Geboren 1956, war Olaf Proes bereits als Kind vom Hafen »und allem drumherum« fasziniert. Nach vielen Jahren in der Projekt- und Schwergutschifffahrt vertreibt er heute unter anderem Modelle. Ein Interview von Michael Meyer
Was macht die »Faszination Schiffsmodelle« aus?
Olaf Proes: Es dürfte sich wohl um die Sehnsucht nach fernen[ds_preview] Ländern und Abenteuern handeln, die auch heute noch die Faszination an der Schifffahrt auslöst. Aber es gehören auch »Ships Lovers« und natürlich Trophäensammler dazu. An letztere erinnere ich mich besonders gern aus meiner Zeit als General Manager in einer Reedereiagentur. Immer, wenn ich beim Überreichen eines Schiffsmodells in die leuchtenden Augen gestandener Kunden blickte, die wie bei Kindern unterm Weihnachtsbaum strahlten.
Trotz Krise und Sparzwang: Gibt es noch Interesse an Modellen?
Proes: Die seit 2008 herrschende Krise hat sich auch bei mir bemerkbar gemacht. Das Geschäft mit Reedern ging stark zurück. Das erforderte ein Erschließen neuer Geschäftsfelder. So baute ich die Geschäftsaktivität im Bereich Offshore-Wind aus und konzentrierte mich vermehrt auf Werften.
Gibt es dabei einen Unterschied zwischen älteren und jungen Unternehmen?
Proes: Junge Unternehmen scheuen meistens den Griff zu Schiffsmodellen, da sie in deren Augen ein angestaubtes und museales Ansehen genießen. Virtuellen Darstellungen, 3D-Spielereien und Laserprodukten wird der Vorzug eingeräumt. Das gilt als hip und billiger, sieht aber auch so aus und ist kurzlebig. Dabei lassen sich Modelle mit heutiger Technik und Einfallsreichtum sehr anschaulich darstellen, das kommt sehr auf die Materialien und deren Zusammenstellung an. Bei traditionellen Unternehmen ist die Hürde zu nehmen, sie von der Masse der auf Messen gezeigten Modelle mit pfiffigen Designs und ausgeklügelten Einzelheiten in Premiumqualität abzuheben. Ist dieser Funke erstmal übergesprungen, besteht auch die Bereitschaft, dafür Geld in die Hand zu nehmen, statt ausschließlich über den Preis Standardausführungen einzukaufen.
Wer fragt ansonsten Modelle nach?
Proes: Privatkunden sind Ausnahmen. Die von mir vertriebenen Modelle sind keine Produkte auf Discountniveau und daher für Privatleute in der Regel unbezahlbar. Schifffahrtsunternehmen nutzen Modelle kommerziell. Zu den Kunden zählen Carrier, Reeder, Werften, Offshore- und Stahlbauunternehmen.
Wie viel Zeit steckt in einem Modell?
Proes: Das ist sehr unterschiedlich und vom Produktionsverfahren abhängig. Wo bereits anwendbar, lasse ich im 3D-Druckverfahren zumindest Komponenten fertigen. Das würde ich gern ausbauen. Aber trotz allem Gerede um 3D-Druck sind die Möglichkeiten in Hinblick auf die Qualitätsanforderungen seitens meiner Lieferanten und mir nicht voll umfänglich darstellbar. Im Metalldruck lassen sich Teile über Nacht produzieren, bei Kunststoffen ist es sehr viel komplizierter. Generell steckt unverändert sehr viel Handarbeit im Umfang von mehreren tausend Stunden in jedem großen Modell.
Welches Material wird verbaut?
Proes: Die Zeiten, in denen von meinen Partnern Holz und Metall verarbeitet wurden, sind unwiederbringlich vorüber. Ausgenommen davon sind natürlich die Bodenplatten, die fast immer noch aus Holz sind. Bestellt wird möglichst Mahagoni, obwohl es gar nicht mehr gehandelt werden darf. Dann bedarf es alternativer Werkstoffe, um zumindest die Vorstellung zu wahren. Meine Partner setzen auf strapazierfähige Kunststoffe. Da es keine Zurüst-Teile maßstäblich zu kaufen gibt, werden Rohprofile bezogen und in der Werkstatt zum Endprodukt verarbeitet. Alles andere muss individuell von Hand angefertigt werden. Jedes noch so kleine Teil, ob Kran, Rettungsboot, Mast, Lampe muss neu als Urform hergestellt werden. Gießharze und Zwei-Komponenten-Kunststoffe werden dafür in erster Linie verwendet, im 3D-Druck flüssige Polymere statt Pulver.
Michael Meyer