Weil die Umschlagkapazität am JadeWeserPort nicht wie gewünscht ausgebaut wird, erschließt sich der Tiefkühllogistiker Nordfrost neue Märkte, die Westhäfen spielen dabei eine Rolle. Aber auch am Jadebusen wird investiert

Der 2012 in Betrieb genommene JadeWeserPort in Wilhelmshaven sollte dank seiner sehr guten nautischen Erreichbarkeit den großen Containerhäfen an der[ds_preview] Nordrange Konkurrenz machen. Die weitere Geschichte ist hinreichend bekannt: die Umschlagvolumina entwickelten sich zunächst äußerst schleppend, dann zwar besser, aber immer noch hinter den eigentlichen Erwartungen, weil die großen Containerlinienreedereien an ihren »bewährten« Anlaufhäfen in Hamburg, Bremerhaven, Antwerpen und Rotterdam festhielten.

Das machte sich auch im Geschäft von Nordfrost bemerkbar. Das Tiefkühllogistik-Unternehmen mit Hauptsitz in Schortens nahe Wilhelmshaven war der erste Ansiedler in der Logistikzone des Containerhafens. Nordfrost-Chef Horst Bartels zieht im Gespräch mit der HANSA eine Zwischenbilanz: »Die ersten fünf Jahre seit Eröffnung des Hafens war dessen Betrieb bekanntermaßen enttäuschend. Das zunächst fehlende Hafengeschäft hat uns sehr viel Geld gekostet.« Seit dem Start des Fernost-Linienverkehrs von der »Ocean Alliance« 2017 »sind wir zufriedener und davon überzeugt, dass die Volumen in Zukunft deutlich steigen werden.« Mittlerweile ist auch die »2M«-Allianz von Maersk, MSC und Hyundai, Maersk mit eigenen Linien und Feeder-Linien vor Ort aktiv. Seit 2018 liegen die Nordfrost-Ergebnisse im Hafen im positiven Bereich.

Kritik an Containerbrücken

Alles andere als zufrieden ist Bartels allerdings mit der Voraussetzung für das ureigene Geschäft eines Hafens: den Umschlag. Für die Ausstattung ist der Betreiber Eurogate zuständig, der neben Wilhelmshaven auch Terminals in Hamburg und Bremerhaven betreibt.

Aus Sicht von Bartels gibt es Nachholbedarf an Deutschlands einzigem Tiefwasserhafen, da er mit aktuell acht Containerbrücken in absehbarer Zeit an seine Kapazitätsgrenzen stoßen werde. Das sei das Grundproblem für den Standort. »Die Länge der Kaianlage lässt das Löschen von vier Schiffen mit über 20.000 TEU gleichzeitig zu, aber die begrenzte Zahl an Umschlagsbrücken lässt nur zwei Schiffe dieser Größenordnung zu. Ab Bestellung der Brücken bis zur Inbetriebnahme werden zwei Jahre vergehen, deshalb hätten diese schon vor einem Jahr geordert werden müssen.« Bartels weist immer wieder öffentlich darauf hin, »aber es tut sich nichts. Das Land Niedersachsen zeigt sich ohnmächtig, da es alle Entscheidungen dem privaten Hafenbetreiber übertragen hat.« Eurogate hat sich auf Nachfrage nicht geäußert.

Nordfrost hatte das Seehafen-Terminal 2012 zunächst als Frischezentrum in Betrieb genommen, spezialisiert auf die Lagerung und den Umschlag von frischem Obst und Gemüse aus Übersee. »Diese Waren werden heutzutage für die Versorgung des deutschen Marktes überwiegend über Rotterdam und Antwerpen gesteuert, hier bieten wir eine Alternative. Auf 20.000m2 verfügen wir über 35.000 Stellplätze, die wir auch für andere Warengruppen im Frischesektor nutzen, wie Molkereiprodukte, verpackte Fleischwaren oder Süßigkeiten, sodass inzwischen ganzjährig eine sehr hohe Auslastung besteht«, berichtet der Manager.

