Über (feste) Bande

Die Ehe von Schifffahrt und Welthandel ist immerwährend, aber nicht immer hängt der Himmel voller Geigen. Anders als bei menschlichen[ds_preview] Beziehungen können die Partner ihre Bande allerdings nicht lösen, sie sind auf Gedeih und Verderb aneinandergekettet. In guten Zeiten treiben sie sich gegenseitig in die Höhe, in schlechten Zeiten ist die maritime Branche den Verwerfungen des »Anderen« hilfloser ausgeliefert als umgekehrt.

Warum dieser Ausflug gerade jetzt? Nun, die jüngsten Auswüchse der sino-amerikanischen – nennen wir es »Differenzen« – haben eine neue Eskalationsstufe erreicht. An dieser Stelle hat die Industrie Recht, wenn sie auf nicht-beeinflussbare, äußere Umstände verweist, die ihre Märkte belasten. Aber lamentieren hilft nicht. Es gilt, sich mit Innovationen und klugen Entscheidungen für verschiedene Szenarien fit zu machen. Das soll keine Phrase sein, sondern Ausgangspunkt eines Gedankenspiels für den Standort Deutschland:

Die Industrie ist erwiesenermaßen fähig zum Wandel, aber sie kann politische Unterstützung gebrauchen. Nicht in Form nicht-nachhaltiger Subventionen zum künstlichen »am-Leben-halten«. Es geht um eine intensivere Förderung innovativer Produkte, an denen es nach wie vor großen Bedarf gibt. Das Mittel zum Zweck könnten grüne Bundesanleihen sein. Der Staat könnte über Bande spielen und zwei Fliegen…Sie wissen schon…

Kapital für derartige Projekte ist verfügbar, wie die jüngst begebenen »Green Bonds« gezeigt haben, mit denen der Offshorekonzern Orsted mehr als 1Mrd. € eingesammelt hat (!). Die Finanzagentur, die für den Bund die Schulden verwaltet, prüft entsprechende Aktivitäten.

Möglich wäre der Aufbau neuer Förderinstrumente, strikt an ökologisch-industrielle Innovationen geknüpft. Eine potenzielle Hilfe, weltmarktfähige Produkte zu entwickeln – Stichwort »Industriepolitik«. Der Standort könnte den Abstand zu anderen Vorreiter verringern.

Warum nicht mal lang- statt maximal mittelfristig denken, wenn man von ökonomischen Kurzfrist-Zwängen befreit ist? Warum nicht beispielsweise alle Behördenschiffe auf alternative Technologien verpflichten, die mehr als nur »LNG« zu bieten haben – nach Ansicht vieler Experten nur eine Übergangs-, weil fossile Lösung. Deutsche Reeder könnten mit ins Boot geholt werden. Sie sind abhängig vom Welthandel. Stockt er, sind innovative Angebote umso wertvoller.

Ein kleines Gedankenspiel, mehr nicht. An konkreten Projekten mangelt es allerdings auch nicht. Einige Trends finden Sie in dieser Ausgabe.

Viel Spaß beim Lesen wünscht Michael Meyer


Michael Meyer