Chinesische Banken belegen die ersten beiden Plätze in der aktuellen Umfrage von Petrofin zur globalen Schiffsfinanzierung. Auch wenn das Kreditvolumen weltweit weiter sinkt, zuletzt um weitere 10 Mrd. $, scheint eine Bodenbildung erreicht, schreibt Krischan Förster

Die Royal Bank of Scotland (RBS) war das erste Geldinstitut, das den Ausstieg aus der Schiffsfinanzierung verkündete, doch nirgendwo sonst[ds_preview] lässt sich der Rückzug der klassischen schiffsfinanzierenden Banken besser beobachten als in Deutschland.

Standen bei den maßgeblichen deutschen Banken im Jahr 2010 noch zusammen mehr als 120 Mrd. € (siehe Grafik) in den Büchern, waren es Ende vergangenen Jahr weit weniger als 50 Mrd. € – ein Rückgang um mehr als die die Hälfte innerhalb von sieben Jahren. Besonders rasant verlief der Abbau seit Ende 2015: In diesem Zeitraum sank die Summe aller Schiffskredite von knapp 82 Mrd. € auf nur noch 46,5 Mrd. €. Neugeschäft fand und findet allenfalls noch sporadisch statt.

Die Commerzbank ist ihrem endgültigen Ausstieg aus der Schiffsfinanzierung bereits sehr nahe gekommen. Mit einem Portfolio von 23 Mrd. € (2009) war sie einst nach der HSH Nordbank der zweitgrößte Kreditgeber weltweit. Ende 2017 waren davon gerade noch 2,6 Mrd. € übrig, die Summe wurde im 1. Halbjahr 2018 noch einmal auf 1,4 Mrd. € halbiert. Die Deutsche Bank (2,5 Mrd. €), Deka (1,2 Mrd. €) und Helaba (0,4 Mrd. €) haben ihr Kreditvolumen soweit reduziert, dass es kaum noch ins Gewicht fällt.

»Die Banken haben ihr Engagement durch aktives Portfolio-Management, Kreditrestrukturierungen, Forderungsverkäufe und Verbriefungen deutlich reduziert«, konstatiert auch Swen Metzler, Senior Credit Officer bei Moody’s. Die Geldinstitute hätten zudem erfolgreich eine bessere Kapitalabdeckung aufgebaut, um künftige Risiken abzufedern und seien damit wesentlich besser »ausbalanciert« als noch 2015. Schiffskredite stellten damit für das deutsche Bankensystem insgesamt kein wesentliches Risiko mehr dar, heißt es bei Moody’s.

Allerdings sei die Qualität der Schiffskrediten nach wie vor schlecht. Moody›s schätzt, dass die Non-Performing-Loan-Quote (NPL) für alle deutschen Kreditbanken Ende 2017 noch bei rund 40% lag. Gleichzeitig habe sich aber auch der Gesamtdeckungsgrad, also die Ausfallabsicherung, auf 48 % gegenüber 44 % Ende 2015 erhöht. Die DVB Bank und die NordLB seien mit einer Verschuldungsquote von 9,8x bzw. 1,9x ihres Kernkapitals und ihrer starken Ausrichtung auf Schiffskredite weiter besonders gefährdet.

Am größten war zuletzt der Einschnitt bei der HSH Nordbank, die vor zehn Jahren noch knapp 41 Mrd. € an Schiffskrediten in den Büchern hatte. Davon waren beim Verkauf an ein US-dominiertes Investorenkonsortium um Cerberus und J.C. Flowers gerade noch 5,5 Mrd. € in der »gesunden« Kernbank verblieben. Hinzu rechnen muss man ein weiteres Portfolio von 4,3 Mrd. € an »non-performing loans« (NPL), das gesondert an die Käufer der Gesamtbank veräußert werden soll. Und nicht zu vergessen die noch 1,64 Mrd. € an ausschließlich »faulen« Krediten, die an die AöR Portfoliomanagement ausgelagert worden waren. Zusammengenommen sind es also noch etwa 14 Mrd. €, das entspricht in etwa einem Drittel des Spitzenwerts von 2008.

