Schatzschiff, Märchen, Betrug?

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Viel Wirbel gab es jüngst um den vor 113 Jahren vor der südkoreanischen Insel Ulleungdo gesunkenen, russischen Panzerkreuzer »Dmitrii Donskoi[ds_preview]«. Im August 1883 war das Schiff in St. Petersburg vom Stapel gelaufen, 93,4m lang, 17,7m breit mit einer Verdrängung von 5,683t. Die Dampfmaschinen an Bord leisteten rund 5.000 kW und brachten den Kreuzer auf 16,5kn. Zusätzlich hatte er drei Masten, zum Segeln konnten die Schornsteine umgelegt werden.

Im Mai 1905 wurde die »Dmitrii Donskoi« während des Russisch-Japanischen Krieges in der Seeschlacht bei Tsushima leicht beschädigt. Nach der Schlacht jedoch beim Versuch, Vladivostok zu erreichen, wurde es von japanischen Kriegsschiffen gestellt. Diesmal waren die Schäden groß, 60 Seeleute kamen um. Der Kapitän befahl am 29. Mai die Selbstversenkung, die Mannschaft rettete sich auf Ulleungdo.

Seit langem ranken sich Legenden um das Kriegsschiff, das Tausende Tonnen Gold für die russische Pazifikflotte an Bord gehabt haben soll. 2001 meldete die südkoreanische Dong-Ah Construction die Entdeckung des Wracks, von sagenhaften 14.000t Gold war die Rede. Der Aktienkurs schoss in die Höhe, geborgen wurde nichts, Dong-Ah ging bankrott. Das Korea Institute of Ocean Science and Technology wollte das Wrack dann 2003 entdeckt haben.

Mitte Juli 2018 wieder eine Entdeckung: Die südkoreanische Shinil Group verkündete, die »Dmitrii Donskoi« in etwa 430m Tiefe gefunden zu haben, der Fundort stimme mit der Route des Schiffs überein. Ein Tauchboot lieferte Bilder und Videos, die den Schiffsnamen zeigten. Man könne klar das Heck erkennen, zudem Geschütze, Maschinengewehre, Anker, Masten und Teile der Panzerung, der Fund sei damit »vollständig bestätigt«, hieß es. Außerdem habe man im Innern Kisten gesichtet, die ihrem Anschein nach auf einen wertvollen Inhalt schließen ließen.

Von Gold im Wert von 134Mrd. $ war in den Medien die Rede, die Spekulationen überschlugen sich, die koreanische Finanzaufsicht warnte vor Investitionen in die Schatzsuche. Dann wurde bekannt, dass die Polizei in Südkorea gegen die Shinil Group wegen möglicher falscher Behauptungen ermittelt, Mitglieder der Unternehmensführung durften das Land nicht verlassen. Eine in Singapur ansässige, ebenfalls Shinil Group genannte Firma versuchte über eine eigens geschaffene Kryptowährung, Investorengelder einzusammeln. Gegen den Gründer Yu Ji-beom wird bereits seit 2014 in einem Betrugsfall ermittelt, er soll sich nach Vietnam abgesetzt haben. Außerdem hatten die Shinil-Chefs in Korea kurz vor der Entdeckung Aktien der Jeil Steel in großer Menge gekauft, deren Kurs nach dem Wrackfund kurzzeitig in die Höhe schoss. Jeil Steel wollte damit nichts zu tun haben, dennoch bestand ein Verdacht der Kursmanipulation.

Shinil-(Korea)-CEO Choi Yong-seok distanzierte sich Ende Juli von der Krypto-Firma seines Bruders in Singapur und entschuldigte sich für die großen Zahlen im Zusammenhang mit dem möglichen Goldschatz. Sie beruhten auf falschen Medienberichten und nicht verifizierten Dokumenten.

Für den Rückzieher gab es gute Gründe: Für die offiziellen Bergungsrechte müsste nämlich eine Kaution von 10% des erwarteten Wertes des Fundes bei den koreanischen Behörden hinterlegt werden – viel Geld bei einem Milliardenfund. Choi erklärte, man habe den Schatz ja nicht gefunden, lediglich das Wrack, dessen Wert auf 1Mio. $ geschätzt werde.

Was also ist dran an der Sache? Das Wrack existiert, soviel scheint festzustehen. Von vielen Seiten wird aber bezweifelt, dass ein solcher Schatz an Bord eines einzelnen Kriegsschiffs durch ein Kriegsgebiet transportiert wurde. Allein vom Platz und Gewicht her – die »Dmitrii Donskoi« war schwer bewaffnet und gepanzert, hatte rund 550 Seeleute und über 1.500t Kohle an Bord – könne, wenn überhaupt, von höchstens 200t Gold ausgegangen werden.