Nach der Übernahme der Norddeutschen Reederei H. Schuldt ist der weltgrößte Third-Party-Manager jetzt mit der Eingliederung der Organisation in Hamburg beschäftigt.
Die gemanagte Flotte soll deutlich ausgebaut werden. Von Michael Hollmann
Der Weg ist das Ziel. So bildet die Mehrheitsübernahme der Norddeutschen Reederei H. Schuldt vergangenen Herbst für die V.Group und[ds_preview] ihren Bereederungsarm V.Ships keinen Abschluss, sondern nur eine Zwischenetappe ihres Wachstumsplans für Deutschland.
Auf rund 90 Mitarbeiter ist der Standort dadurch angewachsen. Die gemanagte Flotte hat sich von 28 auf 75 Einheiten erhöht. Im weltweiten Netzwerk von V.Ships fällt Hamburg künftig die Rolle eines Kompetenzzentrums für Containerschiffsmanagement zu, dessen Gewicht noch deutlich zunehmen werde, wie Topmanager der Firma im Gespräch mit der HANSA erklären.
Interesse an weiteren Zukäufen
Neben regulärem organischen Wachstum sei V.Ships an weiteren Zukäufen in Deutschland sowie Übernahmen größerer »Blöcke« von Schiffen ins Management interessiert, unterstreicht Nils Aden (Ex-Zeaborn Shipmanagement/E.R. Schiffahrt), der seit Jahresanfang die Geschäfte von V.Ships führt. »Wir wollen an der Konsolidierung teilhaben und sind für Gespräche mit Partnern, die gut zu uns passen, sehr offen.« Ansatzpunkte für neues Bereederungsgeschäft könnten sich zum Beispiel aus den zunehmenden Verkäufen von Schiffskreditportfolien und daraus resultierenden Flottenrestrukturierungen ergeben.
Großes Interesse innerhalb der Branche erregt dabei der US-Investor Cerberus, der zuletzt ein 2,7Mrd. € schweres Schiffskreditpaket der NordLB übernommen hat und weitere Zukäufe in dem Segment plant. »Wir werden genau beobachten, was mit den betroffenen Flotten passiert«, so Aden. So sei zu erwarten, dass noch mehr Teilflotten schließlich an institutionelle Investoren veräußert werden, die auch »ein entsprechendes Pendant auf der Schiffsmanagementseite« bräuchten. Für eine solche »Umschichtung« in der Eigentümerstruktur der von Deutschland aus finanzierten Flotte sei V.Ships bestens positioniert, sagt Aden. »Wir können die Reportinganforderungen dieser Investoren erfüllen und sind so aufgestellt, dass wir nicht nur zwei oder drei, sondern ganze Portfolien von Schiffen kurzfristig ins Management nehmen können.« Auf eine konkrete Schiffsanzahl als Wachstumsziel für die kommenden Jahre möchte sich Aden allerdings nicht festlegen.
Nach der Übernahme der Norddeutschen Reederei H. Schuldt mit 47 Schiffen hat die V.Group noch weitere Entscheidungen zur Aufwertung des Standorts Hamburg getroffen – vor allem durch Ansiedlung übergeordneter Funktionen. So hat der Gruppengeschäftsführer für V.Ships, Franck Kayser, kürzlich seinen Sitz in der Hansestadt eingenommen. Der Däne, der auf eine lange Karriere in der Linienschifffahrt (u.a. Maersk) zurückblicken kann, trägt die Gesamtverantwortung für das technische Bereederungsgeschäft der Gruppe mit rund 650 Schiffen im Vollmanagement. Mit Ulla Eithz Nielsen (Ex-Norden A/S) – ebenfalls Dänin – hat zudem die frisch ernannte Direktorin der V.Group für »operational Excellence« ihren Arbeitsplatz im Hamburger Büro. Eine übergeordnete Funktion nimmt ebenso der gebürtige Brite Colin Rawlins ein, der zuvor über Jahre die Geschäfte von V.Ships in Deutschland geführt hat. Er kümmert sich als Leiter für Business Development Nordeuropa um den Vertrieb über Deutschland hinaus.
Als »superwichtig« für die Unternehmensstrategie bezeichnet Kayser die Hamburger Niederlassung. »Ich bin davon überzeugt, dass wir hier die größte Expertise entwickeln werden, wie man Containerschiffe als Assets optimiert. Dieses Wissen werden wir den übrigen Büros der Gruppe zur Verfügung stellen.« Eine ähnliche Funktion übernimmt heute schon der Standort Glasgow für das Management von Tankern.
Das heißt nicht, dass alle Schiffe eines bestimmten Schiffstyps direkt vom Kompetenzzentrum aus gemanagt werden und nirgendwo sonst, wie Kayser ausführt. Welches Büro verantwortlich ist, entscheide der Kunde. »Unsere Auftraggeber haben sehr spezifische Gründe, warum sie ihre Schiffe von bestimmten Standorten aus managen lassen. Dabei können sprachliche, steuerrechtliche, flaggenrechtliche oder auch emotionale Faktoren ausschlaggebend sein.«
Integration läuft auf Hochtouren
Bis das Kompetenzzentrum für Containerschiffe in Hamburg voll eingerichtet ist, könnte es noch ein paar Monate dauern. Derzeit arbeitet das Unternehmen mit Hochdruck an der Integration und Anpassung aller Prozesse am neuen Hauptstandort – dem Sitz der Norddeutschen Reederei an der Rolandsbrücke 4. Die Integration trifft zusammen mit der Einführung einer neuen Shipmanagement-Software konzernweit und an Bord aller gemanagten Schiffe.
Es handelt sich um eine Weiterentwicklung (»2.0«) des eigenen Programms »Shipsure«. Die Einführung begann Ende vergangenen Jahres und soll im zweiten Quartal abgeschlossen sein, auch für die von Hamburg aus betreuten Schiffe. Die neue Version soll alle Arbeits- und Buchhaltungsprozesse auf einer Plattform bündeln und mehr Echtzeitinformationen zu allen wesentlichen Aspekten von der Sicherheit bis zur finanziellen Performance liefern.
Darüber hinaus führt die V.Group im Rahmen des Projekts »Embark« eine Generalüberholung aller Abläufe im Crew Management durch. Dazu gehören die Verarbeitung von Personaldaten, medizinischen Zertifikaten und Qualifikationsnachweisen genauso wie die Einsatzplanung und elektronische Kommunikation mit den Seeleuten. Damit geht auch eine stärker zentralisierte Datenverarbeitung einher. Früher sei die Personalplanung auf alle Standorte verteilt gewesen, künftig soll alles über ein zentrales System in Manila laufen.
Michael Hollmann