Die Eis-Experten von Aker Arctic in Helsinki sehen nicht nur in der autonomen Schifffahrt großes Potenzial. Das Team propagiert ein neues Propeller-Design aus Bronze für arktische Regionen. Von Michael Meyer
Seit 2005 als eigenständiger Anbieter – zuvor unter anderem als Teil der Konzerne Wärtsilä und Arctic Technology – haben sich die Finnen[ds_preview] auf die Entwicklung und Modelltests für die arktische Schifffahrt fokussiert.
Eine der jüngsten Vorstöße ist ein bronzener Propeller. Bislang wurde dafür, anders als in »normalen« Gewässern, auf stärkeren Stahl zurückgegriffen. Der ist allerdings teurer. »Daher wollten wir die hydrodynamischen Eigenschaften und die Stärke von Bronze im Eis beziehungsweise für Schiffe mit hoher Eisklasse genauer untersuchen. Das Ergebnis war eindeutig, ein Bronzepropeller spart dem Reeder Geld für Anschaffung und Aufwand bei Wartungsarbeiten«, sagt Geschäftsführer Reko-Antti Suojanen im Gespräch mit der HANSA. Ein Vorteil sei, dass das Material weniger sensibel reagiere und weniger anfällig für Korrosion und Kavitationsschäden sei. Bei den Tests arbeitete Aker Arctic mit dem finnischen Propellerhersteller Tevo zusammen. Einen signifikanten Gewichtsunterschied soll es nicht geben.
Das Team beschäftigt sich mit Fragen des Materials, der Kavitation und des Designs. Dabei ist stets eine Abwägung zwischen Charakteristika für »offene Gewässer« und eisbrechende Eigenschaften nötig. Das Material muss stark genug sein, um den Einflüssen des Eises standhalten zu können. Zudem müsse man für die Hydrodynamik beachten, dass sich »die Optimierung des Propellers deutlich von einem normalen Propeller unterscheidet. Die Schiffe müssen auch bei niedriger Geschwindigkeit über eine hohe Schubkraft verfügen«, erläutert Suojanen.
Noch immer ist nicht ausreichend erforscht, wie welche Arten von Eis unter welchen Umständen reagieren. Die ausgiebigen Tests im Schlepptank haben zu einem besseren Verständnis geführt. »Wir brauchten die Versuche, denn es ist sehr schwierig, diese Art von Wissen über Eisbelastungen zu sammeln. Jetzt können wir den Bronzepropeller für höhere Eisklassen auswählen als bisher«, so der Geschäftsführer weiter.
Unabhängig vom verwendeten Material ist der Propeller laut Suojanen verbrauchsoptimiert konstruiert. Bei eisgehenden Schiffen müsse man jedoch auch andere Aspekte berücksichtigen. »Am Ende ist es eine Art Kompromiss. Das Vor- und Zurückmanövrieren etwa ist sehr wichtig für Eisbrecher und Forschungsschiffe. Auch das Geräuschverhalten hat dabei große Bedeutung. Dies war auch Teil der Versuche und wir konnten ein Design finden, das relativ leise ist«, meint er.
In der Branche stoße das Projekt auf Interesse, vor allem aus der kommerziellen Schifffahrt. Für den Prototyp konnte in der finnischen Schlepp-Reederei Alfons Håkans ein erster Abnehmer gefunden werden. Im November 2018 wurde der ASD-Schlepper »Calypso« (Eisklasse 1A) ausgerüstet.
Autonomie und LNG
Neben dem prinzipiellen Schiffsdesign gelten LNG und Autonomie auch bei Aker Arctic als die derzeit wichtigsten Trends. Im vergangenen Jahr führten die Finnen Schlepptankversuche für autonome Schiffe in Eisgewässern durch. Mit Bordsensoren war das Modell in der Lage, Eishindernisse zu erkennen, zu umfahren und an einer Pier anzulegen. Zentraler Bestandteil war die Netzwerk-Software »Divec«, die Aker Arctic für die Konnektivität zwischen Land und See entwickelt hat. Mit Iceeye, einem Dienstleister für Satellitendaten, will man zudem die Bereitstellung von Eisinformationen weiter verbessern.
»Eine der Herausforderungen ist die Steuerungskontrolle«, meint Suojanen. Die Vermeidung von Kollisionen kann unter arktischen Bedingungen aufgrund der vorherrschenden Eisverhältnisse schwieriger sein. Seiner Meinung nach könnte ein verbessertes Autopilotsystem helfen, das größere Eisströme und Eisberge erkennt und automatisch umfährt. »Wir brauchen eine Lösung zwischen einem vollständigen DP-System und einem Autopiloten. Wir nennen es ein automatisches Lenksystem. Es ist kostengünstiger als ein komplettes DP-System. Unser Software-Netzwerksystem kann verschiedene Elemente von Schiff, Antrieb und Steuerung kombinieren. Die Integration wird erleichtert«, so der Geschäftsführer.
Michael Meyer