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Die Einbindung der Hafenwirtschaft in das lokale oder regionale Umfeld stellt die Branche vor große Herausforderungen. Was zu einem Standort der Zukunft gehören könnte, untersucht das umfangreiche EU-Projekt »DocksTheFuture«

Aufgrund der ökonomischen, gesellschaftlichen und umweltrelevanten Bedeutung des maritimen Sektors ist es das Ziel der EU-Kommission, einen perspektivischen Rahmen[ds_preview] für den »Hafen der Zukunft« zu entwickeln – vor dem Hintergrund der verschiedenen Aufgaben, die den Häfen zugeschrieben werden. Dazu gehört der Status als Land-See-Schnittstelle, Ort für Industrieansiedlungen und »Port-City«-Relationen in Bezug auf Emissionen und Arbeitsplätze. Der Fokus liegt auf der »nahen Zukunft« in 2030. Mittelfristig will die EU mit dem Projekt die Integration des Seeverkehrs und der TEN-V-Häfen in die globale Logistikkette verbessern.

Auch Makro-Trends im Fokus

Im Rahmen der Initiative »Horizon 2020« werden von Brüssel die Forschungsprojekte »Correalis«, »Pixel« und »PortForward« gefördert. »DocksTheFuture« (DtF) gilt dazu ergänzend als »Coordination and Support Action (CSA)« mit einer Laufzeit bis Mitte 2020. Die Aufgabe ist nicht etwa eine Forschungstätigkeit, sondern Themen, strategische und taktische Ziele sowie konkrete Maßnahmen zu bestimmen und identifizieren, die für einen Hafen der Zukunft relevant sind. Dabei geht es auch um Makro-Trends, die künftige Hafen-Entwicklungen beeinflussen können.

Zur Arbeitsgruppe, die vom Beratungsunternehmen Circle geleitet wird, gehört neben der Universität von Genua und den Beratungsunternehmen Magellan aus Portugal und PortExpertise aus Belgien auch das Bremer Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL).

Bisher wurden rund 380 Projekte und Studien untersucht, darunter EU-Forschungsprojekte, INTERREG-, TEN-T- oder nationale Projekte sowie wissenschaftliche Aufsätze, wie ISL-Spezialist Holger Kramer erläutert. Als Mittel dazu dient auch das Feedback aus der Hafenpraxis mittels Interviews und Workshops. »Teilweise hatten Akteure unterschiedliche Ansichten über die Prioritätensetzung. Ansonsten gab es zum Teil thematische Ergänzungen, die wir aufgenommen haben«, berichtet Kramer.

Vor wenigen Wochen fand in Triest die »Midterm Conference« statt, bei der einige Zwischenergebnisse präsentiert wurden.

Als wesentliche Themen haben sich ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Governance, Hafen-Stadt-Beziehungen, Hafeninfrastrukturen, rechtliche Rahmenbedingungen, Hafenhinterland, Ausbildung, Sicherheit und Industrie- und Logistik in Häfen gezeigt. »Häfen sind sehr heterogen, was Größe, geografische Lage oder Ladungen anbelangt. Entsprechend gibt es unterschiedliche Ansichten über die Zukunft und keinen »One size fits all«-Ansatz«, sagt Kramer.

Wie geht es weiter?

Es habe einen »Back and Forth«-Prozess mit Ergänzungen zu den Themen gegeben. »Wir haben bei der Durchsicht der Projekte geschaut, ob es in den entsprechenden Häfen strategische Ziele oder Maßnahmen gibt, die wir im Vorfeld noch nicht aufgeführt hatten. Diese Phase ist nun abgeschlossen: Wir sind dabei, rund 30 bis 50 Quellen näher zu beleuchten und zu erörtern, wie eine Evaluation möglich ist.«

Prinzipiell gehört zur Untersuchung, ob die Ideen das Potenzial haben, für einen Hafen der Zukunft relevant zu sein. Sie werden nach Themen geclustert und hinsichtlich Auswirkungen, strategischer und taktischer Ziele und konkreter Maßnahmen sowie eine potenzielle Übertragbarkeit auf andere Häfen analysiert. Basis dafür sollen noch zu definierende Kennzahlen (Key Performance Indicator, KPI) sein. Ergänzend wird derzeit die Möglichkeit diskutiert, relevante rechtliche Rahmenbedingungen und politische Initiativen zu bestimmen, um auch hier mögliche Auswirkungen mittels Indikatoren zu untersuchen.

Die Arbeitsgruppe will aus den Quellen aggregierte KPIs entwickeln, etwa Auswirkungen auf die Logistikkette, mit weiteren »Sub-KPIs«. Diese KPIs sollen dabei die Unterschiede zwischen Häfen berücksichtigen, d.h. die Ergebnisse sollen Relationen einbeziehen, wie beispielsweise unterschiedliche Umschlagsvolumen oder vermiedene Emissionen in Bezug zu Gesamtemissionen. Gibt ein Projekt gewisse Daten nicht her, werden weitere Informationen von den betreffenden Häfen oder aus anderen Quellen eingeholt.

»Thematisch und geografisch haben wir durch die Einreichungen eine gute Abdeckung erreicht – ohne dass wir dafür in einzelnen Regionen nach Projekten suchen mussten. Eine gute Idee kann dabei auch von außerhalb Europas kommen, die Region ist kein Ausschlusskriterium«, so der ISL-Experte. Auffallend viel Feedback gab es wenig überraschend zu den Themenkomplexen »Umwelt« und »Digitalisierung«.

Am Ende des Projekts soll eine »Port of the Future Road Map 2030« entstehen, die mögliche Elemente, Instrumente und Maßnahmen umfasst, Forschungs- und Entwicklungsempfehlungen beinhaltet und die Grundlage für die Schaffung eines Experten-Netzwerks bilden könnte.

Konkrete Vorgaben aus Brüssel gibt es laut Kramer nicht: »Unsere Aufgabe ist zu untersuchen, welche Themen, strategischen Ziele und, wenn möglich, welche Maßnahmen für einen Hafen der Zukunft relevant sind, um begrenzte Mittel künftig effizient einzusetzen.«