Mit der Zusatzoption »Value Protect« sind für Verlader künftig 100% des Warenwerts bei Transportschäden gedeckt, schreibt Michael Hollmann
Seeverlader können bei der weltgrößten Containerlinie Maersk jetzt eine erweiterte Haftung für Ladungsschäden als Alternative zur eigenen Warentransportversicherung buchen. Mit[ds_preview] dem neuen Service »Value Protect«, der zuerst in China, Frankreich, Italien, der Karibik, Türkei und Singapur verfügbar ist, werden 100% des Warenwerts ohne Selbstbehalte gedeckt, wie Maersk mitteilt.
Bis Mitte 2019 soll das Angebot weltweit ausgerollt werden, Kunden in Deutschland könnten »Value Protect« voraussichtlich ab März buchen.
Normalerweise ist die Haftung der Reedereien für Ladungsschäden durch gängige Bill-of-Lading-Bedingungen streng limitiert. Im Schadensfall kommt die Warentransportversicherung des Ladungseigners für den Großteil des Verlusts auf. Bei »Value Protect« werden entsprechende Haftungsbeschränkungen aus dem Bill of Lading gestrichen. Gedeckt sind Risiken wie Brand, nautisches Versagen, Verspätung, Diebstahl und Naturkatastrophen. Auch mögliche Beiträge zu Havarie-grosse-Kosten oder für Berger bei Großschadensereignissen werden übernommen.
Die Preise für das Produkt sind online einsehbar. Für normale Container mit einem Warenwert bis zu 120.000 $ kostet die erweiterte Haftung 235 $. Für temperaturgeführte Ladung im Wert von bis zu 36.000 $ im Reefer-Container verlangt Maersk 117 $.
Der Einführung von »Value Protect« war nach Konzernangaben eine große Kundenbefragung vorausgegangen. »Viele haben sich einfachere Lösungen zur Abdeckung ihrer Logistikrisiken gewünscht. Value Protect ist unsere Antwort darauf«, erklärt Maia Parlagashvili, Leiterin für Versicherungsprodukte bei Maersk. Gegenüber der HANSA unterstrich das Unternehmen noch einmal, dass »Value Protect« keine Versicherung sei, sondern eine erweiterte Haftung für die verantworteten Transporte. Andernfalls bräuchte Maersk eine Versicherungslizenz und fiele damit unter eine zusätzliche Aufsicht. Bei der Frage, wie Maersk die erweiterte Haftung intern abdeckt – ob durch entsprechende Zusatzdeckungen seitens der eigenen P&I- oder anderen Transporthaftungsversicherer – gibt sich der Konzern allerdings bedeckt.
Einer der ärgsten Konkurrenten – der französische Carrier CMA CGM – hatte bereits vor einem Jahr ein ähnliches Produkt herausgebracht. Dort nennt sich die erweiterte Haftung »Serenity« und wird zu ähnlichen Preisen angeboten: 99 $ pro Container bei Warenwerten bis 50.000 $ und 199 $ bei einem Warenwert bis 100.000 $. Wie sich der Absatz entwickelt hat, ist unbekannt. Der Vorstoß von Maersk verdeutlicht aber, dass die Linienreeder die erweiterte Haftung als Wettbewerbsfaktor entdeckt haben.
Maersk wie auch CMA CGM führen als weiteres Argument ins Feld, dass die Administration von Schäden für den Kunden vereinfacht werde, weil der Geschäftsverkehr mit Transportversicherern und Maklern wegfalle. Das setzt voraus, dass Carrier und Kunde sich über die Schadenersatzpflicht einig sind, was in der Praxis nicht immer der Fall sein wird. Die Liste der Haftungsausschlüsse für »Value Protect« lässt zumindest erahnen, dass Konflikte vorprogrammiert sind. Dort werden neben Kriegsschäden und Streik auch »weitere Ursachen« aufgeführt, welche »nicht auf Fehlverhalten oder Mitwirkung des Carriers« zurückzuführen sind.
Als Zielkundschaft nennt Maersk primär Ladungseigner, die gar keine Transportversicherung in Anspruch nehmen. Dies ist häufig bei geringwertigen Produkten der Fall. Der dänische Konzern schätzt den Anteil der unversicherten Ladung im Containerverkehr auf 30%.
Warentransportversicherer verfolgen die Initiativen von CMA CGM und von Maersk aufmerksam, aber gelassen. »Uns beunruhigt das nicht«, erklärte ein Manager. Die Preise seien zwar mit den Prämien der Warenversicherer für kleinere Adhoc-Transporte grob vergleichbar. Doch böten die Versicherer höhere Deckungen und ein differenzierteres Tarifwerk.
Für Überseegeschäft auf Akkreditivbasis sei die erweiterte Haftung nicht ausreichend, da finanzierende Banken hier Versicherungszertifikate verlangten. Zudem bleibe abzuwarten, wie Bearbeitung und Regulierung von Schäden durch die Carrier erfolgen.
Michael Hollmann