Nach dem »Tod« des deutschen KG-Marktes hat es der Handel mit Schiffsbeteiligungen
am Zweitmarkt schwer. Alex Gadeberg, Vorstand der Fondsbörse Deutschland Beteiligungsmakler AG, erklärt, was in dem Segment noch zu erwarten ist
Wie hat sich der Zweitmarkt für geschlossene Schiffsfonds seit Ausbruch der Krise 2008 entwickelt?
Alex Gadeberg: 2017 war[ds_preview] unser Umsatz in diesem Bereich mit rund 50Mio. € zwar höher als 2018 mit etwa 40Mio., davor aber noch niedriger, sodass wir schon sagen können, dass die Situation sich etwas verbessert hat. Aber es ist nicht gut, 2008 und 2009 waren wir am gesamten Zweitmarkt, nicht nur bei uns, bei Nominalumsätzen von über 200 Mio. im Jahr. Davon sind wir weit weg, vielleicht sind wir heute noch bei 20%.
Viele Fonds, auch gute und seriöse, mussten in den letzten Jahren aufgrund von Marktgegebenheiten liquidiert werden und diese Fonds können wir natürlich nicht handeln. Der mögliche handelbare Anteil beträgt heute wahrscheinlich auch nur noch 20% der Fonds, die es 2008 gab. Ausschlaggebend für den niedrigen Handel im Zweitmarkt ist die geringe Anzahl an Fonds. Viele Schiffe sind verkauft oder die Aussichten sind so schlecht, dass kein Handel zustande kommt.
Wir decken schätzungsweise 70-80% des Zweitmarkthandels in dem Bereich ab, aber es gibt eben einen grauen Markt, dessen Größe jedoch schlecht einzuschätzen ist. Viele Transaktionen, etwa von Erbengemeinschaften, die ihre Beteiligung loswerden wollen, die sehen wir gar nicht.
Ist eine Besserung noch zu erwarten?
Gadeberg: Auf dem Zweitmarkt sehe ich kurzfristig keine Besserung, es gibt momentan keine neuen Fonds, höchstens ein paar Emittenten, die im Private-Placement-Bereich Fonds auflegen. Aber das Volumen ist extrem klein und die Fonds sind kaum öffentlich zugänglich. Aus der Zweitmarktperspektive ist also keine Besserung in Sicht. Wir hören, dass es Emittenten gibt, die jedes Jahr in der Lage sind Private-Placements mit Privatkunden zu platzieren. Das freut uns natürlich, denn es zeigt, dass noch immer Leute an den Markt glauben. Aber wenn man sich die Charterraten anschaut, sind wir noch weit weg von dem Niveau von 2007 und 2008.
Gibt es Unterschiede in der Nachfrage nach verschiedenen Schiffssegmenten, etwa Containerschiffen oder Tankern?
Gadeberg: Momentan haben wir noch immer sehr viele Containerschiffe. Als die Krise begann, hat es ja erst einmal die Containerschiffe getroffen, dann auch die Tanker. Beispielsweise sind Dr. Peters, die viele Tanker hatten, und Conti mit Bulkern voll in den Sog gekommen und wir haben sehr viele Liquidationen gesehen. Man kann zwischen den Segmenten kaum einen Unterschied machen oder vorhersagen, dass es in der Zukunft irgendwo besser aussieht.
In unserem Markt schaut man wirklich auf die einzelne KG: wie ist die Charterrate für dieses Schiff, wie ist der Schuldenstand? Da haben die Schiffe eine Chance, die in Zeiten guter Charterraten einen großen Teil der Darlehen tilgen konnten. Für die, denen das nicht gelungen ist, finden wir heute keinen Käufer. Der Parameter ist immer der möglichst niedrige Schuldenstand. Die Käufer bekommen angesichts hoher Schulden Angst, ob sich mit den Charterraten die Darlehen bedienen lassen oder was die Banken machen. Wird das Schiff morgen verkauft? Das haben wir in den letzten Jahren erlebt, dass auch ein gutes Schiff plötzlich in eine Situation hineingekommen ist, in der die Bank es verkaufen und das Darlehen ablösen konnte. Das ist kein Vorwurf, die Banken müssen das tun. Das ist eben das Risiko, das man als Kommanditist und Miteigentümer eingegangen ist. Daher liegt der Fokus auf der Loan-to-Value-Clausel und dem sehr niedrigen Schuldenstand. Das ist in Kundengesprächen wichtiger als die Frage, ob es sich um ein Containerschiff oder einen Tanker handelt.
Das Jahr 2020 ist wegen des dann geltenden Schwefellimits der IMO derzeit das beherrschende Thema in der Branche. Wie sieht das bei Ihnen aus?
Gadeberg: Das Datum 2020 ist in unserem Markt eigentlich gar kein Thema. Natürlich haben die Kunden das schon im Kopf, aber erst einmal ist der Schuldenstand und die aktuelle Charterrate wichtig. Und wenn hinter diese beiden Punkte kein Haken gesetzt werden kann, kommen wir gar nicht zu der dritten Frage.
Wer genau kauft und verkauft denn heute Schiffsbeteiligungen?
