. Die Dänen sind in gewisser Weise doppelt betroffen, denn auch die RoRo-Reederei Höegh Autoliners – an der Maersk relativ unbekannt und trotz der öffentlichkeitswirksam angekündigten Fokussierung auf »Kern-Geschäfte« einen Anteil hält – will das Breakbulk-Geschäft nochmals stärken. Genau wie ein großer Konkurrent: Wallenius Wilhelmsen.

Beispiel Bulk: Auch hier mischen die Operateure weiter im MPP-Spiel mit, Ultrabulk etwa setzt auf eine Mischung aus Bulk-, Parcel- und MPP-Diensten.

In vielen Gesprächen wird deutlich: Man will sich den Ertrag aus einer Vielseitigkeit heraus sichern. Nach Jahren des »Fokussierens auf Kernbereiche oder Nischen« vielleicht eine kleine Trendwende (man denke an Maersk)?

Ein Bereich, in dem Vielseitigkeit definitiv hilft, ist die maritime Sicherheit – auch dies ein Schwerpunkt dieser Ausgabe. In diesem Match stehen der Schifffahrt altbekannte (Piraten) und relativ neue Gegner (Cyber-Kriminelle) gegenüber. Sozusagen als Video-Schiedsrichter zur Unterstützung der Abwehr-Reihen formieren sich zunehmend Kooperationen, die Informationen einsammeln und auswerten und so für mehr Recht und Ordnung sorgen wollen. Ebenfalls eine eigentlich »einfache«, gleichzeitig sehr effektive Strategie.

In diesem Sinne eine Binsenweisheit zum Schluss: Wer als Sieger vom Platz gehen will, muss einfach spielen. Und auch Einfachheit kann sehr vielseitig sein.

Viel Spaß beim Lesen


Michael Meyer