Vor einem Jahr wurde in einem zweiten Projekt schließlich ein Tiefkühlhaus in Betrieb genommen. Angegliedert daran ist ein 2.500m2 großer Weißbereich für die Lebensmittelbearbeitung, zum Beispiel für die Verpackung von frischer Ware in Kartonagen oder von tiefgekühlten Gütern in Schlauchbeutel. In diesem Jahr soll es durch ein vollautomatisches Hochregallager für 40.000 Paletten und einen Weißbereich erweitert werden. Darüber hinaus wurde bereits ein 20.000m2 großes Verteillager für Trockengüter errichtet, auch für »Nonfood«-Kunden. Als zusätzliches Standbein wurden Hafen-Dienstleistungen aufgenommen, etwa Organisation von Projektlogistik, Verpackung von Maschinen und Anlagenteilen mit eigener Fertigung oder ein Containerdepot mit Angeboten für Waschen und Reparatur sowie Be- und Entgasen. Heute biete man durch die Erweiterung auf Überseegeschäfte einen wesentlich höheren Anteil an der Supply Chain als etwa bis vor einem Jahr. Mittlerweile wurden 104Mio. € in das Seehafen-Terminal investiert, weitere 100Mio. € sind geplant.

Neue Standorte für Nordfrost

Erst mit Eröffnung des Tiefkühlhauses Ende Januar 2018 kam das Hafengeschäft laut Bartels »richtig in Schwung«. Durch die Aktivitäten habe man 20.000TEU zum Gesamtumschlag beigetragen, über Lagerhäuser oder Direktanlieferungen im Rahmen des Trucking-Geschäftes. Für 2019 rechnet er mit 80.000TEU.

In der Vergangenheit äußerte er das ambitionierte Ziel, Wilhelmshaven zur Lebensmitteldrehscheibe Deutschlands zu machen und Ladung aus Rotterdam abziehen zu wollen. Mittlerweile ist er etwas ernüchtert: »Das war unser Ziel, ist allerdings ins Stocken geraten, da der Containerhafen nicht mitzieht. Der in dem Umfang nicht erwartete Erfolg im für uns neuen Hafengeschäft beflügelt uns, den Bereich auszubauen.« Doch am Jadebusen sieht er die Möglichkeit begrenzt. So entschloss sich Bartels, der seit jeher viel Wert auf seine Beziehung zu Wilhelmshaven legt, Nordfrost auch an anderen Orten anzusiedeln. Das ist von Bedeutung, weil es dabei mittelbar um die eigentliche Konkurrenz in den Westhäfen geht.

Noch in diesem Jahr sollen erste Bauvorhaben in Wesel am Niederrhein starten und erste Containerbrücken aufgestellt werden. »Wir können dann auch Rotterdam und Antwerpen sowie Destinationen rheinaufwärts anbieten«, erläutert Bartels, der das Projekt allerdings keineswegs als klare Abkehr vom Heimatstandort verstanden wissen will: »Der Gesamtumfang unserer Hafengeschäfte wird später auch wieder Wilhelmshaven zugutekommen, sobald der Containerhafen weiteres Wachstum zulässt.« Derzeit sei es aber so, dass der einzige deutsche Container-Tiefwasserhafen, der in der Lage wäre, den Westhäfen Paroli zu bieten, die Herausforderung durch fehlende Entwicklungsmöglichkeiten nicht wahrnehmen könne.

»Seeseitig einarmig aufgestellt«

Er wolle Wilhelmshaven »pushen«, aber wenn man keine Mitstreiter habe, müsse man eben Konsequenzen ziehen. Schwierigkeiten bereitet dem Nordfrost-Chef auch die Bürokratie. Die Grundstücksfläche von 32ha in der Logistikzone ist bebaut oder voll verplant. »Seit mehr als einem Jahr beantragen wir vom Land Niedersachsen, uns weitere 10ha zu überlassen. Angeblich sind aber keine weiteren Flächen für uns verfügbar. Auch das hat uns natürlich veranlasst, Flächen in anderen Hafenstädten zu erwerben«, berichtet Bartels.

Unabhängig vom Umschlaggerät hat der JadeWeserPort weiteren Nachholbedarf bezüglich der Anbindung. Wilhelmshaven sei seeseitig noch »einarmig« aufgestellt, mit direkten Verbindungen nach Fernost und in den Mittleren Osten, meint der Manager. »Wilhelmshaven braucht für seine Entwicklung dringend weitere direkte Anbindungen an andere Kontinente. Für unser Geschäft mit frischem Obst, Gemüse und Frischfleisch sind direkte Anbindungen an Südafrika, Süd- und Mittelamerika nötig.« Die positive Entwicklung des Hafens und auch die Tatsache, dass VW derzeit ein Verpackungszentrum für Fahrzeugteile in der Logistikzone baut, seien gute Vorzeichen für die bessere Einbindung des Tiefwasserhafens in die globalen Schiffsverkehre.