Gadeberg: Auf der Käuferseite sind es Privatpersonen, die wissen, was sie tun, die die Schifffahrtsmärkte kennen und sich die Finanzierungsstrukturen anschauen und somit bestens dafür vorbereitet sind. Die Verkäufer sind sehr unterschiedlich, dabei sind auch Menschen, die wissen, was sie tun, die aber sagen: »Weg damit, ich will nicht mehr.« Oder es sind Privatpersonen oder Erbengemeinschaften, die verkaufen. Wir sehen aber auch Fonds, die Beteiligungen aufgekauft haben oder kleinere Gesellschaften, die ein Portfolio aufbauen wollten und dieses nun liquidieren möchten bzw. müssen.
Können die Käufer in dieser Situation also Schnäppchen machen?
Gadeberg: Das zu sagen, finde ich immer schwierig. Denn es gibt immer einen Grund, warum die Kurse so sind, wie sie sind. Die Chance ist schon da. Wenn sich weniger Akteure am Markt tummeln und es auf der Verkäuferseite eine relativ große Unsicherheit gibt, ist man vielleicht eher gewillt, etwas abzugeben, um die Risiken loszuwerden. Das würde ich nicht ausschließen. Es gab auch in den guten Zeiten 2008 Personen, die von einem Schnäppchenmarkt gesprochen haben. Man muss die Performance eines Fonds jedoch immer über die Zeit betrachten. Der Investor muss am Ende schauen, was herausgekommen ist.
Was bedeutet das Aus am KG-Markt für Sie als Handelsplattform?
Gadeberg: Den KG-Markt, wie wir ihn kannten, den gibt es nicht mehr, und ich glaube nicht, dass es ihn so jemals wiedergeben wird. Es wird immer noch Privatleute geben, die bereit sind, in Schiffe zu investieren, aber das wird wahrscheinlich andere Strukturen haben. Als Handelsplattform sehen wir aber sowohl für neue als auch für gebrauchte Produkte wenig Aktivität. Das Fondskonstrukt der KG hat viele Vorteile, aber die Nachhaftungsproblematik hat die Leute völlig abgeschreckt, auch wenn das unter dem neuen KAGB-Gesetz heute deutlich begrenzt ist, dürfen die Fonds heute nicht mehr so aufgelegt werden wie damals.
Um überhaupt ins Gespräch zu kommen, muss der Kunde an dem Thema Schiffe interessiert sein. Und das ist, glaube ich, das grundsätzliche Problem momentan. Egal wo man das Thema Schiff im Kundenumfeld anbringt, sagen alle, das sei doch nur schlecht. Wenn man das zurückgewinnen will, muss man von ganz unten anfangen. Das ist auch das, was momentan passiert, wenn Family Offices oder Vermögensverwalter kleinere Tranchen an ausgewählte, vielleicht risikofreudige, aber zu 100% aufgeklärte Kunden platzieren, die ganz genau wissen, was sie tun, die sowohl Chancen als auch Risiken kennen
Wir haben in den letzten Jahren gesehen, dass viele Kunden, die in den Boom-Zeiten eine Schiffsbeteiligung erworben haben, nicht ganz verstanden haben, was sie gekauft haben, zumindest die Risiken nicht. Da kann man nur hoffen, dass die Aufklärung in der Zukunft besser ist. Heute kaufen Anleger, die sich mit dem Thema selber auskennen oder Berater haben, denen Sie vertrauen können.
Die KG-Schiffe werden älter und neue gibt es nicht. Fällt das Segment für Sie als Plattform in Zukunft ganz weg?
Gadeberg: Es ist gar nicht abwegig zu sagen, dass es in zehn Jahren so sein wird, wenn sich die Strukturen nicht ändern. Wir freuen uns deshalb, dass wir so viele Immobilienfonds handeln können, und dass ständig neue dazukommen. Das ist jetzt ein Thema für den Schiffs- und KG-Markt, aber auch für die deutsche Flotte. Wie schaffe ich eine Finanzierung, wie schaffe ich Eigenkapital? Jetzt muss man neue Wege gehen. Der Gedanke, ein Reeder könnte aus eigener Kraft seine Flotte voll durchfinanzieren, ist naiv. Es muss Quellen für Eigenkapital geben und das betrachte ich als schwierig für den deutschen Schifffahrtsmarkt. Es gibt ja Plattformen z.B. in Norwegen und New York, wo man relativ viel Eigenkapital eingesammelt hat. Mir stellt sich die Frage, ob das für deutsche Reeder eine dauerhafte Lösung ist. Aber ich habe auch keinen Vorschlag, wie man das machen könnte.
Wir wollen sehr gern das Thema Schiff beleben. Wir werden aber dazu gezwungen, uns deutlich mehr auf Immobilien- und Private-Equity-Fonds zu fokussieren. Wir haben ja auch eine Plattform zur Vermittlung neuer Fonds aufgelegt. Ich würde mich freuen, wenn wir hier in den nächsten zwei bis drei Jahren Publikumsprodukte hätten – auch wenn es dann zum Beispiel als Spezial-AIF aufgelegt würde, sodass die Summen für den Anleger 200.000€ oder mehr wären, um die richtige Klientel anzusprechen. Ich glaube noch immer an das Segment.
Interview: Felix Selzer