Noch ist der Verkauf der HSH Nordbank nicht vollzogen. Nach der Zustimmung der Länder als Alt-Gesellschafter hatte zuletzt aber auch der Bundesverband deutscher Banken (BdB) der Aufnahme in das Einlagensicherungssystem ab 2022 zugestimmt. Im Gegenzug muss die dann privatisierte HSH aber harte Auflagen erfüllen, dazu gehören ein Mindest-Rating von mindestens »BBB+«, ausreichend Liquidität und ein tragfähiges Geschäftsmodell. Die Bankenaufsicht und die EU-Kommision müssen ebenfalls noch ihren Segen geben. Statt Ende September wird das sogenannte »Closing« nun erst für Ende des Jahres erwartet.

Neben der HSH sind zwei weitere Banken, die sich auch in den Krisenjahren mit halbwegs stabilen Portfolios in der internationalen Spitzengruppe hielten, zunehmend ins Schlingern geraten – die NordLB und die DVB Bank. Um die Zukunft dieser beiden Banken ranken sich in diesem Jahr die »heißesten« Spekulationen.

Investoren-Einstieg bei NordLB?

Bei der NordLB ist von einem Kapitalbedarf in Höhe von 3 Mrd. € die Rede, um künftige Kreditrisiken abzufedern und die steigenden Vorgaben der Bankenaufsicht zu erfüllen. Nicht von ungefährt hat die Landesbank beim jüngsten Stresstest der europäischen Bankenaufsicht unter acht Geldinstituten am schlechtesten abgeschnitten. Fraglich ist nur, woher das Geld kommen soll – von Investoren, vom Land Niedersachsen oder doch von anderen Landesbanken? Fakt ist: Die NordLB hatte 2017 mit der Übernahme der Bremer Landesbank (BLB) ihre Lage nicht gerade verbessert. Denn zur Erbmasse gehörten »faule« Schiffskredite inklusive eines enormen Wertberichtigungsbedarfs.

Mehr als zehn potenzielle Investoren sollen Anfang Oktober erste, noch unverbindliche Angebote für eine Beteiligung abgegeben haben, sechs sind dem Vernehmen nach noch übrig. Genannt werden immer wieder der US-Finanzinvestor Cerberus, der gemeinsam mit J.C. Flowers bereits den Zuschlag für die HSH Nordbank erhalten hatte, aber auch die US-Beteiligungsgesellschaft Apollo oder die Helaba (Landesbank Hessen-Thüringen), die selbst mit weniger als 0,5 Mrd. € im Portfolio allerdings ein sehr kleiner Player in der Schiffsfinanzierung ist.

Eine »Bereinigung« des von der NordLB verwalteten Kreditbestands gilt allerdings als Voraussetzung für einen möglichen Einstieg eines öffentlich-rechtlichen Instituts. Gerade die notleidenden Schiffsdarlehen hatten der NordLB einschließlich der Bremer Landesbank 2016 einen Rekordverlust von –2,9 Mrd. € eingebrockt. Die Bank will den Bestand an »problembehafteten« Krediten (non-performing loans – NPL) bis Ende 2019 auf unter 5 Mrd. € senken, Ende Juni waren es noch 7,7 Mrd. €, ein Jahr zuvor waren es noch 9,1 Mrd. €. Seit Jahresende 2015 wurde das Kreditvolumen bereits um 7,5 Mrd. € auf zuletzt noch 9,9 Mrd. € reduziert worden. So konnte mit Abschluss des 1. Halbjahres 2018 wieder ein kleiner Gewinn von 54 Mio. € ausgewiesen werden.

