Die deutsche Hafenwirtschaft geht für 2019 lediglich von moderaten Umschlagzuwächsen aus. Gleichzeitig hofft man auf mehrere Fahrrinnenanpassungen. Für Forderungen an die Politik holt man sogar Flughäfen mit ins Boot.

Das Jahr 2018 lief schleppend an, seit dem Frühjahr sind aber Zuwächse erkennbar«, sagte jetzt Frank Dreeke, Präsident des Zentralverbands[ds_preview] der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) bei der Vorlage der jüngsten Bilanz. Er rechnet für 2018 mit einem Gesamtumschlag von rund 300Mio.t – nach 299,5 Mio.t im Vorjahr also ein stabiles Ergebnis.

Die Hafenwirtschaft an den 22 vom ZDS vertretenen Standorten investierte seinen Angaben zufolge allein im vergangenen Jahr hunderte Millionen Euro in die Hafen- und Verkehrslogistik, in Nachhaltigkeitsprojekte und in digitale Angebote für die Kunden. Mit Zukäufen und Beteiligungen im In- und Ausland sowie innovativen Forschungsprojekten wollen sich die deutschen Hafenunternehmen für die Zukunft rüsten. Dreeke ist guter Hoffnung, dass sich dies schon in diesem Jahr positiv auf die Umschlagzahlen auswirkt. »Bis Ende 2019 erwarten wir Zuwächse in allen Ladungssegmenten«, so der ZDS-Präsident, der von einem allerdings nur geringen Wachstum zwischen 1,5 und 1,7% sprach.

Innovative Hafentechnologien

Die deutsche Hafenwirtschaft sei sehr leistungsfähig und innovationsfreudig. »Wir sind im Vergleich zu anderen europäischen Häfen führend bei Technik und Innovation«, stellte Dreeke heraus und wies auf das vom ZDS mit initiierte IHATEC-Programm für Innovative Hafentechnologien hin. Dies sei so erfolgreich, dass der Verband davon ausgehe, dass es über das Jahr 2021 hinaus verlängert werde. Gleichzeitig regte Dreeke eine Aufstockung der IHATEC-Fördermittel an.

Ein wichtiges Signal für die Entwicklung der Seehäfen ist dem Verbandschef zufolge auch die Fahrinnenanpassung der Elbe. »Deutschland benötigt Seehäfen – und nicht nur einen – um zu gewährleisten, dass unsere Exporte und Importe effizient und möglichst umweltschonend zu den Abnehmern kommen können.« Die Fahrrinnenanpassungen an Elbe, Ems, Weser und an den Seekanälen in Rostock und Wismar würden den Erfolg an den Weltmärkten sichern und andere Verkehrsträger entlasten.

Deutsche Häfen sind aus seiner Sicht »systemrelevant«, annähernd jeder vierte Arbeitsplatz hänge von Exporten ab. Dreeke kritisierte jedoch die langwierigen Planungs- und Genehmigungsverfahren. Deshalb fordert der ZDS von der Bundesregierung, sich in die Überarbeitung der veralteten EU-Wasserrahmenrichtlinie einzubringen. Diese sei 19 Jahre alt und in Teilen überholt. »Die Richtlinie muss dem technischen Fortschritt und den Rechtsentwicklungen angepasst werden«, so Dreeke. Es gehe um eine Modernisierung, nicht um grundsätzliche Veränderungen. Nach der Baurechterteilung für die Fahrrinnenanpassung der Elbe ist der ZDS-Präsident zuversichtlich, dass es auch für die übrigen Fahrinnenanpassungen grünes Licht geben wird. Für die Weser erwartet er eine Entscheidung in zwölf bis 24 Monaten. Für das Vorhaben in Rostock sollen die Planfeststellungsunterlagen im ersten Quartal ausgelegt werden, berichtete Jens Scharner, Geschäftsführer von Rostock Port. Er geht unverändert davon aus, dass die Maßnahme 2022 oder 2023 abgeschlossen sein wird.

Jan Müller, Vorstandsvorsitzender des Braker Umschlagunternehmens J. Müller, unterstrich die Bedeutung der Fahrrinnenanpassungen von Weser und Ems für die ansässige Wirtschaft. Für ihn sei es ein positives und wichtiges Signal, dass anhand der Fahrrinnenanpassung der Elbe demonstriert werde, dass so etwas in Deutschland funktioniere.

»Einfuhrumsatzsteuer anpassen«

Nachteile im Wettbewerb für Importeure in ganz Deutschland und für Flughäfen und Seehäfen sieht der Verband im Zusammenhang mit dem Erhebungsverfahren zur Einfuhrumsatzsteuer. »Importeure in allen Bundesländern müssen bei Drittstaatenimporten über deutsche Häfen und Flughäfen sofort die Steuer entrichten und müssen die Zahlung später beim Finanzamt verrechnen. Das Geld ist sofort weg und viel Aufwand entsteht. Praktisch alle anderen EU-Staaten machen das viel schlanker.« Der ZDS drängt deshalb darauf, dass der Koalitionsvertrag der Bundesregierung, der eine Überarbeitung des »altmodischen deutschen Verfahrens« vorsieht, schnellstmöglich umgesetzt wird.

Hier deutet sich jetzt aber eine Besserung an, denn die Finanzminister der 16 Bundesländer haben im Dezember einstimmig beschlossen, das Erhebungsverfahren zu verändern. Es bestehe Handlungsbedarf, um Standortnachteile zu beseitigen, hieß es. Die Länderfinanzminister forderten daher Bundesfinanzminister Olaf Scholz auf, kurzfristig die Umsetzung der sogenannten »Fristenlösung«, also die Verschiebung von Fälligkeiten, zu veranlassen und gleichlaufend bis Spätsommer alle Maßnahmen und zeitlichen Abläufe, die zur Einführung des von den Wirtschaftsbeteiligten favorisierten »Verrechnungsmodells« nötig sind, zu identifizieren.

Der ZDS begrüßte den einstimmig angenommenen Beschluss der Ministerkonferenz. Bundesregierung sowie die Wirtschafts- und Finanzminister aller Bundesländer seien sich damit einig, dass das Erhebungsverfahren zur Einfuhrumsatzsteuer geändert werden müsse, um den akuten und von der ausländischen Konkurrenz stark beworbenen Wettbewerbsnachteil für die im ganzen Bundesgebiet angesiedelten Importeure, Spediteure, Flughäfen und Seehäfen auszuräumen. Zudem würden sich Steuer- und Zolleinnahmen aus dem Ausland nach Deutschland verlagern.

Ferner sieht der Verband Handlungsbedarf bei der Luftreinhaltung – sowohl bei der Nutzung von Flüssiggas (LNG) als auch bei Anlagen für die landseitige Stromversorgung von Schiffen. Die Wirtschaft investiere viel in diesen Bereich, allerdings müssten Bund und Länder dafür die Voraussetzungen schaffen, dass das auch genutzt werde. Es sei immer noch schwierig, Genehmigungen für den Einsatz von LNG zu bekommen, ferner sei Strom von Land aus zu beziehen für die Schifffahrtsunternehmen aufgrund der EEG-Umlage auf Landstrom viel zu teuer. »Das muss sich ändern«, forderte Dreeke.


Thomas Wägener