2020 – keine Zahl sorgt in der Schifffahrt derzeit für mehr Aufsehen. Manche nennen es Hektik oder gar Torschlusspanik. Wie auch[ds_preview] immer – was wir sehen, ist ein wahrer Run auf Scrubber, auch wenn die Abgaswäscher bei vielen maximal als Zwischen- oder Teillösung gelten. Aber ist das eine geschickte Bewertung?
Denn was bedeutet das in der Konsequenz? Ein tieferer Bick in die zahlreichen Reederei-Statements macht Risiken deutlich. Zum Einen heißt es vielerorts, man sehe sich mit den Scrubber-Umrüstungen gut für das »Sulphur Cap 2020« vorbereitet und könne sich damit (endlich) wieder auf kommerzielle Aspekte fokussieren. Zum Anderen gibt es große Namen, wie Maersk oder Hapag-Lloyd, die Scrubber explizit als lediglich eine Option unter vielen betrachten und keineswegs die ganze Flotte damit ausrüsten wollen, werden und können.
Zu den Risiken: Sich alle Optionen offen zu halten führt dazu, dass man sich weiter mit Analysen herumschlägt. Ein riskantes Unterfangen, schließlich steht die neue Regulierung schon in knapp 15 Monaten an. Die Scrubber-Lieferanten warnen bereits vor Engpässen. Die Zeit ist also nicht der Freund der Reeder. Zumal kaum einer ernsthaft glauben dürfte, dass es eine Fristverlängerung wie bei der Ballastwasser-Umstellung geben wird. Die IMO hat eindeutige Signale gesendet…
Sich jetzt auf kommerzielle Aspekte zu konzentrieren kann zu einer Verzögerung von weiteren Anpassungen in der Flotte führen. Und es würde bedeuten, sich weiter mit Teilschritten zu begnügen, statt am großen Rad zu drehen. Denn selbst mit der jüngsten Order-Welle für Scrubber wäre lediglich ein einstelliger Prozentanteil der weltweiten Flotte umgerüstet. Das reicht definitiv nicht aus.
Wie auch immer, beide Strategien könnten fast schon fatal sein, wie nicht nur die Experten von Bimco meinen (die HANSA geht auf die Debatte auf den Seiten 22/23 und 44/45 ein). Keine Entscheidung für die Flotte zu fällen, führt zu Problemen ab 2020. CEO Angus Frew spricht aber auch von lediglich »incremental measures« an der Technik, von denen man sich langsam verabschieden müsse. Denn die nächste große Hürde zeigt sich bereits am Horizont: das Jahr 2050. Bis dahin sollen Emissionen und Effizienz noch einmal signifikant verringert bzw. erhöht werden.
Insofern sind Scrubber zwar eine Teil-, aber keine Zwischenlösung. Denn man muss sich die Lifetime der jetzt ausgerüsteten Schiffe anschauen, sie werden 2050 sicherlich nicht mehr fahren, die dann aktive Flotte kommt ab 2025 in Fahrt. Das ist nicht mehr so lang hin. Gesucht wird die im Idealfall CO2-freie Schifffahrt. Was dafür nötig ist, lässt sich durchaus als Paradigmenwechsel beschreiben. Doch noch ist die Technologie in der Breite längst nicht soweit. Frew fordert eine »neue Schifffahrt«.
Wenn es in der Breite auch noch großen Bedarf gibt, sind einzelne Projekte durchaus bemerkenswert. An »Situational Awareness« wird beispielsweise eifrig gearbeitet. Nach Informationen der HANSA kommt eine sehr große Reedereigruppe dem Ziel näher, die Brücke mindestens neu anzuordnen, wenn nicht sogar an einen Platz unter Deck zu »verschieben«, um so mehr Stauraum zu bekommen.
Übrigens: Helfen können bei der Einordnung Formate wie der von der HANSA organisierte »Maritime Future Summit«, der jüngst im Rahmen der Weltleitmesse SMM stattfand und auf den wir ebenfalls in dieser Ausgabe eingehen…
Viel Spaß beim Lesen wünscht Michael Meyer
Michael Meyer