Ein Teilportfolio im Wert von nominell 2 Mrd. € soll jetzt schnellstmöglich verkauft werden, Details wurden bislang nicht preisgegeben. Außerdem im Angebot sind rund 40 MPP-Schiffe. Angesichts der nur mäßig erholten Schiffswerte bleibt aber unklar, wie sich ein möglicher Verkauf auf die Bilanz auswirkt. Unter Umständen müssten weitere Wertberichtigungen vorgenommen werden, was den Kapitalbedarf noch zusätzlich weiter erhöhen würde. Bei einer Beteiligung von Finanzinvestoren müsste die NordLB vermutlich in den Sicherungsfonds der privaten Banken wechseln – siehe HSH Nordbank.

Niedersachsen ist mit knapp 60% vor den Sparkassen mit gut 26% größter Eigner, danach kommt das Land Sachsen-Anhalt mit knapp 6%. Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers, gleichzeitig Aufsichtsratschef der Bank, hatte zuletzt erklärt, dass das Land die Mehrheit an der Landesbank behalten wolle. Dies gilt wohl nicht im Falle eines Einstiegs einer oder mehrerer anderer Landesbanken, war zu hören. Und das wäre eine Lösung, die in Hannover derzeit ganz offensichtlich favorisiert wird. Bis Ende des Jahres soll eine Entscheidung fallen.

Problemfall DVB Bank

Der andere Problemfall: die DVB Bank. Sie hatte nach dem Katastrophenjahr 2017 im ersten Halbjahr 2018 ihr Ergebnis vor Steuern von -532 Mio. € auf -71 Mio. € verbessern und die Risikovorsorge von –446 Mio. € auf –20 Mio. € reduzieren können. Operativ schreibt sie wieder schwarze Zahlen. Das Schifffahrtsportfolio wurde in diesen sechs Monaten von 9,6 Mrd. € auf zuletzt 7,2 Mrd. € abgeschmolzen. Dazu kommen weitere 1,64 Mrd. € im Offshore-Geschäft, das aber als Teil des »Non-Core-Portfolios« bereits endgültig abgewickelt wird.

»Strategische Optionen in Bezug auf die DVB werden weiterhin überprüft«, hieß es im Halbjahresbericht des Mutterkonzerns DZ Bank. Dabei ist klar, dass sich das Spitzeninstitut der 900 Volksbanken am liebsten von dem Verlustbringer Transportfinanzierung trennen würde, in Gänze oder wenigstens in Teilen. Bislang hat sich kein Abnehmer gefunden.

Nun sollen offenbar die DVB-Bereiche Flugzeugfinanzierung (Kreditvolumen 5,4 Mrd. €) und Landtransport-Finanzierung (1,4 Mrd. €), die als finanziell gesund gelten, zuerst angeboten werden könnten. Laut Medienberichten gehören die Bank Mitsubishi UFJ Financial Group (MUFG), die Finanzgruppe Orix, beide aus Japan, sowie die australische Macquarie-Gruppe Das weiter schwer belastete Schiffskreditportfolio ist dagegen weitaus weniger attraktiv.

Bankendämmerung in Europa

Der Kehraus bei den deutschen Schiffsbanken hat maßgeblich mit dazu geführt, dass alle europäischen Schiffsbanken zusammen binnen einer halben Dekade knapp 20% ihres Marktanteils von einst 80% verloren haben – vornehmlich an Kreditgeber und Leasinggesellschaften in Asien. Aber auch skandinavische Banken wie die DnB, zuletzt noch größter Schiffsfinanzierer der Welt, ist nach einem Abbau um 5Mrd. $ auf jetzt noch 16,2Mrd. $ auf den 5. Platz gerutscht.

Schaut man sich das alljährlich von Petrofin herausgegebene Ranking der Schiffsbanken an, das lange von deutschen Geldinstituten angeführt wurde, taucht inzwischen die Förderbank KfW IPEX als bestplatzierte deutsche Bank mit einem Portfolio von 16,6 Mrd. $ (1. Halbjahr 2018: 14,1 Mrd. €/16,47 Mrd. $) auf Position drei auf. Tatsächlich ist die Förderbank des Bundes der einzige klassische Kreditgeber, der keinen strukturellen Abbau betrieben hat. Aber auch skandinavische Banken haben ihr Engagement zuletzt stark abgebaut.

