Mit einer neuen Struktur will Wallenius Wilhelmsen seine Wachstumspläne vorantreiben. Neben Autos spielt das Breakbulk-Segment eine große Rolle. Von Michael Meyer

Als einer der ersten wichtigen Schritte auf dem Weg zu neuen (Struktur-)Ufern kann der Börsengang von Wallenius Wilhelmsen ASA[ds_preview] im April 2017 in Oslo betrachtet werden. Damit legten die Partner aus Schweden (Wallenius) und Norwegen (Wilhelmsen) ihre Joint-Venture-Aktivitäten in einem neuen Unternehmen mit mehr als 130 Schiffen zusammen. Die beiden Reedereien hatten sich darauf geeinigt, ihre Anteile an Wallenius Wilhelmsen Logistics (WWL, 100% gemeinsamer Eigentumsanteil), EUKOR (80% + 20% Hyundai/Kia) und American RoRo Carrier (ARC, 100%) zusammenzuführen. Einer der Gründe war, eine einheitliche, auch kosteneffizientere Struktur zu schaffen, mit einem Corporate Management.

Vor wenigen Wochen folgte schließlich eine Zäsur. Die bislang aktiv operierende Einheit Wallenius Wilhelmsen Logistics (WWL) wurde aufgeteilt in Wallenius Wilhelmsen Ocean und Wallenius Wilhelmsen Solutions, letztere vorrangig für das Terminal- und Landgeschäft.

Ein Grund für die Aufteilung ist das unterschiedliche Marktumfeld im See- und Landbetrieb, wie Axel Bantel aus der Geschäftsleitung der deutschen Niederlassung in Bremen im Gespräch mit der HANSA bestätigt: »Die Seefracht ist ein relativ gesättigter Markt. Mit 25% der globalen RoRo-Kapazität sind wir sehr gut aufgestellt. Aber das Geschäft wächst nicht in den Himmel, es ist geprägt von sehr starkem Ratendruck, obwohl die Volumen zwar moderat, aber kontinuierlich wachsen.« In der Seefracht – WWL sieht sich selbst als führender Player – gehe es um Optimierung. Dabei will man die Größe nutzen und sich schlank aufstellen. WWL hat 120Mio. $ im Blick, 85Mio. $ sind bereits gehoben.

Anders sieht es laut Bantel im Landgeschäft aus: »Das ist von Wachstum geprägt. In dem Markt gibt es neue Mobilitätskonzepte oder Themen wie autonomes Fahren – da entstehen Bedarfe an Dienstleistungen, die man noch kaum absehen kann. Wir wollen weiter wachsen, auch mit technischen Dienstleistungen.«

Auch der Trend weg vom Autobesitz zum Autoleasing oder Gebrauch geht nicht an den Car-Carriern vorbei, wie immer wieder aus dem Markt zu hören ist. Er hat Auswirkungen auf das Geschäft der Autohersteller und damit auch der Reedereien. Darüber hinaus haben Wechsel in der globalisierten Produktionsstrategie nicht selten zur Folge, dass ein immer dichteres Netz von Fabriken mehr Flexibilität der Carrier notwendig macht. Ein weiterer Trend kann der zu neuen Fertigungsstätten in Zielmärkten sein, sei es auf politischen Druck hin oder um Transportkosten zu sparen. Analysten wollen nicht ausschließen, dass dadurch der Anteil der Kurzstreckenverkehre wächst.

Bei WWL sind die Kapazitäten an den derzeit 15 RoRo-Terminals schon jetzt relativ knapp. Wachstum könne laut Bantel sowohl durch Investitionen in bestehende als auch neue Terminals generiert werden: »Wir wollen nicht unbedingt mehr Häfen anlaufen, nur um Terminals zu haben. Aber es gibt durchaus Häfen, die wir stark frequentieren und wo Investitionsmöglichkeiten im Terminalbereich bestehen, sowie neue Märkte, etwa China, Indien oder Mexiko.«

»Wir hatten gute Gründe«

Vor dem Aufbau der neuen Struktur hatte man drei Flotten und drei Ladungsbasen, die separat gemanagt wurden. »Wir hatten gute Gründe, die neue Struktur zu initiieren, etwa die bessere Kostenkontrolle. Jetzt wollen wir die Flotten zusammenführen und Synergien heben. Daran müssen wir arbeiten«, so Bantel.

Ein wichtiger Baustein für die Wachstumsstrategie der Skandinavier ist das Breakbulk-Segment. Zwar betreiben Car Carrier dieses Geschäft schon seit langer Zeit – zunächst mit rollenden Ladungen wie Maschinen, Industriefahrzeugen und ähnlichem, mittlerweile auch mit einer Vielzahl an »normalen« Breakbulk-Ladungen auf Trailern. Sie sind also keine ganz neuen Akteure im Wettbewerb um Breakbulk-Ladungen. Dennoch führen MPP-Operateure auch die Fahrzeugfrachter als Beispiel an, wenn es um die in der Krise zugenommene Konkurrenz aus anderen Schifffahrtssegmenten geht. Doch neben Containerlinien wie Maersk und MSC (S. 22/23) sowie Bulk-Operateuren wie Ultrabulk (S. 24/25) wollen auch die Car-Carrier die Breakbulk-Arena keinesfalls verlassen, selbst wenn der eigene Markt wieder anzieht. Högh ist ein Beispiel (S. 30/31), ein weiteres ist WWL.

