ClassNKs Offensive auf dem deutschen Markt ist bekannt. Auf dem Weg zu weiterem Wachstum hat sich die japanische Klassifikationsgesellschaft nun zwei Schwergewichte ausgesucht: China und Griechenland. Von Michael Meyer

China sei ein extrem wichtiger Markt, bestätigte jetzt der seit Anfang 2016 amtierende Präsident und CEO Koichi Fujiwara in einem[ds_preview] seiner seltenen Interviews. In Hamburg hatte sich ein Führungsteam um Fujiwara, Junichiro Iida, Senior Executive Vice President und dem neuen Hamburg-Statthalter Akizumi Miura Zeit für ein exklusives Gespräch mit der HANSA genommen, um über aktuelle Entwicklungen und die Strategie für die Zukunft zu reden.

»Chinesische Reedereien haben eine sehr große Flotte aufgebaut und der chinesische Markt ist für enorme Transportvolumen verantwortlich«, führte Fujiwara aus. Auch wenn es derzeit angesichts der politischen Spannungen zwischen den USA und der Regierung der Volksrepublik einige Spannungen und Zollstreitigkeiten gebe, bleibe China ein sehr wichtiger Markt für den Welthandel – und damit auch für ClassNK.

Die Japaner sind sicherlich nicht die einzigen, die gerne am Wachstum der chinesischen Schifffahrt partizipieren würden. Bislang galt allerdings stets: Peking hat ein sehr wachsames Auge auf eine Einbindung ausländischer Unternehmen in die eigene Wirtschaftsstruktur. Im Fall der Schifffahrt wird dies nicht zuletzt dadurch sichtbar, dass eine Vielzahl der Reedereien Staatsunternehmen sind, genauso wie die nationale Klassifikationsgesellschaft CCS (China Classification Society). Aufträge gehen in der Regel von einem Staatsunternehmen zum anderen.

Darüber ist sich die ClassNK-Führung im Klaren. »Wir sehen diese enge Verbindung natürlich auch«, sagt Fujiwara, um jedoch sogleich einzuschränken: »Auf der anderen Seite haben sich mittlerweile auch einige starke private Reedereien in China entwickelt. Dieser Trend könnte sich fortsetzen.« Als mittlerweile drittgrößte Klassifikationsgesellschaft der Welt will man zur Stelle sein und sich einen Anteil sichern.

Fujiwaras Kollege Ida beschäftigt sich seit einiger Zeit mit dem Markt China. Auch er gesteht die starke Konkurrenz durch den Staat ein, sagt aber: »Wenn man sich die Entwicklung in China anschaut: Wer sind die Wachstumstreiber? Das sind nicht zuletzt die privaten Unternehmen.« Selbstbewusst ergänzt er: »Diese Akteure wissen, wer der beste Partner für ihr internationales Geschäft sein könnte.« Präsident Fujiwara sieht darin »eine Chance«.

Über konkrete Planungen oder potenzielle Partner will er derzeit noch nicht reden, da sich die Pläne noch in einer sehr frühen Phase befinden. Gleiches gilt für einen zweiten Wachstumsmarkt, in dem die Japaner mitmischen wollen: Griechenland. Die dortige Branche ist bekannt dafür, offen für neue Wege und Partnerschaften zu sein, wenn es der eigenen Wirtschaftlichkeit dienlich ist. Und mithilfe in den USA gelisteter Unternehmen und starken Partnern im eigenen Land haben die Griechen ihre Position zuletzt wieder gestärkt.

Die Strategie soll in der Branche – gerade hierzulande – allerdings nicht als Abkehr von anderen Märkten verstanden werden. »Deutschland ist und bleibt ein wichtiger Markt für uns«, bestätigt Fujiwara und greift damit auf, was Miura bei seiner Amtseinführung in Hamburg bereits im April angekündigt hatte, nicht zuletzt als Reaktion auf Gerüchte um einen möglichen Rückzug aus Deutschland.

2014 hatte ClassNK eine Offensive gestartet und intensiv um deutsche Reedereien und ihre Flotten geworben. Mit einigem Erfolg, wie die Entwicklung zeigt. Mit Stand Juli hatte die Gesellschaft 50 deutsche Kunden und 200 Schiffe in den Büchern – Tendenz steigend. Der Anteil an der deutschen Flotte beträgt 7,76%, nach lediglich 2,1% (10 Kunden / 50 Schiffe) im Jahr 2012. Vor allem Containerschiffe wechselten seither zur japanischen Klasse, allerdings nicht nur. Einer der Partner ist die Lübecker Bulker-Reederei Oldendorff, die auch bei der Entwicklung der kürzlich veröffentlichten Transshipment-Einheiten auf die Expertise von ClassNK setzte. »Wir wollen auch in Deutschland weiter wachsen«, sagt Miura. Man sei offen für weitere Segmente, auch für LNG-Carrier und andere Typen.

Im Weltmarkt liegt ClassNK derzeit nach eigenen Angaben an dritter Stelle, hinter DNV GL und Lloyds Register. Laut Fujiwara hält man derzeit einen Marktanteil von 20%; 9.101 Schiffe mit insgesamt 250 Mio. GT. In den vergangenen Jahren lag die Anzahl der Schiffe zwar zum Teil höher, allerdings verzeichnete die Klasse einen kontinuierlichen, leichten Anstieg der Tonnage. Am stärksten ist NK wenig überraschen in der japanischen Flotte, die nicht zuletzt von großen Reedereigruppen wie MOL, NYK und K Line geprägt ist. Dort ist man Marktführer mit einem Anteil von »über 70%«, wie Fujiwara bestätigt.


Michael Meyer