Asiaten verdoppeln Marktanteil

Die Banken in Fernost, vor allem in China, haben ihr Portfolio im gleichen Zeitraum fast verdoppelt – von 66,4 Mio. $ auf 128 Mio. $. Der globale Marktanteil liegt inzwischen bei 18%, Tendenz steigend. Allein die Leasinggesellschaften hätten demnach im vergangenen Jahr ein Finanzierungsvolumen von 47 Mrd. $ erreicht.

Allerdings kommt Petrofin zu dem Schluss, dass der jahrzehntelange Rückgang bei der Kreditvergabe die Talsohle durchschritten haben könnte. Im vergangenen Jahr seien »nur« noch 10 Mrd. $ aus den Portfolios der 40 führenden Banken der Branche getilgt worden – gegenüber 42,5 Mrd. $ im Jahr 2016. Trotz dem Aufschwung in Asien sind in der Schiffsfinanzierung große Lücken gerissen worden. Denn im gleichen Zeitraum wuchs die globale Flotte um 28%. Der Prozess der »Neuausrichtung und Restrukturierung« sei weiter im vollen Gange, heißt es in der Analyse von Petrofin. So hätten Banken wie Nordea, BNP oder ABN Amro inzwischen ihre maritimen Portfolios in größere Geschäftseinheiten integriert, um Risiken zu minimieren und Auflagen der Aufsichtsbehörden besser zu erfüllen.

Alternative Kapitalquellen bleiben also weiter gefragt. Vor allem Leasing-Modelle vornehmlich chinesischer Banken (siehe auch Bericht auf S. 34) erleben seit einigen Jahren einen regelrechten Boom. Allein die zehn führenden Leasingunternehmen in China haben im Jahr 2016 mehr als 11,5 Mrd. $ in Asien und auch in Europa investiert und sich damit einen globalen Marktanteil von 15% gesichert. Sie haben auf diesem Weg deutlich die über Exportkreditagenturen abgesicherte Bankenfinanzierung überholt.

Leasing weiter gefragt

Zumeist handelt es sich um klassisches Finanzierungsleasing, sowohl für Neubauten als auch für bestehende Tonnage. Charakteristisch sind lange Amortisationszeiten von üblicherweise etwa zwölf Jahren bis zu mehr als 17 Jahren.

Zu den großen Vorteilen sowohl von Leasing- als auch von »Sale & Lease back«-Transaktionen gehört eine weitaus geringere Fremdverschuldung des Reeders sowie die Freisetzung von Kapital, beispielsweise zur Begleichung anderer Schulden. Darüber hinaus wird die Flotte der Schiffe verjüngt, was für Investoren und Kapitalmarktbewertungen als vorteilhaft gilt.

Alles spricht dafür, dass chinesische Leasingunternehmen wie ICBC Financial Leasing, Minsheng Leasing oder BoComm ihre Rolle weiter ausbauen werden. Auch die Linienreederei COSCO hat inzwischen mit dem eigenen COSCO Shipping Funds einen Leasingableger gegründet und will nun Finanzierungen für nationale und internationale Kunden anbieten.

Es liegt jedoch auf der Hand, dass Leasing für kleinere und mittlere Unternehmen kaum geeignet ist. Solche Schiffseigner sind weiter auf die Banken oder auf andere Geldquellen wie Family Offices oder Private Equity angewiesen. MPC Capital ist es dagegen gelungen – wie zuvor schon etlichen griechischen Reedern – ihre Expansion über die Börse in Oslo zu finanzieren.

Eine weitere Option ist die Übernahme von Banken-Portfolios durch institutionelle Anleger. So hatte die Berenberg Bank im Auftrag japanischer Investoren einen Großteil des Kreditportfolios der RBS für griechische Reedereikunden aufgekauft und tritt nun als deren Asset-Manager auf.

Krischan Förster