»Unsere Intention ist, den Bereich Break­bulk weiter auszubauen, auch als Anteil am Gesamtvolumen. Schrittweise sollen bessere Kapazitäten im Geschäft der Eukor-Tochter aufgebaut werden«, bestätigt Carsten Wendt, General Manager für das Segment, der HANSA.

Die beiden Ladungsarten könnten ohnehin nicht getrennt voneinander gedacht werden, ergänzt Bantel: »Das eine geht nicht ohne das andere. Wir haben auch für Breakbulk-Ladungen einen relativ stabilen Liner-Service. Den können wir stabil halten, weil wir eine Basisauslastung an Autos haben mit regelmäßigen Abfahrten.« Aktuell entfallen rund 65–70% der Transporte auf Autos. Allerdings will man künftig die Abhängigkeit von dieser Ladungsart reduzieren.

Für die nächsten Jahre erwartet Bantel jährlich etwa 2–3% Wachstum des Transportbedarfs im gesamten RoRo-Markt. Das Orderbuch soll aktuell bei etwa 25 Schiffen stehen, was einem Anteil von 5% der Flotte entspricht. Die allgemeine Lage hat sich seiner Ansicht nach durchaus verbessert: »Wir hatten einige Jahre eine Überkapazität, aber das hat sich zum Positiven verändert, wir sind als Industrie seit Mitte 2017 mehr oder weniger unter Volllast. Andererseits ist der Ratendruck nach wie vor groß, die Treibstoffkosten und Zeitcharterraten steigen.« Diese Einschränkung ist auch der Hauptgrund dafür, dass WWL zunächst von weiteren Neubaubestellungen absieht: »Als Investor macht es heute keinen Sinn, die Kapazität weiter auszubauen. Wir setzen auf Replacement durch unsere Neubauten«, so Bantel mit Verweis auf die acht Schiffe der »Hero«-Klasse mit Kapazitäten für jeweils 8.000 CEU, von denen vier bereits in Dienst gestellt sind.

Kern-Trades bleiben

Für den Bedarf an Flexibiliät für Trades und Ladungen hätten die Schiffe ihren Zweck mehr als erfüllt, sagt Bantel. Auch hier kommt dem Breakbulk eine bedeutende Stellung zu, wie Wendt betont: »Wir haben eine gesunde Balance gefunden: mit 320-t-Rampen und 6,5m Einfahrtshöhe statt 500t und 7,10m wie auf manchen Schiffen. Wir müssen die Rampen gar nicht immer voll belasten, weil der größte Teil der Ladungen bis 200t wiegt.« Auch er legt großen Wert auf das »große Pfund« Liniendienst mit festem Fahrplan und relativ kurzen Transitzeiten: »Ein Breakbulk-Carrier macht mehr Zwischenstopps. Wir haben unterschiedliche Trailer und Drehgestelle für bis zu 50m lange Ladungen. Daher sehen wir uns durchaus als eine gute Konkurrenz zu traditionellen Breakbulk-Carriern«, so Wendt weiter. Neben der Kapazität stelle ohnehin oft eher die Hafeninfrastruktur eine Herausforderung dar, etwa Gewichtsrestriktionen auf der Pier oder die Verfügbarkeit von Umschlagequipment.

An den bisherigen Kern-Trades soll sich nicht sehr viel ändern. Wachstumsmärkte sind für Bantel von Fernost nach Ozeanien – »da waren wir bislang nicht so stark aktiv« – oder Mexiko. Europa/Transatlantik, Europa/Ozeanien, Europa/Fernost, Asien/Nordamerika und Nordamerika/Ozeanien bleiben seiner Meinung nach stark. Von Asien nach Europa sieht er einen bedingten Rückgang aus Korea und Japan, aber dafür eine Volumensteigerung aus China.

Einig sind sich die WWL-Manager allerdings über eine lediglich bedingte Vorhersagbarkeit der Märkte, nicht zuletzt durch die gegenwärtigen geo- und handelspolitischen Debatten. Bantel meint: »Die Transportbranche sorgt sich natürlich vor Handelsbarrieren. Andererseits: Heute gibt es viel mehr Trades als noch vor 40 Jahren, der Markt ist fragmentierter und dynamischer. Wir müssen ohnehin auf Veränderungen der Volumenströme reagieren.« Er sieht zudem auch positive Beispiele: China hat die Importzölle für Autos gesenkt, »wir erwarten eine höhere Nachfrage nach deutschen Autos.«

Sein Kollege Wendt sieht auch für das Breakbulk-Geschäft Chancen: »Konzentriert sich eine Regierung auf die lokale Industrie, ist der eigene Markt irgendwann gesättigt, dann entstehen wieder Exportmöglichkeiten.« Zudem behält er den Ölpreis genau im Blick. »Dessen jüngster Anstieg wird sich für alle Reeder zunächst auf der Kostenseite bemerkbar machen. Aber mittelfristig könnte er positive Auswirkungen haben, weil Industrieprojekte initiiert werden, die in den letzten Jahren gestoppt wurden. Das ist jedoch eine mittelfristige Prognose, bis das eintritt, muss man seine Kosten in den Griff bekommen.« Mit der neuen Struktur sieht sich WWL dafür gut aufgestellt, um schnell reagieren und entscheiden zu können.
Michael Meyer